03.06.2011

PRO ASYL und der Hes­si­sche Flücht­lings­rat wer­den auf dem kom­men­den Hes­sen­tag vom 10. bis 19. Juni in Ober­ur­sel einen Con­tai­ner auf­stel­len, wie er vom Hoch­tau­nus­kreis für die Unter­brin­gung von Flücht­lin­gen ver­wen­det wird. In Ober­ur­sel steht das ein­zi­ge Con­tai­ner­la­ger für Flücht­lin­ge in ganz Hes­sen.  „Mit der Akti­on soll die men­schen­un­wür­di­ge Unter­brin­gungs­pra­xis von Flücht­lin­gen im Hoch­tau­nus­kreis ange­pran­gert wer­den“ erklär­te Tim­mo Sche­ren­berg, Geschäfts­füh­rer des Hes­si­schen Flücht­lings­ra­tes. „Der Hoch­tau­nus­kreis hat die höchs­te Quo­te an Lager­un­ter­brin­gung in ganz Hes­sen und gleich­zei­tig auch das schlech­tes­te und größ­te Lager in Hes­sen – eine Schan­de für einen der reichs­ten Land­krei­se Deutsch­lands.“
Flücht­lings­or­ga­ni­sa­tio­nen und –unter­stüt­zer vor Ort lau­fen seit lan­gem Sturm gegen das Lager, das Anfang der neun­zi­ger Jah­re als Pro­vi­so­ri­um auf­ge­stellt wor­den ist, sich dann aber als Dau­er­lö­sung eta­blier­te. In den letz­ten Jah­ren wur­den wegen der rück­läu­fi­gen Flücht­lings­zah­len diver­se Unter­künf­te im Hoch­tau­nus­kreis geschlos­sen, wäh­rend der Ver­tag für das Con­tai­ner­la­ger immer wie­der ver­län­gert wur­de. Bewoh­ne­rin­nen und Bewoh­ner der geschlos­se­nen Unter­künf­te muss­ten dort­hin umzie­hen. In der Koali­ti­ons­ver­ein­ba­rung zwi­schen SPD und CDU im Kreis­tag wur­de jetzt ver­ein­bart, dass das Con­tai­ner­la­ger geschlos­sen wer­den soll. „Dies muss jetzt auch zügig umge­setzt wer­den“ for­dert Tim­mo Sche­ren­berg. „Die Lager­un­ter­brin­gung war jah­re­lang aus­drück­lich poli­tisch gewollt. Was an ihre Stel­le tre­ten wird ist der­zeit noch unklar. Des­we­gen wol­len wir die Flücht­lings­un­ter­brin­gung auch wei­ter­hin auf dem Hes­sen­tag the­ma­ti­sie­ren. Die Men­schen müs­sen in Woh­nun­gen unter­ge­bracht wer­den“, so Sche­ren­berg.
Die Unter­brin­gung von Flücht­lin­gen im Hoch­tau­nus­kreis steht exem­pla­risch für die Aus­gren­zung von Flücht­lin­gen in Deutsch­land – ins­be­son­de­re durch das Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz, das für Flücht­lin­ge Sozi­al­leis­tun­gen vor­sieht, die etwa 40 Pro­zent unter dem Hartz-IV-Satz lie­gen. „Das Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz ist ver­fas­sungs­wid­rig. Es muss abge­schafft wer­den. Aus­gren­zung, Lager­un­ter­brin­gung und Leis­tun­gen weit unter­halb des Exis­tenz­mi­ni­mums sind Tei­le einer geziel­ten staat­li­chen Des­in­te­gra­ti­ons­po­li­tik gegen­über Flücht­lin­gen“, erläu­tert Gün­ter Burk­hardt, Geschäfts­füh­rer von PRO ASYL. Ins­ge­samt müs­sen mehr als 80.000 Men­schen in Deutsch­land mit den ver­min­der­ten Leis­tun­gen aus­kom­men. Durch ein ein­jäh­ri­ges Arbeits­ver­bot und einen vier­jäh­ri­gen nur nach­ran­gi­gen Zugang zum Arbeits­markt sind ihre Mög­lich­kei­ten beschränkt, selbst für ihren Lebens­un­ter­halt zu sor­gen.
Burk­hardt erklär­te abschlie­ßend in Frank­furt: „Wir appel­lie­ren an die poli­tisch Ver­ant­wort­li­chen, alle dis­kri­mi­nie­ren­den Son­der­ge­set­ze abzu­schaf­fen und Flücht­lin­ge vom ers­ten Tag an in die Gesell­schaft zu inte­grie­ren statt sie aus­zu­gren­zen. Dafür wol­len wir mit unse­rer Akti­on auf dem Hes­sen­tag ein Zei­chen setzen.“

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