07.05.2015

Mit Erwar­tun­gen und Befürch­tun­gen sieht PRO ASYL den soge­nann­ten Flücht­lings­gip­fel, zu dem sich Tei­le der Bun­des­re­gie­rung und eini­ge Minis­ter­prä­si­den­ten am Frei­tag tref­fen. PRO ASYL for­dert, dass Bund und Län­der ein umfas­sen­des Inte­gra­ti­ons- und Auf­nah­me­kon­zept ver­ein­ba­ren. Es muss ver­hin­dert wer­den, dass zehn­tau­sen­de Men­schen über Jah­re hin­weg in Groß­un­ter­künf­ten und Con­tai­ner­la­gern iso­liert und am Zugang zu Bil­dung und Arbeit gehin­dert wer­den. Es muss Geld inves­tiert wer­den in Sprach­kur­se, in kom­mu­na­le Woh­nungs­bau­pro­gram­me, nicht nur für Flücht­lin­ge, son­dern gene­rell für Men­schen mit gerin­gem Ein­kom­men, in Hil­fe­stel­lun­gen bei der Suche nach einem Arbeits­platz sowie in Bil­dungs­maß­nah­men für jun­ge Flüchtlinge.

PRO ASYL for­dert, dass der Bund Sprach­kur­se für alle Asyl­su­chen­den von Anfang an finan­zie­ren muss. Die dabei von eini­gen Bun­des­län­dern in die Dis­kus­si­on gebrach­te Unter­schei­dung zwi­schen Flücht­lin­gen aus unsi­che­ren und aus siche­ren Her­kunfts­staa­ten lehnt PRO ASYL ab. Der Kern des Asyl­rechts ist die indi­vi­du­el­le und unvor­ein­ge­nom­me­ne Prü­fung, ob ein Mensch schutz­be­dürf­tig ist. Poli­ti­sche Pau­scha­li­sie­run­gen auf­grund von abs­trakt-gene­rel­len Ein­schät­zun­gen zur Situa­ti­on in den jewei­li­gen Her­kunfts­län­dern wer­den dem grund­sätz­lich nicht gerecht. PRO ASYL-Geschäfts­füh­rer Gün­ter Burk­hardt warnt: „Eine Auf­tei­lung von Flücht­lin­gen nach pau­scha­lie­ren­der Betrach­tung des Her­kunfts­lan­des, bevor ein unvor­ein­ge­nom­me­nes Asyl­ver­fah­ren durch­ge­führt wur­de, ist eine Diskriminierung.“

Im Vor­feld des Gip­fels sind wei­te­re inak­zep­ta­ble Vor­schlä­ge zur Dis­kri­mi­nie­rung von Flücht­lin­gen aus angeb­lich siche­ren Staa­ten bei den Auf­nah­me­struk­tu­ren gemacht wor­den. Nach einem baye­ri­schen Vor­schlag sol­len Flücht­lin­ge aus Ser­bi­en, Bos­ni­en, Maze­do­ni­en, Alba­ni­en und Koso­vo künf­tig nicht mehr arbei­ten dür­fen, nur noch gekürz­te Sozi­al­leis­tun­gen erhal­ten und mit Sach­leis­tun­gen abge­speist wer­den. Ist die jetzt bereits von Bay­ern teil­wei­se auf Lan­des­ebe­ne vor­an­ge­trie­be­ne Stra­te­gie, Asyl­su­chen­den, die als „offen­sicht­lich unbe­grün­det“ abge­lehnt wur­den, mit einem Arbeits­ver­bot zu über­zie­hen, erteil­te Arbeits­er­laub­nis­se gar zu wider­ru­fen und sie damit in die Abhän­gig­keit von Sozi­al­leis­tun­gen zu trei­ben, die in der Kon­se­quenz dann auch gekürzt wer­den, ergibt sich eine schie­fe Ebe­ne. Es ist zu bezwei­feln, dass der Ein­griff in die Sozi­al­leis­tun­gen mit Vor­ga­ben des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­rich­tes in Über­ein­stim­mung zu brin­gen ist. Das hat­te in einem Grund­satz­ur­teil vom 18. Juli 2012 for­mu­liert: „Die Men­schen­wür­de ist migra­ti­ons­po­li­tisch nicht zu rela­ti­vie­ren.“ Aus­gangs­punkt für die Fra­ge, wie Flücht­lin­ge zu ver­sor­gen sind, ist die tat­säch­li­che Bedarfs­si­tua­ti­on. Vor die­sem Hin­ter­grund geht PRO ASYL davon aus, dass dis­kri­mi­nie­ren­de Rege­lun­gen, die mit der Begrün­dung, über eine Reduk­ti­on der Leis­tun­gen, sol­le abge­schreckt und damit Migra­ti­on gesteu­ert wer­den, bereits ver­fas­sungs­wid­rig ist.

