06.05.2024

Bei ihrem Bun­des­par­tei­tag vom 6.–8. Mai 2024 debat­tiert die CDU über ein neu­es Grund­satz­pro­gramm. Hier­zu gehört eine beson­ders gefähr­lich Pas­sa­ge, die einen Rück­zug Euro­pas aus dem welt­wei­ten Flücht­lings­schutz vor­sieht. Das wür­de das Leben flie­hen­der Men­schen noch mas­si­ver gefähr­den, gegen die Gen­fer Flücht­lings­kon­ven­ti­on ver­sto­ßen und Euro­pa in Abhän­gig­kei­ten von ande­ren Staa­ten bringen. 

„Der Vor­schlag, alle in Euro­pa schutz­su­chen­den Men­schen in Dritt­staa­ten abzu­schie­ben, ist völ­ker­rechts­wid­rig und brand­ge­fähr­lich. Die CDU wür­de sich mit die­sem Vor­stoß davon ver­ab­schie­den, eine Par­tei zu sein, die Men­schen­rech­te und Rechts­staat­lich­keit für alle Men­schen ach­tet. Die Gen­fer Flücht­lings­kon­ven­ti­on und das euro­päi­sche Men­schen­rechts­sys­tem sind Leh­ren aus den Ver­bre­chen des deut­schen Nazi-Regimes. Es ist ent­setz­lich geschichts­ver­ges­sen, die­se Errun­gen­schaf­ten aufs Spiel zu set­zen“, warnt Wieb­ke Judith, rechts­po­li­ti­sche Spre­che­rin von PRO ASYL.

Auch über 700 Theolog*innen appel­lie­ren an die CDU, das Recht auf Asyl im Ein­klang mit ihren christ­li­chen Wer­ten zu schüt­zen. Die Abschaf­fung des Asyl­rechts sei unchrist­lich, so der Auf­ruf der Bun­des­ar­beits­ge­mein­schaft Asyl in der Kirche.

Wört­lich heißt es in dem Pro­gramm­ent­wurf: „Jeder, der in Euro­pa Asyl bean­tragt, soll in einen siche­ren Dritt­staat über­führt wer­den und dort ein Ver­fah­ren durch­lau­fen. Im Fal­le eines posi­ti­ven Aus­gangs wird der siche­re Dritt­staat dem Antrag­stel­ler vor Ort Schutz gewäh­ren.“ Gleich­zei­tig bekennt sich die Par­tei in dem Pro­gramm klar zur Ach­tung der Wür­de des ein­zel­nen Men­schen, zu den Grund- und Men­schen­rech­ten sowie zum Rechts­staat. Auch die beson­de­re his­to­ri­sche Ver­ant­wor­tung Deutsch­lands im Kampf gegen Anti­se­mi­tis­mus, Ras­sis­mus und Men­schen­ver­ach­tung wird ange­spro­chen. Dies passt jedoch nicht zu dem „grund­le­gen­den Wan­del des euro­päi­schen Asyl­rechts“, mit dem das Asyl­recht in Euro­pa fak­tisch abge­schafft wer­den soll. Mit einer sol­chen Posi­ti­on wür­de die CDU einen fun­da­men­ta­len Kurs­wech­sel vor­neh­men: Men­schen, die vor Krieg und Ver­fol­gung flie­hen, könn­ten dann in Euro­pa kei­nen Schutz mehr bekommen.

Die Aus­la­ge­rung des Flücht­lings­schut­zes ist eine zum Schei­tern ver­ur­teil­te Idee

Eine Aus­la­ge­rung des Flücht­lings­schut­zes an Tran­sit- oder Dritt­staa­ten wird ent­ge­gen der Ver­spre­chen die Her­aus­for­de­run­gen deut­scher Kom­mu­nen nicht lösen, aber gra­vie­ren­de Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen, hohe Kos­ten und Auf­wand sowie Abhän­gig­kei­ten von Dritt­staa­ten ver­ur­sa­chen. PRO ASYL lehnt die Exter­na­li­sie­rung des Flücht­lings­schut­zes des­we­gen grund­sätz­lich ab.

Zudem fehlt in der Dis­kus­si­on die Per­spek­ti­ve von flie­hen­den Men­schen. Es wird ver­nach­läs­sigt, dass es für sie gute Grün­de gibt, die lebens­ge­fähr­li­che Flucht nach Euro­pa auf sich zu neh­men und dass auch wei­te­re Erschwer­nis­se sie nicht davon abhal­ten wer­den. Ent­spre­chen­de Stu­di­en zei­gen, dass Abschre­ckungs­ef­fek­te aus­blei­ben (sie­he Fak­ten gegen die Mythen des EU-Tür­kei-Deals).  Die Exter­na­li­sie­rung des Flücht­lings­schut­zes ist gera­de kein huma­ni­tä­res Gegen­mo­dell zum bestehen­den Flücht­lings­recht, son­dern kann zu noch töd­li­che­ren Rou­ten führen.

Die bis­he­ri­gen Ver­su­che, den Flücht­lings­schutz zu exter­na­li­sie­ren, soll­ten Mah­nung für die CDU sein, die­sen Weg nicht wei­ter zu ver­fol­gen. Sie zei­gen, dass ent­spre­chen­de Rück­füh­run­gen in Dritt­staa­ten kaum oder gar nicht funk­tio­nie­ren, die­se aber viel Leid bei den schutz­su­chen­den Men­schen ver­ur­sa­chen, das Asyl- und Auf­nah­me­sys­tem im eige­nen Land mas­siv beschä­di­gen und sehr kos­ten­in­ten­siv sind (sie­he News zum bri­ti­schen Deal mit Ruan­da).

Vor­schlag ver­stößt gegen die Gen­fer Flüchtlingskonvention

In der Gen­fer Flücht­lings­kon­ven­ti­on (GFK) ist nicht vor­ge­se­hen, dass ein Staat sei­ne Ver­ant­wor­tung für den Flücht­lings­schutz auf einen ande­ren Staat über­trägt. Statt­des­sen wird bereits in der Prä­am­bel der GFK die inter­na­tio­na­le Ver­ant­wor­tungs­tei­lung für den Flücht­lings­schutz betont, damit ein­zel­ne Staa­ten nicht über­las­tet wer­den. Vor­schlä­ge, alle in Euro­pa schutz­su­chen­den Men­schen in Län­der außer­halb der EU zu brin­gen, wider­spre­chen der Ver­pflich­tung zur inter­na­tio­na­len Ver­ant­wor­tungs­tei­lung und sind damit kon­trär zur GFK. Dies hat das UN-Flücht­lings­hilfs­werk auch bezüg­lich der Zusam­men­ar­beit des Ver­ei­nig­ten König­reichs mit Ruan­da festgestellt.

Alle Presse­mitteilungen