Zum Jahrestag der syrischen Revolution veröffentlicht PRO ASYL heute ein Gutachten über die Zumutungen bei der Passbeschaffung für Syrer*innen und fordert zugleich den sofortigen Stopp der Finanzierung des Assad-Folterregimes durch die deutsche Passbeschaffungspflicht.
Der Beginn der syrischen Revolution im Jahr 2011 jährt sich zum 13. Mal. Und noch immer gehen Tausende Menschen gegen das Assad-Regime auf die Straße, wie zuletzt zum Beispiel in As-Suweid. Sie protestieren gegen Unterdrückung, Inhaftierung, Folter und Ermordungen von Menschen in Syrien durch den Machthaber Bashar al-Assad und seine Gefolgschaft.
Aufgrund der anhaltenden Repressionen gegen die eigene Zivilbevölkerung hat die Europäische Union Syrien umfangreiche Sanktionen auferlegt, um dem Regime die Finanzierung seiner diktatorischen Machenschaften zu erschweren. Gleichzeitig werden Syrer*innen sowie auch Geflüchtete aus anderen Staaten, die vor den Regimen ihrer Heimat geflohen sind, jedoch regelmäßig von deutschen Ausländerbehörden dazu gezwungen, ihren Verfolgerstaat durch horrende Passgebühren zu unterstützen – selbst wenn dieser Staat für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich ist.
Vor allem verlangen die Behörden einen Pass zum Beispiel vor der Ausstellung einer Niederlassungserlaubnis oder für die Einbürgerung. Auch zur Identitätsklärung wird zuallererst ein Pass verlangt, bevor andere Möglichkeiten in Betracht gezogen werden.
Deutschlands Rolle bei der Finanzierung der syrischen Diktatur
„Die bittere Realität: Mit der Passbeschaffungspflicht spielt Deutschland eine tragende Rolle bei der Finanzierung des brutalen Assad-Regimes und damit bei den Gräueltaten, die es verübt. Hunderttausende Syrer*innen in Deutschland werden von deutschen Behörden genötigt, im Rahmen der Passbeschaffungspflicht hohe Summen an genau das Regime zu zahlen, vor dem sie geflohen sind und das auch mit diesem Geld seine Verbrechen finanziert. Deshalb müssen syrische Geflüchtete davon befreit werden, die Pässe in der syrischen Botschaft beschaffen zu müssen”, sagt Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL. Über diese willkürlich steigenden Passgebühren hat das Assad-Regime allein seit 2022 über 200 Millionen Euro eingenommen. PRO ASYL unterstützt einen Syrer in seinem Rechtsstreit mit der Ausländerbehörde, die ihn in die Botschaft zwingen möchte.
Neues Gutachten zur Passbeschaffungspflicht
Das von PRO ASYL in Auftrag gegebene Gutachten “Passbeschaffung im Aufenthaltsrecht: Rechtliche Verpflichtungen und Grenzen der Zumutbarkeit” zeigt nun: Die deutsche Behördenpraxis beim Thema Passbeschaffung und Identitätsklärung für Syrer*innen, die vor dem Regime geflohen sind, ist in der Regel unzumutbar – das wird von deutschen Behörden aber selten anerkannt.
In dem Gutachten wird gezeigt, dass sich die gesetzlichen Pflichten nicht allein auf Menschen ohne Pass beziehen, sondern auch auf die Behörden. Sie müssen etwa Hinweise zu Alternativen geben und unter Umständen einen Passersatz oder Ausweisersatz ausstellen, mit dem ebenfalls die Passpflicht erfüllt wird.
Im Gutachten wird außerdem problematisiert, dass Regime, die Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen verüben, die Einnahmen durch derart überhöhte Passgebühren auch für diese Verbrechen nutzen und damit internationale Sanktionen umgangen werden. Dies gilt nicht nur für Syrien, sondern auch zum Beispiel für Eritrea und andere Unterdrückerstaaten. Die Unterstützung dafür auch noch von Personen zu verlangen, die unter diesen Regimen selbst gelitten haben, ist laut Gutachten unzumutbar. Dieser Einschätzung schließt sich PRO ASYL an und fordert vom Innenministerium und den Ausländerbehörden eine unverzügliche Befreiung syrischer Geflüchteter von der Passbeschaffungspflicht.