18.10.2023

Flücht­lings­rat Bran­den­burg und PRO ASYL kri­ti­sie­ren die ges­tern Abend bekannt gewor­de­ne Ent­schei­dung der Bran­den­bur­ger Lan­des­re­gie­rung, das Lan­des­auf­nah­me­pro­gramm für syri­sche Flücht­lin­ge aus­zu­set­zen, scharf.

„Die Aus­set­zung des Lan­des­auf­nah­me­pro­gramms Syri­en zeigt die Schein­hei­lig­keit der Debat­te über die Not­wen­dig­keit wei­te­rer regu­lä­rer Flucht­we­ge, wäh­rend hier­mit einer der weni­gen exis­tie­ren­den lega­len Flucht­we­ge abge­schafft wird“, sagt Tareq Alaows, flücht­lings­po­li­ti­scher Spre­cher von PRO ASYL. „Mit die­sem Schritt zeigt die Bran­den­bur­ger Lan­des­re­gie­rung ein­mal mehr, dass es ihr nicht um Lösun­gen für aktu­el­le Her­aus­for­de­run­gen geht, son­dern um Wahl­kampf auf dem Rücken von kriegs­zer­rüt­te­ten Familien.“

Mit der Been­di­gung des Lan­des­auf­nah­me­pro­gramms folgt Innen­mi­nis­ter Micha­el Stüb­gen (CDU) offen­sicht­lich der Linie des kürz­lich ver­öf­fent­lich­ten 26-Punk­te-Papiers zur Migra­ti­on von CDU-Chef Merz, einem Kata­log an Maß­nah­men zur Abschot­tung, Ent­rech­tung und Verantwortungsverweigerung.

Für den Flücht­lings­rat Bran­den­burg und PRO Asyl ist es völ­lig unver­ständ­lich, war­um das Lan­des­auf­nah­me­pro­gramm Syri­en im kom­men­den Jahr aus­ge­setzt wer­den soll. Das Pro­gramm ermög­lich­te es, dass durch den Krieg in Syri­en getrenn­te Fami­li­en­an­ge­hö­ri­ge unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen zu ihren  Ver­wand­ten zie­hen kön­nen, die bereits in Bran­den­burg leben. In den letz­ten Jah­ren han­del­te es sich dabei um nur rund 100 Men­schen pro Jahr. Um über das Pro­gramm auf­ge­nom­men zu wer­den, müs­sen sich die Ange­hö­ri­gen der Schutz­su­chen­den ver­pflich­ten, für deren Wohn­raum und Lebens­un­ter­halt auf­zu­kom­men; die ein­ge­reis­ten Per­so­nen erhal­ten kei­ne Sozialleistungen.

„Wir ste­hen regel­mä­ßig in Kon­takt mit syri­schen Geflüch­te­ten, die in Bran­den­burg leben und sich nach jah­re­lan­ger Tren­nung nichts sehn­li­cher wün­schen, als ihre nächs­ten Ange­hö­ri­gen aus Syri­en zu sich holen“, so Car­la Reg­ling vom Flücht­lings­rat Bran­den­burg. „Auf­grund der stren­gen Vor­aus­set­zun­gen ist es ohne­hin sehr schwie­rig, Bran­den­burg über die Lan­des­auf­nah­me­ord­nung auf siche­rem Flucht­weg zu errei­chen und hier eine Auf­ent­halts­er­laub­nis zu erhal­ten. Dass ihnen die­se Mög­lich­keit nun voll­stän­dig genom­men wer­den soll, wird für sehr viel Leid sor­gen. Den Ange­hö­ri­gen von Syre­rin­nen und Syrern in Bran­den­burg bleibt nur noch die Flucht über lebens­ge­fähr­li­che Routen.“

Das weiß auch Innen­mi­nis­ter Micha­el Stüb­gen (CDU), der erst kürz­lich öffent­lich das indi­vi­du­el­le Recht auf Asyl infra­ge stell­te und in dem Zusam­men­hang als Alter­na­ti­ve auf das Lan­des­auf­nah­me­pro­gramm Jor­da­ni­en ver­wies, wel­ches die „mör­de­ri­sche Rei­se übers Mit­tel­meer oder über die Bal­kan­rou­te“ ver­hin­dern wür­de. Mit der Aus­set­zung des Lan­des­auf­nah­me­pro­gramms bricht die Lan­des­re­gie­rung Bran­den­burg somit nicht nur erneut ein Ver­spre­chen des Koali­ti­ons­ver­tra­ges, der die Wei­ter­füh­rung des Pro­gramms für syri­sche Flücht­lin­ge inner­halb der gel­ten­den Legis­la­tur­pe­ri­ode vor­sah. Sie nimmt viel­mehr wis­sent­lich in Kauf, dass noch mehr Men­schen auf der Flucht ihr Leben ver­lie­ren, als ohne­hin schon.

Reg­ling resü­miert: „Seit Mona­ten bedient sich Innen­mi­nis­ter Micha­el  Stüb­gen (CDU) rechts­po­pu­lis­ti­scher Nar­ra­ti­ve und hetzt gegen Geflüch­te­te. Nach­dem er Ängs­te und Res­sen­ti­ments geschürt hat, geriert er sich nun als Mann der Tat – ein durch­sich­ti­ges poli­ti­sches Spiel, mit dem die Lan­des­re­gie­rung kei­ne Ant­wor­ten auf sozia­le und gesell­schaft­li­che Her­aus­for­de­run­gen gibt, aber wei­te­re Men­schen­le­ben aufs Spiel setzt.“

Pres­se­kon­takt

Flücht­lings­rat Bran­den­burg: info@fluechtlingsrat-brandenburg.de, 0176–56618080

PRO ASYL: presse@proasyl.de, 069–24231430

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