29.06.2022

Lan­des­flücht­lings­rä­te und PRO ASYL begrü­ßen, dass die spa­ni­sche Jus­tiz die bru­ta­le Gewalt gegen Schutz­su­chen­de an der Gren­ze zur spa­ni­schen Exkla­ve Mel­il­la unter­su­chen will. Die Orga­ni­sa­tio­nen ver­ur­tei­len die Gewalt­es­ka­la­ti­on der Grenz­kräf­te und Ver­harm­lo­sung durch den spa­ni­schen Regie­rungs­chef San­chez und EU-Rats­prä­si­dent Charles Michel aufs Schärfs­te – und for­dern von der Bun­des­re­gie­rung, dies eben­falls zu verurteilen.

Nach­dem Grenz­kräf­te an den euro­päi­schen Außen­gren­zen in Mel­il­la auf Schutz­su­chen­de ein­ge­prü­gelt haben, Hun­der­te schwer ver­letzt zurück­lie­ßen und  dabei min­des­tens 23 Men­schen zu Tode kamen, erklärt Karl Kopp, Lei­ter der Euro­pa-Abtei­lung bei PRO ASYL: „Nicht nur ist die Gewalt, mit der die Grenz­kräf­te in Mel­il­la gegen Schwar­ze Men­schen auf der Flucht vor­ge­gan­gen sind, völ­lig außer Kon­trol­le gera­ten. Auch die poli­ti­schen Reak­tio­nen sind außer Kon­trol­le: Sie zei­gen die Men­schen­ver­ach­tung, die Ver­ant­wort­li­che nut­zen, um das Gesche­he­ne zu legi­ti­mie­ren. In Mel­il­la fal­len die letz­ten Tabus in der euro­päi­schen Abwehr­po­li­tik. Das Recht auf Leben und auf Schutz sowie die Men­schen­wür­de lösen sich auf.“ So lob­te der spa­ni­sche Minis­ter­prä­si­dent San­chez das Vor­ge­hen der Sicher­heits­kräf­te, und  EU-Rats­prä­si­dent Charles Michel sag­te den spa­ni­schen Behör­den sei­ne vol­le Unter­stüt­zung zu.

Töd­li­ches Grenzregime

Es ist wich­tig, dass zumin­dest die spa­ni­sche Jus­tiz zu erken­nen scheint, dass hier die Men­schen- und Grund­rech­te der Schutz­su­chen­den ver­letzt wur­den. Auch meh­re­re UN-Orga­ni­sa­tio­nen und die Afri­ka­ni­sche Uni­on hat­ten eine Unter­su­chung gefor­dert. Doch das reicht nicht. Von der Bun­des­re­gie­rung for­dern Lan­des­flücht­lings­rä­te und PRO ASYL eine deut­li­che Ver­ur­tei­lung der Bru­ta­li­tät an der Gren­ze und eine kla­re Posi­tio­nie­rung gegen die­ses töd­li­che euro­päi­sche Grenz­re­gime. Karl Kopp dazu: „Von einer Bun­des­re­gie­rung, die nach eige­nen Aus­sa­gen das Leid und den Tod an den Außen­gren­zen been­den will, erwar­ten wir eine kla­re Ver­ur­tei­lung die­ser Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen. Zudem muss sie sich dafür ein­set­zen, die töd­li­che EU-Koope­ra­ti­on mit Marok­ko bei der Grenz­ab­wehr zu been­den. Die Nor­ma­li­sie­rung von Gewalt gegen Geflüch­te­te an den EU-Außen­gren­zen muss ein Ende finden.“

Die Eska­la­ti­on am Wochen­en­de reiht sich ein in die mas­si­ve Gewalt gegen Schutz­su­chen­de an den EU-Außen­gren­zen – und muss doch end­lich eine Zäsur dar­stel­len! „Man liest die­ser Tage von ‚erneu­ter‘ oder ‚wie­der­hol­ter‘ Gewalt. Die For­mu­lie­run­gen tref­fen zu und baga­tel­li­sie­ren doch den in Kauf genom­me­nen Tod von Schutz­su­chen­den. Sie wer­den seit Jah­ren vor aller Augen im Mit­tel­meer, bei ille­ga­len Push­backs, in pol­ni­schen Wäl­dern und an nahe­zu allen ande­ren Außen­gren­zen der EU töd­li­chen Gefah­ren aus­ge­setzt. Das Ver­prü­geln von Schwer­ver­letz­ten ist aber zwei­fels­oh­ne eine neue Stu­fe der Bar­ba­rei, vor allem, wenn die­se von poli­tisch Ver­ant­wort­li­chen gelobt wird“, so Dave Schmidt­ke, Pres­se­spre­cher des Säch­si­schen Flüchtlingsrats.

Geschei­ter­te Asylpolitik

Dabei ist die Lage im marok­ka­ni­schen Nador und der spa­ni­schen Enkla­ve Mel­il­la seit Jah­ren kom­pri­mier­tes Sinn­bild einer geschei­ter­ten Asyl­po­li­tik der EU. Frus­triert, erschöpft und am Exis­tenz­mi­ni­mum war­ten Schutz­su­chen­de dort jah­re­lang auf die Mög­lich­keit, in Euro­pa Schutz zu bean­tra­gen – meist ohne Erfolg. Längst stellt sich nicht mehr die Fra­ge, „ob“ Schutz­su­chen­de dar­an gehin­dert wer­den, ihr Recht auf Asyl­an­trags­stel­lung wahr­zu­neh­men, son­dern nur noch, auf wel­che unmensch­li­che Art und Wei­se. Auch die jüngs­te Medi­en­be­rich­te zu Grie­chen­lands Vor­ge­hen, Flüch­ten­de dazu zu miss­brau­chen, sich an Push­backs gegen Flüch­ten­de zu betei­li­gen, zei­gen eine wei­te­re Stu­fe der Perfidität.

Zur Infor­ma­ti­on:
PRO ASYL, der Hes­si­sche Flücht­lings­rat und See­brü­cke Frank­furt rufen zur Demons­tra­ti­on gegen das bru­ta­le Vor­ge­hen der Grenz­be­am­ten in Mel­il­la und Nador auf: am Frei­tag, 1. Juli, 17 Uhr vor dem marok­ka­ni­schen Gene­ral­kon­su­lat in der Ost­park­stra­ße 35, 60385 Frankfurt.

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