09.04.2025

PRO ASYL ist alar­miert über die Ergeb­nis­se der Koali­ti­ons­ge­sprä­che, die  mas­si­ve Ver­schär­fun­gen für Schutz­su­chen­de fest­schrei­ben, statt sich an Huma­ni­tät und gel­ten­dem Recht zu orientieren.

„In den Koali­ti­ons­er­geb­nis­sen wird eine gefähr­li­che Abkehr von men­schen­recht­li­chen Errun­gen­schaf­ten deut­lich – es droht eine Rück­schritts­ko­ali­ti­on gegen Men­schen­rech­te und  Huma­ni­tät“, warnt Karl Kopp, Geschäfts­füh­rer von PRO ASYL.

Mas­si­ve Ver­schär­fun­gen für Schutzsuchende

Das zeigt sich ins­be­son­de­re an den geplan­ten Zurück­wei­sun­gen von Schutz­su­chen­den an deut­schen Gren­zen – dies ist wei­ter­hin euro­pa- und verfassungswidrig.

Fatal ist, dass Uni­on und SPD sich auf die Strei­chung des soge­nann­ten Ver­bin­dungs­ele­ments für “siche­re Dritt­staa­ten” geei­nigt haben. Hier geht es dar­um, Deals mit Län­dern à la Modell Ruan­da zu schlie­ßen. Damit soll dann ein Flücht­ling in einen Dritt­staat außer­halb der EU geschickt wer­den kön­nen, obwohl er dort nie zuvor war.

Die “siche­ren Dritt­staa­ten” sind im EU-Recht gere­gelt, und in Kür­ze wird ein Vor­schlag der Kom­mis­si­on für eine Eva­lu­ie­rung erwar­tet. “Die­se unschein­bar wir­ken­de Rechts­än­de­rung wird dra­ma­ti­sche Kon­se­quen­zen für den Flücht­lings­schutz haben. Damit  schließt sich Deutsch­land den euro­päi­schen Hard­li­nern an und unter­stützt den Ver­such,  kol­lek­tiv aus dem inter­na­tio­na­len Flücht­lings­schutz aus­zu­stei­gen”, sagt Kopp.

Eine mas­si­ve Ver­schär­fung sieht der Koali­ti­ons­ver­trag im Asyl­ver­fah­ren vor: Dort soll der Amts­er­mitt­lungs­grund­satz durch den Bei­brin­gungs­grund­satz, der die Beweis­last den Schutz­su­chen­den auf­bür­det,  ersetzt wer­den. Dage­gen hat­te es seit dem Son­die­rungs­pa­pier star­ke öffent­li­che Kri­tik von Jurist*innen und ande­ren Expert*innen gege­ben. Ein Bei­brin­gungs­grund­satz im Asyl­ver­fah­ren wird zu fal­schen Ergeb­nis­sen füh­ren und ist ver­fas­sungs­recht­lich höchst frag­wür­dig: Ein fai­res Ver­fah­ren ist so für die Betrof­fe­nen nicht garan­tiert. Aus­führ­lich hat PRO ASYL hier das Pro­blem erklärt.

Es ist außer­dem bit­ter, dass sich der Sozi­al­po­pu­lis­mus gegen ukrai­ni­sche Flücht­lin­ge nun auch im Koali­ti­ons­ver­trag nie­der­ge­schla­gen hat. Neu ankom­men­de ukrai­ni­sche Flücht­lin­ge sol­len bei Bedürf­tig­keit wie­der unter das Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz fal­len. Das bedeu­tet nicht nur weni­ger Leis­tun­gen und seit letz­tem Jahr an vie­len Orten die Bezahl­kar­te, son­dern unter ande­rem auch schlech­te­re medi­zi­ni­sche Versorgung.

Obwohl beson­ders schutz­be­dürf­tig: Frau­en und Kin­der blei­ben auf der Strecke

PRO ASYL kri­ti­siert ins­be­son­de­re die geplan­te Aus­set­zung des Fami­li­en­nach­zugs für sub­si­di­är Schutz­be­rech­tig­te, die Been­di­gung huma­ni­tä­rer Auf­nah­me­pro­gram­me sowie das Mora­to­ri­um des UN-Umsiedlungsprogramms.

„Der Koali­ti­ons­ver­trag kappt zen­tra­le lebens­ret­ten­de Maß­nah­men. Wer regu­lä­re Wege ver­sperrt, zwingt Men­schen auf lebens­ge­fähr­li­che Flucht­rou­ten. Dies betrifft auch Frau­en und Mäd­chen aus Afgha­ni­stan, die dort laut euro­päi­scher Recht­spre­chung mas­siv gefähr­det sind“, sagt Kopp, Geschäfts­füh­rer von PRO ASYL.

Die Aus­set­zung des Fami­li­en­nach­zugs ver­letzt das Men­schen­recht auf Fami­lie, führt zu dau­er­haft zer­ris­se­nen Fami­li­en­struk­tu­ren und behin­dert Inte­gra­ti­on. Auch hier blei­ben ins­be­son­de­re Frau­en und Kin­der auf der Stre­cke – gera­de jene, die am drin­gends­ten Schutz benötigen.

Was der Koali­ti­ons­ver­trag in der Pra­xis bedeu­tet: Noch mehr Tote

Wäh­rend in Ber­lin über eine här­te­re Gang­art gegen­über Schutz­su­chen­den ver­han­delt wur­de, kamen in der Ägä­is erneut Men­schen ums Leben. Vor der Insel Les­bos ereig­ne­te sich ein Schiffs­un­glück, bei dem über­wie­gend Frau­en und Kin­der starben.

Trau­ern­de Ange­hö­ri­ge aus Frank­furt, Bochum, Köln und Ber­lin iden­ti­fi­zie­ren der­zeit ihre Ange­hö­ri­gen in der Gerichts­me­di­zin auf Les­bos. Sie­ben Tote wur­den bis­her gebor­gen: vier Kin­der, zwei Frau­en und ein Mann aus Afghanistan.

„Die Umset­zung des Koali­ti­ons­ver­trags wird unwei­ger­lich zu mehr Toten füh­ren“, so Kopp.  „Wei­te­re schutz­be­dürf­ti­ge Men­schen wer­den auf gefähr­li­che und häu­fig töd­li­che Flucht­rou­ten gezwungen.“

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