Flüchtlingskinder in Deutschland und Europa
PRO ASYL: Bilanz des Versagens
Anlässlich des Weltkindertages am 20. September erinnert die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL daran, dass die UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland weiterhin nicht uneingeschränkt umgesetzt ist. Kinderflüchtlinge erhalten in Deutschland immer noch nicht den völkerrechtlich verbrieften Schutz.
„Die fortgesetzte Ungleichbehandlung von Flüchtlingskindern stellt ein politisches Versagen dar – sie muss endlich beseitigt werden“, so Heiko Kauffmann, Vorstandsmitglied von PRO ASYL.
In der Praxis führt die Aufrechterhaltung der bundesdeutschen Vorbehalte zur Kinderrechtskonvention dazu, dass internationale Standards für Flüchtlingskinder immer noch nicht gelten. In Deutschland werden sie mit 16 Jahren verfahrensmündig und unterliegen dem restriktiven Asylbewerberleistungsgesetz sowie einem faktischen Ausbildungs- und Arbeitsverbot. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge können in Abschiebungshaft genommen und abgeschoben werden.
Seit Jahren kämpft PRO ASYL dafür, dass diese Vorbehalte endlich zurückgenommen werden. Trotz zahlreicher Parlamentsbeschlüsse wird die Rücknahme der Vorbehalte immer wieder von den Innenministern des Bundes und der Länder verschleppt.
„Zu den unabdingbaren Inhalten eines Prioritätenkatalogs jeder neuen Bundesregierung muss die uneingeschränkte Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention gehören“, so Kauffmann.
Die Schwerpunkte:
- Kinderschutz bis zur Volljährigkeit;
- Regelunterbringung von unbegleiteten Minderjährigen in Jugendhilfeeinrichtungen und nicht in Lagern zusammen mit Erwachsenen;
- Verbot der Abschiebungshaft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge;
- Flüchtlingskindern müssen die gleichen Bildungschancen eröffnet werden.
Nicht nur der deutsche, sondern auch der europäische Umgang mit schutzsuchenden Kindern verletzt permanent deren Rechte.
Flüchtlingskinder gehören zu den Hauptleidtragenden einer verfehlten europäischen Flüchtlingspolitik. Afghanische Minderjährige riskieren ihr Leben bei der gefährlichen Überfahrt von der Türkei nach Griechenland. Sie werden dort unter unmenschlichen Lebensbedingungen inhaftiert und irgendwann in die völlige Schutzlosigkeit entlassen.
Bilder von ausgehungerte Flüchtlingskindern im griechischen Patras oder von Kindern, die in der Kanalisation von Rom leben, schreckten die Öffentlichkeit auf, führen aber nicht zu einer dauerhaften Verbesserung der Verhältnisse. Im französischen Calais leben Minderjährige unter unglaublichen Umständen in selbstgebauten Behausungen.
Solche Zustände verdeutlichen, dass die Europäische Union sich zwar abstrakt zum „Wohl des Kindes“ bekennt, aber hinnimmt, dass in der europäischen Praxis kein Schutzsystem für Flüchtlingskinder existiert.
gez. Heiko Kauffmann, Vorstandsmitglied
Überfällig: UN-Kinderrechtskonvention ohne Vorbehalte (29.03.10)