08.07.2016

Sin­ken­de Zugangs­zah­len, mehr Ent­schei­dun­gen auf Kos­ten der Qualität

„Dass immer weni­ger Flücht­lin­ge an der Gren­ze im soge­nann­ten EASY-Sys­tem regis­triert wer­den, ist kein Grund zur Freu­de, son­dern zur Besorg­nis“, so Bernd Meso­vic, stell­ver­tre­ten­der Geschäfts­füh­rer von PRO ASYL. „Denn wäh­rend in Deutsch­land Unter­künf­te leer ste­hen, leben Flücht­lin­ge in Grie­chen­land (und eini­gen ande­ren Staa­ten) auf der Stra­ße, oft mona­te­lang ohne Chan­ce auf Regis­trie­rung ihres Asyl­ge­suchs, von sei­ner inhalt­li­chen Prü­fung ganz zu schweigen.“

Die aktu­el­le Asyl­sta­tis­tik ist in Bezug auf regis­trier­te Asyl­neu­an­trä­ge nur begrenzt aus­sa­ge­kräf­tig, weil immer noch bereits im ver­gan­ge­nen Jahr im EASY-Sys­tem regis­trier­te Men­schen mit gro­ßer Ver­spä­tung offi­zi­ell beim Bun­des­amt für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge (BAMF) ins Asyl­ver­fah­ren auf­ge­nom­men wer­den. Immer noch tau­chen gan­ze Kon­tin­gen­te von den Behör­den „Ver­ges­se­ner“ in den Kom­mu­nen auf (Fach­be­griff: „EASY-Gap“, das Schwar­ze Loch der Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen Bun­des­amt und unter­brin­gen­den Behörden).

Im ers­ten Halb­jahr 2016 traf das Bun­des­amt 283.236 Ent­schei­dun­gen, eine Stei­ge­rung um 148,3 Pro­zent gegen­über dem ers­ten Halb­jahr 2015. In den letz­ten Mona­ten, so die Erfah­rung von PRO ASYL, nimmt der Druck auf Bun­des­amts­mit­ar­bei­ter, eine grö­ße­re Zahl von Fäl­len zu ent­schei­den, dras­tisch zu. Dar­un­ter lei­det die Qua­li­tät der Entscheidungen.

Nach­dem die Asyl­ver­fah­ren von Antrag­stel­le­rIn­nen aus den Bal­kan­staa­ten weit­ge­hend mit fast aus­nahms­los nega­ti­vem Aus­gang abge­ar­bei­tet wor­den sind, scheint man mit den­sel­ben Metho­den die Fäl­le von Antrag­stel­le­rIn­nen aus ande­ren, nicht als sicher ein­ge­stuf­ten Her­kunfts­staa­ten, abar­bei­ten zu wol­len. Aktu­ell häu­fen sich auch in die­sen Fäl­len Ent­schei­dun­gen als „offen­sicht­lich unbe­grün­det“ – mit der Fol­ge eines ver­kürz­ten Rechts­we­ges. Das für die Schnell­ver­fah­ren im Fal­le angeb­lich siche­rer Her­kunfts­län­der und ande­rer „ein­deu­ti­ger“ Fall­kon­stel­la­tio­nen gedach­te Instru­ment wird von Amts wegen miss­braucht. Vor­ge­fer­tig­te Text­bau­stei­ne wer­den ein­ge­setzt wie Äxte: Auch was auf den Ein­zel­fall gar nicht passt, wird zurechtgehauen.

Fest­zu­stel­len ist zudem eine zuneh­men­de Ten­denz, schutz­su­chen­den Syre­rIn­nen nur noch den sub­si­diä­ren Schutz zu gewäh­ren – mit der Fol­ge einer ledig­lich ein­jäh­ri­gen Auf­ent­halts­er­laub­nis und bis zum 16. März 2018 aus­ge­setz­ten Fami­li­en­nach­zug. Damit lau­fen ihr zutiefst mensch­li­ches Bedürf­nis und ihr Recht, Ange­hö­ri­ge durch den Fami­li­en­nach­zug zu ret­ten, ins Lee­re. PRO ASYL hat die Rechts­wid­rig­keit die­ser Ent­schei­dungs­pra­xis des BAMF bereits mehr­fach kritisiert.

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