09.01.2024

Ange­sichts des­sen, dass fast 70 Pro­zent (berei­nig­te Schutz­quo­te*) der Asyl­su­chen­den in Deutsch­land Schutz erhal­ten, for­dert PRO ASYL die Bun­des­re­gie­rung auf, den Fokus im Jahr 2024 end­lich auf eine nach­hal­ti­ge und men­schen­rechts­kon­for­me Asyl­po­li­tik zu rich­ten, die sowohl den Geflüch­te­ten als auch den Kom­mu­nen hilft.

„Mehr Abschot­tung hält Men­schen ange­sichts welt­weit zuneh­men­der Kon­flik­te nicht von der Flucht ab und baut auch kei­ne Auf­nah­me­struk­tu­ren. Das zei­gen die Asyl­zah­len 2023, wonach weit mehr Men­schen als im Jahr zuvor in Deutsch­land Schutz gesucht und bekom­men haben. Der Groß­teil der Asylbewerber*innen in Deutsch­land erhält Schutz und wird blei­ben. Des­halb muss die Bun­des­po­li­tik mit den spal­ten­den Debat­ten auf­hö­ren und sich statt­des­sen dar­auf kon­zen­trie­ren, die Kom­mu­nen bei der Auf­nah­me der Men­schen wirk­sam und nach­hal­tig zu unter­stüt­zen“, sagt Tareq Alaows, flücht­lings­po­li­ti­scher Spre­cher von PRO ASYL.

Mit rund 306.000 neu ein­ge­reis­ten Men­schen in Deutsch­land, rund 23.000 in Deutsch­land neu­ge­bo­re­nen Kin­dern und ca. 23.000 Fol­ge­an­trä­gen war die Zahl der Asylbewerber*innen in Deutsch­land im  Jahr 2023 so hoch wie seit 2016 nicht mehr. Im Ver­gleich zu 2022 bedeu­tet das einen Anstieg um 61 Pro­zent. Den­noch ist man weit ent­fernt von den Rekord­zah­len der Jah­re 2015 und 2016.

Hoch sind daher nicht nur die Zugangs­zah­len, son­dern auch die Schutz­quo­ten: Trotz einer restrik­ti­ven Pra­xis beim Bun­des­amt für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge (BAMF) erhal­ten 69 Pro­zent der Men­schen, deren Asyl­grün­de in Deutsch­land inhalt­lich geprüft wer­den, hier­zu­lan­de Schutz. Hin­zu kom­men tau­sen­de Men­schen, die vom BAMF zunächst abge­lehnt wur­den, deren Asyl­be­scheid aber von Gerich­ten auf­ge­ho­ben und kor­ri­giert wur­de. Der weit über­wie­gen­de Teil der zu uns kom­men­den Asyl­su­chen­den bleibt also dau­er­haft in Deutsch­land.

Allein ein knap­pes Drit­tel aller Asyl­su­chen­den kam aus Syri­en, wo die huma­ni­tä­re Situa­ti­on und die Sicher­heits­la­ge unter Dik­ta­tor Bas­har al-Assad und nach über zwölf Jah­ren Krieg wei­ter­hin kata­stro­phal sind. Wei­te­re Haupt­her­kunfts­län­der sind die Tür­kei, Afgha­ni­stan, der Irak und der Iran – aus­nahms­los Län­der, in denen Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen an der Tages­ord­nung sind.

„Trotz der all­ge­mein hohen Schutz­quo­te im Asyl­ver­fah­ren zei­gen Schutz­quo­ten aus  ein­zel­nen Län­dern, wie etwa die aus dem Iran, die unter 50 Pro­zent liegt, dass die Ent­schei­dungs­pra­xis des BAMF drin­gend über­dacht und qua­li­ta­tiv ver­bes­sert wer­den muss“, führt Alaows wei­ter aus.

PRO ASYL for­dert die Bun­des­re­gie­rung daher auf, nicht wei­ter die For­de­run­gen von Rechts­po­pu­lis­ten zu bedie­nen, son­dern gute Bedin­gun­gen für eine schnel­le Inte­gra­ti­on von Geflüch­te­ten in die deut­sche Gesell­schaft und den Arbeits­markt zu schaf­fen. Statt wei­ter die Rhe­to­rik einer ver­meint­li­chen Über­for­de­rung Deutsch­lands durch Geflüch­te­te zu stär­ken, soll­ten bestehen­de Pro­ble­me mit poli­ti­schem Wil­len und struk­tu­rel­len Lösun­gen ange­gan­gen wer­den: Weil die meis­ten Geflüch­te­ten gute Grün­de haben, hier­her zu kom­men und des­we­gen blei­ben wer­den.


* Die berei­nig­te Schutz­quo­te ist die Schutz­quo­te von Men­schen, deren Asyl­an­trä­ge in Deutsch­land inhalt­lich über­prüft wer­den. Sie speist sich aus der Zahl aller Asy­l­ent­schei­dun­gen minus der soge­nann­ten for­mel­len Ent­schei­dun­gen. Von der Gesamt­zahl aller Asy­l­ent­schei­dun­gen wer­den also die Fäl­le abge­zo­gen, die sich ander­wei­tig erle­digt haben und nicht inhalt­lich vom BAMF ent­schie­den wur­den. Die berei­nig­te Schutz­quo­te liegt damit höher als die Gesamt­schutz­quo­te und ist wich­tig, um zu zei­gen, dass die Men­schen, die in Deutsch­land ankom­men, rele­van­te Schutz­grün­de haben und ent­ge­gen der Behaup­tung, dass es sich um soge­nann­te irre­gu­lä­re Migrant*innen han­de­le, auch Schutz erhalten. 

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