05.10.2023

Aktu­ell wird zwi­schen Bun­des­re­gie­rung und Oppo­si­ti­on dis­ku­tiert, ob und wie gel­ten­de Arbeits­ver­bo­te für nach Deutsch­land geflüch­te­te Men­schen auf­ge­ho­ben wer­den sol­len. PRO ASYL begrüßt, dass end­lich wie­der prag­ma­ti­sche Vor­schlä­ge in der Flücht­lings­po­li­tik aus Regie­rungs­krei­sen ein­ge­bracht werden. 

Laut Medi­en­be­rich­ten könn­te als Teil eines Deutsch­land-Pak­tes zwi­schen Bun­des­re­gie­rung und der Oppo­si­ti­ons­frak­ti­on CDU/CSU auch die im Koali­ti­ons­ver­trag ver­ein­bar­te Abschaf­fung der Arbeits­ver­bo­te für Geflüch­te­te kommen.

„Die Abschaf­fung von Arbeits­ver­bo­ten für nach Deutsch­land geflüch­te­te Men­schen ist über­fäl­lig, so wie ande­re posi­ti­ve Ver­spre­chen des Koali­ti­ons­ver­trags. Arbeits­ver­bo­te sind nicht zeit­ge­mäß, gren­zen Men­schen aus der Gesell­schaft aus und sind ange­sichts des Arbeits­kräf­te­man­gels in Deutsch­land auch der Bevöl­ke­rung nicht ver­mit­tel­bar. Um das Pro­blem rich­tig anzu­ge­hen, soll­te die Bun­des­re­gie­rung auch direkt die Aner­ken­nung aus­län­di­scher Abschlüs­se erleich­tern und die dis­kri­mi­nie­ren­de Dul­dung light abschaf­fen, die stets mit einem Arbeits­ver­bot ein­her­geht“, for­dert Wieb­ke Judith, rechts­po­li­ti­sche Spre­che­rin von PRO ASYL.

Ins­ge­samt ist PRO ASYL ange­sichts der aktu­el­len Debat­te und Vor­schlä­ge aber extrem besorgt, zie­len sie doch über­wie­gend auf Abwehr und Abschot­tung. Grund­recht­li­che und men­schen­recht­li­che Stan­dards zäh­len fast nichts mehr. Das zeigt sich von der Zustim­mung der Bun­des­re­gie­rung zur Kri­sen­ver­ord­nung, über die Bestim­mung wei­te­rer angeb­lich siche­rer Her­kunfts­län­der, bis hin zu den Vor­schlä­gen zu mehr Abschie­bun­gen oder der For­de­rung nach Sach­leis­tun­gen für Geflüch­te­te.

Arbeits­ver­bo­te redu­zie­ren, Fach­kräf­te anerkennen

Arbeits­ver­bo­te sind kom­pli­ziert gestaf­felt: Voll­stän­di­ge Arbeits­ver­bo­te bestehen für alle Asyl­su­chen­de in jedem Fall wäh­rend der ers­ten drei Mona­te im Asyl­ver­fah­ren. Sie bestehen dann wei­ter bis zu ins­ge­samt sechs Mona­ten (für Men­schen mit Kin­dern) bzw. bis zu neun Mona­ten (ohne Kin­der), solan­ge die Betrof­fe­nen noch in der Erst­auf­nah­me­ein­rich­tung woh­nen müs­sen – was bei vie­len der­zeit der Fall ist. Erst nach Ablauf die­ser Fris­ten oder mit dem Aus­zug aus der Erst­auf­nah­me­ein­rich­tung ist für Asyl­su­chen­de der Zugang zum Arbeits­markt theo­re­tisch offen – außer für Men­schen aus den zu „siche­ren Her­kunfts­staa­ten“ erklär­ten Län­dern. Für sie gilt dau­er­haft ein Arbeits­ver­bot – wäh­rend des Asyl­ver­fah­rens und auch nach einer Ablehnung.

Für gedul­de­te Men­schen gene­rell gilt eine Frist von sechs Mona­ten, danach kann die Arbeit erlaubt wer­den – ein Arbeits­ver­bot wird aber oft noch indi­vi­du­ell als Sank­ti­ons­maß­nah­me der Behör­den aus­ge­spro­chen, zum Bei­spiel bei feh­len­dem Hei­mat­pass. Es wird sta­tis­tisch nicht erfasst, wie vie­le Men­schen mit Arbeits­ver­bot in Deutsch­land leben. Ins­ge­samt ist aber min­des­tens von einer Zahl im hohen fünf­stel­li­gen Bereich auszugehen.

Die Auf­nah­me einer Arbeit schei­tert dabei nicht nur an der feh­len­den Arbeits­er­laub­nis. Auch Geflüch­te­te, die bereits eine Arbeits­er­laub­nis besit­zen kön­nen häu­fig nicht in dem Bereich tätig sein, für den sie aus­ge­bil­det wur­den. Dies liegt an den lang­jäh­ri­gen und restrik­ti­ven Aner­ken­nungs­pro­zes­sen aus­län­di­scher Schul‑, Aus­bil­dungs- und Stu­di­en­ab­schlüs­se. Hier braucht es ein Umden­ken und eine krea­ti­ve Struk­tur, um aus­län­di­sche Fach­kräf­te – zum Bei­spiel auch ohne Aus­bil­dungs­zer­ti­fi­kat – den Zugang zum Fach­kräf­te-Arbeits­markt zu gewähr­leis­ten. Bei­spiels­wei­se könn­te unter ande­rem die Indus­trie- und Han­dels­kam­mer (IHK), die Ärz­te­kam­mer oder zen­tra­le Stel­len des Bun­des Fach­kräf­te durch Pra­xis­prü­fun­gen aner­ken­nen. Gera­de im Hand­werk und im Gesund­heits- und Bil­dungs­be­reich wür­de dies nicht nur den geflüch­te­ten Men­schen zu Gute kom­men, son­dern auch dem Fach­kräf­te­man­gel in die­sen Berei­chen mas­siv entgegenwirken.

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