PRO ASYL und Flüchtlingsrat Niedersachsen fordert Abschiebungsstopp in die Türkei
Türkischen Nachrichten zufolge sind in der Türkei weitaus mehr Akten beschlagnahmt worden als bislang von der Bundesregierung eingeräumt. Damit würde sich die Vermutung bestätigen, dass nicht nur 283 Personalakten betroffen sind, wie von Auswärtigen Amt behauptet, sondern erheblich mehr. Türkische Quellen sprechen von mehr als 4000 beschlagnahmten Akten. Im Haus des Yilmaz S., so heißt es, seien 9 Ordner mit insgesamt 4.000 Akten von Mitgliedern der Gülen-Bewegung und kurdischen Aktivist_innen (i.O. PKK-Anhäger) und auf seinem Konto 5 Millionen Euro gefunden worden. Yilmaz S. sei auch für die Botschaft der Niederlande und Norwegens tätig gewesen. Auch Akten von Asylantragssteller_innen in diesen Staaten seien gefunden worden.
https://www.memurlar.net/haber/868991/casus-avukatin-sirri-cozuluyor.html
Weiter heißt es in türkischen Zeitungen, Yilmaz habe Berichte/Gutachten über politische Themen und die Situation in den Gefängnissen erstellt. Ihm wird „unbefugte Nutzung persönlicher Daten“, „politische Spionage“ sowie die „Verletzung der Vertraulichkeit von Ermittlungen“ vorgeworfen. Auch die in seinem Haus gefundenen digitalen Medien wie Computer und Festplatten würden derzeit untersucht. Seit 1997 seien Geldauflüsse von der Deutschen Botschaft und seit etwa 10 Jahren auch von der Norwegischen und Niederländischen Botschaft an Yilmaz zu verzeichnen.
Wir müssen nun davon ausgehen, dass erheblich mehr Menschen infolge der Beschlagnahmung ihrer Personalakten mit einer politischen Verfolgung in der Türkei rechnen müssen als bislang zugegeben. Bis zur Klärung der Dimension dieses Skandals und seiner Auswirkungen für die Betroffenen fordern wir einen sofortigen bundesweiten Abschiebestopp in die Türkei! Darüber hinaus fordern wir eine Asylanerkennung aller betroffener Flüchtlinge sowie sofortige Maßnahmen zum Schutz von Familienmitgliedern, die infolge der Beschlagnahmung der Akten mit einer politischen Verfolgung rechnen müssen.
Nach der Festnahme des Vertrauensanwalts der deutschen Botschaft in Ankara hat das BAMF einen Schutzbedarf bei einem Großteil derjenigen Asylsuchenden festgestellt, deren Daten durch die Festnahme des Vertrauensanwalts dem türkischen Staat bekannt wurden: In 45 von 47 Fallakten (betrifft 83 Personen), die der Anwalt bei seiner Festnahme bei sich trug, wurde jetzt ein Schutzstatus erteilt. Zwei Fälle sind noch bei Gericht, hier wollte das BAMF nicht abhelfen, weil nach seiner Einschätzung keine Gefährdung vorliegt (keine Zugehörigkeit zu Gülen, PKK, Staatsbedienstete). Die Prüfungen zu 283 Verfahren, die durch die Durchsuchung der Wohnung des Anwalts dem türkischen Staat bekannt wurden, dauern überwiegend noch an (in 257 Fällen ist noch keine Entscheidung getroffen worden). Das LKA führte Sensibilisierungs- und Gefährdetengespräche mit Betroffenen.
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an Dündar Kelloglu, Rechtsanwalt und Vorstand des Flüchtlingsrats Niedersachsen: 0151–11563286 ; kelloglu-rauls@t‑online.de