Kei­ne wei­te­ren Ver­kür­zun­gen im Rechtschutz!

Mit Sor­ge sieht PRO ASYL die Vor­schlä­ge, wie sie etwa sei­tens der Minis­ter­prä­si­den­ten der Län­der am 26. März 2015 gemacht wur­den, die Beschleu­ni­gung von Rechts­schutz­ver­fah­ren zu prü­fen. „Am Asyl­ver­fah­ren gibt es nichts mehr zu beschleu­ni­gen, ohne ein Mini­mum an Rechts­staat­lich­keit zu opfern.“, sag­te Burkhardt.

PRO ASYL unter­stützt die Posi­ti­on der Neu­en Rich­ter­ver­ei­ni­gung. Die hat­te in einer Stel­lung­nah­me am 5. Mai 2015 klar­ge­stellt: „Die rechts­staat­li­chen Gren­zen des gericht­li­chen Asyl­ver­fah­rens sind bereits aus­ge­reizt.“. Bereits die bis­he­ri­gen Ver­kür­zun­gen des Rechts­we­ges, der Aus­schluss von Beschwer­den gegen Beschlüs­se, hät­ten zu einer Zer­split­te­rung der Recht­spre­chung in Deutsch­land und letzt­end­lich zu Mehr­auf­wand geführt. Wei­te­re Ein­schnit­te sind kon­tra­pro­duk­tiv. Die NRV: „Die För­de­rung ober­ge­richt­li­cher Befas­sungs- und Klä­rungs­mög­lich­kei­ten kann letzt­lich sogar beschleu­ni­gend wirken.“

Soli­da­ri­tät mit Flücht­lin­gen in Euro­pa: Deutsch­land muss mehr Flücht­lin­gen Schutz bie­ten als ande­re EU-Staaten

PRO ASYL for­dert Bund und Län­der auf, sich auch einer gesamt­eu­ro­päi­schen Ver­ant­wor­tung zu stel­len. Eine angeb­lich gerech­te Ver­tei­lung von Asyl­su­chen­den nach Quo­ten auf die EU-Staa­ten ist kei­ne Lösung. Die berech­tig­ten Inter­es­sen der Flücht­lin­ge müs­sen berück­sich­tigt wer­den. In Grie­chen­land, Bul­ga­ri­en oder Ita­li­en anlan­den­de Flücht­lin­ge müs­sen die Mög­lich­keit erhal­ten, dort Schutz zu suchen, wo sich ihre Fami­li­en und Ange­hö­ri­gen befinden.

PRO ASYL appel­liert an Bund und Län­der, den kla­ren Aus­sa­gen der Bun­des­kanz­le­rin vom EU-Gip­fel nun Taten fol­gen zu las­sen. Die Bun­des­kanz­le­rin hat­te in Bezug auf die Dub­lin-Ver­ord­nung for­mu­liert: „Ich glau­be, dass die Dub­lin-Regeln ver­än­dert wer­den müssen.“

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