06.07.2017

PRO ASYL for­dert: Flücht­lin­ge und Ita­li­en nicht im Stich lassen

Ange­sichts der sich zuspit­zen­den Lage der Flücht­lin­ge in Ita­li­en for­dert PRO ASYL die deut­sche Regie­rung wie auch die ande­ren EU-Staa­ten auf, die Men­schen­wür­de der Flücht­lin­ge zu schüt­zen und ihnen zur Sei­te zu ste­hen. PRO ASYL for­dert von Deutsch­land die Über­nah­me von Flücht­lin­gen aus Ita­li­en. »Hier ste­hen Unter­künf­te leer, dort leben Men­schen auf der Stra­ße. Aus Ita­li­en muss die Aus­rei­se in Staa­ten wie Deutsch­land ermög­licht werden.«

»Es ist absurd, dass in die­ser Situa­ti­on Deutsch­land noch prüft, Flücht­lin­ge nach Ita­li­en zurück­schi­cken zu kön­nen. Alle Dub­lin Über­stel­lun­gen nach Ita­li­en müs­sen in die­ser Situa­ti­on gestoppt wer­den«, for­dert Gün­ter Burk­hardt, Geschäfts­füh­rer von PRO ASYL. Die Lebens­si­tua­ti­on vie­ler aner­kann­ter Flücht­lin­ge ist in Ita­li­en men­schen­un­wür­dig. Sie möch­ten in ande­ren EU-Staa­ten Schutz und eine Lebens­per­spek­ti­ve fin­den. PRO ASYL begrüßt die Ent­schei­dung des Ver­wal­tungs­ge­richts Han­no­ver, einen in Ita­li­en aner­kann­ten Syrer vor­erst nicht abzu­schie­ben. Das BVerwG hat­te mit Beschluss vom 27.06.2017 (1 C 26.16) den EUGH ange­ru­fen, um eine Beur­tei­lung dar­über abzu­ge­ben, ob die Aus­ge­stal­tung der Lebens­be­din­gun­gen für aner­kann­te Flücht­lin­ge in Ita­li­en einen Ver­stoß gegen Art. 20 ff der Qua­li­fi­ka­ti­ons­richt­li­nie, Art. 4 der Char­ta der Grund­rech­te der EU  und Art. 3 der Euro­päi­schen Men­schen­rechts­kon­ven­ti­on darstellt.

PRO ASYL wirft der EU vor, jeg­li­che Maß­nah­me zu ergrei­fen, um Flücht­lin­ge an der Flucht zu hin­dern. Auch der ges­tern vor­ge­leg­te Akti­ons­plan der EU-Kom­mis­si­on ist ein Pro­gramm zur Flücht­lings­ab­wehr. Der wei­te­re Aus­bau der Koope­ra­ti­on mit Liby­en ist wider­wär­tig. Anstatt Men­schen in See­not zu ret­ten, wer­den nun aus See­not Geret­te­te in men­schen­un­wür­di­ge Zustän­de zurück­ver­frach­tet. Die Flucht­we­ge wer­den ver­län­gert. Die ehren­wer­te Arbeit der pri­va­ten See­not­ret­tungs­or­ga­ni­sa­tio­nen wird behin­dert. PRO ASYL for­dert: Flücht­lin­ge müs­sen im nächst­ge­le­ge­nen siche­ren Hafen an Land gebracht wer­den. Das ist in der Regel Mal­ta oder das ita­lie­ni­sche Lam­pe­du­sa und von dort aus müs­sen sie in ande­re EU-Staa­ten wei­ter­rei­sen können.

Auch die For­de­rung der EU-Kom­mis­si­on, die Anstren­gun­gen zur Umver­tei­lung inner­halb Euro­pas müss­ten beschleu­nigt wer­den, ist weit ent­fernt von einem soli­da­ri­schen euro­päi­schen Ansatz. Relo­ca­ti­on ist ein unge­eig­ne­tes Instru­ment, um fai­re Asyl­ver­fah­ren für Men­schen aus allen Her­kunfts­län­dern in der EU zu garan­tie­ren. Nur Flücht­lin­ge aus Syri­en, Eri­trea, Jemen und weni­gen gegen­wär­tig nicht flücht­lings­po­li­tisch rele­van­ten Staa­ten wie z.B. Bah­rain, Gre­na­da und Gua­te­ma­la fal­len über­haupt unter die Relo­ca­ti­on-Rege­lung. Zudem hält die EU die Zusa­gen nicht ein: Anstatt, wie ver­spro­chen, Ita­li­en durch die Auf­nah­me von 35.000 Men­schen zu ent­las­ten, wur­den nur rund 7.000 umge­sie­delt. Deutsch­land hat bis zum 3. Juli 2017 ledig­lich 2.947 Flücht­lin­ge aus Ita­li­en über das Relo­ca­ti­on-Pro­gramm auf­ge­nom­men, 3.712 aus Grie­chen­land – bei einem Anteil von ins­ge­samt 27.536 Auf­nah­me­plät­zen, der auf Deutsch­land entfiele.

Anstatt zu hel­fen berät die EU Maß­nah­men wie sie noch stär­ker als bis­her den EU-Erst­ein­rei­se­staa­ten die Ver­ant­wor­tung für den Flücht­lings­schutz auf­bür­den kann. Der öster­rei­chi­sche Außen­mi­nis­ter Kurz plant sogar die Gren­ze nach Ita­li­en mit Hil­fe von Sol­da­ten zu kon­trol­lie­ren. Nach der ver­han­del­ten Dub­lin-IV Rege­lung sol­len die Erst­ein­rei­se­staa­ten ohne jeg­li­che zeit­li­che Befris­tung für die Asyl­su­chen­den zustän­dig blei­ben. Bis­her ging in der Regel nach 6 Mona­ten die Ver­ant­wor­tung auf das Land des Auf­ent­halts über. Im ers­ten Quar­tal 2017 gab es 6.743 Über­nah­me­ersu­chen an Ita­li­en (40% aller Über­nah­me­ersu­chen) und 5.642 Zustim­mun­gen. 371 Über­stel­lun­gen aus Deutsch­land  nach Ita­li­en wur­den tat­säch­lich durch­ge­führt. Kommt Dub­lin-IV, wer­den ohne jeg­li­che zeit­li­che Befris­tung Abschie­bun­gen mög­lich sein. Dar­aus folgt, dass sich auf Dau­er kein EU-Land zustän­dig sehen wird, den Schutz­be­darf zu prü­fen und Asyl­ver­fah­ren fair ent­spre­chend den Stan­dards des Flücht­lings­rechts durzuführen.

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