11.03.2025

Mit ihrem heu­te vor­ge­stell­ten Vor­schlag für eine neue Rück­füh­rungs­ver­ord­nung will die EU-Kom­mis­si­on die euro­päi­schen Abschie­bungs­re­geln deut­lich ver­schär­fen und euro­pa­weit stär­ker anglei­chen. Zu den Vor­schlä­gen gehö­ren neue For­men von Abschie­be­deals mit Dritt­staa­ten, mehr Haft sowie Ver­schär­fun­gen bei der frei­wil­li­gen Aus­rei­se und bei Wiedereinreisesperren.

Der Vor­schlag der Kom­mis­si­on wird nun von den Mit­glied­staa­ten und vom EU-Par­la­ment bera­ten. PRO ASYL for­dert alle Betei­lig­ten auf, die unein­ge­schränk­te Wah­rung von Grund­rech­ten und die Wür­de des Men­schen ins Zen­trum zu stel­len – statt um jeden Preis auf Abschie­bun­gen zu setzen.

Abschie­be­deals mit Drittstaaten

Eine beson­ders gra­vie­ren­de Ände­rung durch die neue Ver­ord­nung wäre, dass Men­schen, die in der EU Schutz gesucht hat­ten, auch in Län­der abge­scho­ben wer­den könn­ten, in denen sie noch nie zuvor waren.

„Dass die Kom­mis­si­on EU-Mit­glied­staa­ten ermög­li­chen will, abge­lehn­te Asyl­su­chen­de gegen ihren Wil­len in ihnen kom­plett frem­de Län­der zu schi­cken, ist absurd und unmensch­lich – ein wei­te­rer Tief­punkt der EU-Asyl- und Migra­ti­ons­po­li­tik“, kom­men­tiert Wieb­ke Judith, rechts­po­li­ti­sche Spre­che­rin von PRO ASYL. „Über­all da, wo die EU nicht wei­ter­kommt – von der Auf­nah­me von Schutz­su­chen­den über Asyl­ver­fah­ren bis jetzt hin zu Abschie­bun­gen – wird auf Län­der außer­halb der EU geschielt, um sie für die eige­nen Zwe­cke der EU ein­zu­span­nen. Sol­che Deals hät­ten mas­si­ve finan­zi­el­le, poli­ti­sche und vor allem mensch­li­che Kosten.“

Bis­her konn­ten Men­schen nur dann in Län­der, zu denen sie kei­ner­lei Bezug haben, abge­scho­ben wer­den, wenn sie dem selbst zustimm­ten. Die Kom­mis­si­on streicht nun die­se bis­lang erfor­der­li­che Zustim­mung, so dass Men­schen zwangs­wei­se in einen Dritt­staat gebracht wer­den kön­nen, der weder Her­kunfts- noch Tran­sit­staat ist. Zudem wür­den erst­mals neue For­men von Abschie­be­deals mit Dritt­staa­ten ermög­licht. Damit könn­ten die EU-Mit­glied­staa­ten die Idee euro­päi­scher Abschie­be­zen­tren (eng­lisch: „return hubs“) wei­ter vorantreiben.

Star­ke Aus­wei­tung der Abschiebungshaft

PRO ASYL beob­ach­tet zudem mit Sor­ge die star­ke Aus­wei­tung der Regeln zur Abschie­bungs­haft. Zum einen wür­de es leich­ter wer­den, Men­schen in Abschie­bungs­haft zu neh­men, weil die Grün­de dafür erwei­tert wer­den. Zum ande­ren wür­de auch die regu­lä­re Maxi­mal­dau­er der Haft von sechs auf zwölf Mona­te ver­dop­pelt. Die in Aus­nah­me­fäl­len mög­li­che Ver­län­ge­rung wird von bis­her 18 auf bis zu 24 Mona­te verlängert.

„Haft muss immer letz­tes Mit­tel blei­ben, denn sie ist ein star­ker Ein­griff in das Grund­recht auf Frei­heit – doch mit den Vor­schlä­gen der Kom­mis­si­on könn­te Haft zur Regel wer­den. Denn Haft­vor­aus­set­zun­gen wie ‚Flucht­ge­fahr’ sind so weit gefasst, dass sie auf fast jede geflüch­te­te Per­son ange­wandt wer­den könn­ten“, so Wieb­ke Judith. Es ist ein Irr­glau­be, dass die Aus­wei­tung von Inhaf­tie­rung auto­ma­tisch zu mehr Abschie­bun­gen füh­ren wird.

Wei­te­re pro­ble­ma­ti­sche Neuregelungen

Neu ist auch der Vor­schlag für einen umfas­sen­den Kata­log von Pflich­ten für die betrof­fe­nen Per­so­nen – und wenn die­se nicht ein­ge­hal­ten wer­den, gra­vie­ren­de Sank­tio­nen. Hier­zu kön­nen Leis­tungs­kür­zun­gen, Ent­zug von Arbeits­er­laub­nis­sen oder auch finan­zi­el­le Stra­fen von den Mit­glied­staa­ten vor­ge­se­hen werden.

Auch die Neu­re­ge­lung der frei­wil­li­gen Aus­rei­se ist kri­tisch zu sehen. Wäh­rend den Schutz­su­chen­den bis­her in der Regel eine Frist zur frei­wil­li­gen Aus­rei­se gesetzt wird, könn­te durch die vor­ge­schla­ge­ne Ände­rung in mehr Fäl­len als bis­her auf eine Frist ver­zich­tet und direkt eine Abschie­bung ange­ord­net wer­den. Es wür­de zudem nicht mehr vor­ge­schrie­ben, dass die Frist min­des­tens sie­ben Tage betra­gen muss – wodurch auch noch kür­ze­re, nicht ernst­haft ein­halt­ba­re Fris­ten gesetzt wer­den könnten.

Zudem sind Ver­schär­fun­gen bei den Ein­rei­se­ver­bo­ten vor­ge­se­hen: Die­se sol­len nun für bis zu zehn Jah­re ver­hängt wer­den – bis­lang galt in den meis­ten Fäl­len eine maxi­ma­le Frist von fünf Jah­ren. Die­se Zeit soll nach den Vor­schlä­gen der EU-Kom­mis­si­on um wei­te­re fünf Jah­re ver­län­gert wer­den kön­nen, wenn ent­spre­chen­de Grün­de vorliegen.

 

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