Syrien brennt und die Aufnahme syrischer Flüchtlinge durch Bund und Länder läuft mehr als schleppend. Nur wenige Personen konnten bisher einreisen. PRO ASYL und die Landesflüchtlingsräte fordern bei einer Pressekonferenz in Hannover die Innenminister von Bund und Ländern auf, die sehr bürokratischen Aufnahmeregelungen einfacher zu gestalten und die Aufnahme deutlich auszuweiten.
Die Innenminister von Bund und Ländern waren sich einig, dass syrische Flüchtlinge in der Region dringend Unterstützung aus Europa brauchen. Doch zwischen den Worten der Hilfsbereitschaft und der Realität klafft eine Glaubwürdigkeitslücke.
Denn die Programme sind eng gestrickt:
In das Bundesaufnahmeprogramm können nur Flüchtlinge aufgenommen werden, die über den Libanon ausreisen, sich vor dem 31.3.2013 bei UNHCR haben registrieren lassen, ein kompliziertes Auswahlverfahren erfolgreich durchlaufen und schließlich noch das Glück haben, einen von wenigen tausend Plätzen zu erhalten.
Diese Engführung führt zu einem enormen Prüfungsaufwand, der das Verfahren unzumutbar in die Länge zieht. Keine Lösung sieht das Programm auch für KurdInnen und PalästinenserInnen vor, die ohne syrische Staatsangehörigkeit in Syrien gelebt haben.
Hinzu kommt, dass die Zahl von 5.000 Plätzen irreführend ist: Weit weniger Plätze sind tatsächlich verfügbar, weil zunächst solche Personen, denen die deutschen Botschaften im normalen Visumsverfahren keine Einreiseerlaubnis erteilt hatten, in das Kontingent gerechnet wurden. Von insgesamt nur rund 1.300 Personen, die seit dem Aufnahmebeschluss Ende Mai nach Deutschland kommen durften, sind gut die Hälfte solche „Botschaftsfälle“, die nun selbstständig und auf eigene Kosten eingereist sind. Für solche Flüchtlinge, die das aus eigener Kraft schaffen können, wäre eine großzügige Visaregelung gemäß § 36 Abs. 2 AufenthG die schnellere und sinnvollere Lösung.
Um die begrenzte Wirkung wissend haben im September und Oktober 2013 alle Länder außer Bayern zusätzliche Länderaufnahmeregelungen für Verwandte von hier lebenden Syrer/innen verkündet. Doch auch die Aufnahmeprogramme der Länder sind falsch konstruiert. In der Praxis enthalten die Aufnahmeanordnungen verschiedene Hürden, unter anderem folgende:
- Sie deckeln die Zahl der Familienangehörigen durch ein Kontingent (Nordrhein-Westfalen auf 1.000, Baden-Württemberg auf 500, Saarland auf 62).
- Alle Landesregierungen fordern die Sicherung des Lebensunterhalts durch in Deutschland lebende Angehörige. Nur zögernd sehen die meisten Länder inzwischen ein, dass zumindest die Krankenkosten von den Ländern selbst abgesichert werden sollten.
- Bayern weigert sich bis jetzt eine Länderanordnung einzuführen.
- Die deutliche Erhöhung der Aufnahmezahl des Bundesprogramms, insbesondere auch für Kranke und Traumatisierte.
- Bislang schließen alle Länder KurdInnen und PalästinenserInnen ohne syrische Staatsangehörigkeit systematisch aus. Thüringen hat jetzt die Einbeziehung von ethnischen Minderheiten immerhin für denkbar erklärt.
Die Flüchtlingsorganisationen fordern drastische Verbesserungen bei der Aufnahme von syrischen Flüchtlingen. Dazu gehören:
- Die Berücksichtigung von ethnischen Minderheiten und Staatenlosen aus Syrien in allen Programmen.
- Die Öffnung des Bundesprogramms für Flüchtlinge in allen Anrainerstaaten.
- Der Familiennachzug darf nicht am Geld scheitern. Ein humanitärer Ansatz kann nicht allein von finanziellen Verpflichtungserklärungen für den gesamten Lebensunterhalt der Angehörigen abhängig gemacht werden. Außerdem fordern wir die generelle Übernahme der Krankenkosten durch alle Länder und die Verlängerung der Antragsfristen.
- Die regelmäßige Visumerteilung zur Familienzusammenführung auf Grundlage von
§ 36 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz „zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte“. - Entbürokratisierung und Beschleunigung des Visumsverfahrens.
- Erteilung von Vorabzustimmungen durch die zustimmungspflichtigen Ausländerbehörden.
Hintergrund zur Flüchtlingskrise in Syrien
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