19.09.2022

PRO ASYL und 22 wei­te­re Wohl­fahrts- und Men­schen­rechts­or­ga­ni­sa­tio­nen for­dern die Bun­des­re­gie­rung dazu auf, die im Koali­ti­ons­ver­trag ange­kün­dig­ten Ver­bes­se­run­gen beim Fami­li­en­nach­zug jetzt voll­um­fäng­lich umzusetzen.

Die Plä­ne des Bun­des­in­nen­mi­nis­te­ri­ums (BMI) sehen vor, die nöti­gen Geset­zes­än­de­run­gen erst im Jahr 2023 in den Bun­des­tag ein­zu­brin­gen. „Bis ein Gesetz in Kraft ist, ist schnell ein wei­te­res Jahr ver­gan­gen und wir haben Herbst 2023“, befürch­tet Gün­ter Burk­hardt, Geschäfts­füh­rer von PRO ASYL. Er kri­ti­siert zudem: „Der deut­sche Para­gra­phen­dschun­gel ver­hin­dert seit Jah­ren, dass Kin­der ihre Eltern und Geschwis­ter in die Arme schlie­ßen kön­nen, dass Ehepartner*innen wie­der bei­ein­an­der sein kön­nen. Weder das Kin­des­wohl, noch der beson­de­re Schutz von Ehe und Fami­lie ste­hen in der der­zei­ti­gen Pra­xis des gesetz­lich ver­an­ker­ten Fami­li­en­nach­zugs im Mit­tel­punkt. Die restrik­ti­ve und men­schen­feind­li­che Flücht­lings­po­li­tik der ver­gan­ge­nen Jah­re wirkt noch nach. Die aktu­el­le Bun­des­re­gie­rung muss  ihre Ver­spre­chen im Koali­ti­ons­ver­trag umset­zen, die Bun­des­tags­wahl liegt mitt­ler­wei­le fast ein Jahr zurück.“

Dabei sorg­ten die im Koali­ti­ons­ver­trag ange­kün­dig­ten Ver­bes­se­run­gen zunächst für Opti­mis­mus: So sol­len sub­si­di­är geschütz­te Bür­ger­kriegs­flücht­lin­ge wie­der das glei­che Recht auf Fami­li­en­zu­sam­men­füh­rung erhal­ten wie die­je­ni­gen, die nach der Gen­fer Flücht­lings­kon­ven­ti­on (GFK) aner­kannt wur­den. Beim Eltern­nach­zug zu unbe­glei­te­ten Min­der­jäh­ri­gen sol­len auch die min­der­jäh­ri­gen Geschwis­ter mit­ein­rei­sen dür­fen. Und zum Ehe­part­ner oder zur Ehe­part­ne­rin nach­zie­hen­de Per­so­nen sol­len den erfor­der­li­chen Sprach­nach­weis auch erst nach ihrer Ankunft erbrin­gen kön­nen. Zudem hat der EuGH am 1. August 2022 in zwei wich­ti­gen Urtei­len zu Deutsch­land ent­schie­den, dass der Anspruch auf Fami­li­en­nach­zug auch dann fort­be­steht, wenn die zum Zeit­punkt der Asyl­an­trags­stel­lung min­der­jäh­ri­gen Kin­der im Lau­fe der Ver­fah­ren voll­jäh­rig wer­den. Aber weder sind bis­her die Vor­ha­ben aus dem Koali­ti­ons­ver­trag umge­setzt, noch die Erfor­der­nis­se des EU-Rechts beim Recht auf Fami­li­en­nach­zug für Min­der­jäh­ri­ge im deut­schen Auf­ent­halts­ge­setz auf den Weg gebracht.

Dem Auf­ruf haben sich alle gro­ßen Orga­ni­sa­tio­nen und Ver­bän­de ange­schlos­sen, die bun­des­weit und zum Teil im Aus­land Fami­li­en bei Fami­li­en­nach­zugs­ver­fah­ren unter­stüt­zen oder sich poli­tisch für ihre Belan­ge ein­set­zen – dar­un­ter PRO ASYL, Dia­ko­nie Deutsch­land, AWO Bun­des­ver­band, Der Pari­tä­ti­sche Gesamt­ver­band, Deut­scher Cari­tas­ver­band, amnes­ty inter­na­tio­nal und terre des hom­mes. Sie for­dern konkret:

  1. Den Rechts­an­spruch auf Fami­li­en­nach­zug zu sub­si­di­är Schutz­be­rech­tig­ten wiederherstellen.
  2. Den Rechts­an­spruch für Geschwis­ter beim Eltern­nach­zug zu unbe­glei­te­ten min­der­jäh­ri­gen Flücht­lin­gen und sub­si­di­är Schutz­be­rech­tig­ten verankern.
  3. Die aktu­el­len EuGH-Urtei­le bezüg­lich des Zeit­punkts der Min­der­jäh­rig­keit für voll­jäh­rig wer­den­de und bereits im Ver­fah­ren voll­jäh­rig gewor­de­ne Min­der­jäh­ri­ge umsetzen.
  4. Admi­nis­tra­ti­ve Hür­den im Visums­ver­fah­ren abbau­en durch digi­ta­le Antrag­stel­lung und aus­rei­chen­de Finanzierung.
  5. Das Erfor­der­nis von Sprach­kennt­nis­sen vor der Ein­rei­se gene­rell abschaffen.

Wei­te­re aktu­el­le For­de­run­gen aus der Zivilgesellschaft

Erst vor einer Woche haben zahl­rei­che Ver­bän­de und Orga­ni­sa­tio­nen bereits in einem gemein­sa­men Auf­ruf gefor­dert, den Sprach­nach­weis beim Nach­zug von Ehepartner*innen end­lich fal­len zu las­sen (sie­he hier unse­re Pres­se­mit­tei­lung dazu).

Zum Tag der Fami­lie am 15.5 hat PRO ASYL die Beschleu­ni­gung des Fami­li­en­nach­zugs gefor­dert und die der­zei­ti­ge Pra­xis mit zwei Fall­bei­spie­len veranschaulicht.

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