24.06.2021

Die Regie­rungs­par­tei­en wol­len der Bun­des­po­li­zei mehr Befug­nis­se bei Abschie­bun­gen ein­räu­men. Am 25. Juni stimmt der Bun­des­rat dar­über ab. Doch es steht zu befürch­ten, dass die Geset­zes­no­vel­le zu einem undurch­schau­ba­ren Kom­pe­tenz-Geran­gel zwi­schen ver­schie­de­nen Behör­den führt – auf dem Rücken betrof­fe­ner Ausländer*innen

Am mor­gi­gen Frei­tag stimmt der Bun­des­rat über den Gesetz­ent­wurf „zur Moder­ni­sie­rung der Rechts­grund­la­gen der Bun­des­po­li­zei“ ab. PRO ASYL lehnt Arti­kel 3 der Novel­le ab, da die­ser zu will­kür­lich wech­seln­den Zustän­dig­kei­ten zwi­schen deut­schen Behör­den und Beamt*innen füh­ren wür­de. Die Men­schen­rechts­or­ga­ni­sa­ti­on befürch­tet, dass dadurch Rechts­un­si­cher­heit ent­steht und appel­liert an die Bun­des­län­der, für eine Strei­chung des Arti­kel 3 einzutreten.

In die­sem Arti­kel wer­den die Zustän­dig­kei­ten der Bun­des­po­li­zei für auf­ent­halts­be­en­den­de Maß­nah­men aus­ge­wei­tet. So soll sich die Zustän­dig­keit allein aus einem zufäl­li­gen Auf­griff im Zustän­dig­keits­ge­biet der Bun­des­po­li­zei erge­ben – also zum Bei­spiel, wenn Polizist*innen Men­schen auf­grund ihrer äuße­ren Erschei­nung anlass­los in Zügen kon­trol­lie­ren. Dadurch ist zu befürch­ten, dass die dis­kri­mi­nie­ren­de Pra­xis des racial pro­fil­ing von­sei­ten der Poli­zei zuneh­men wird. Sind unter den zufäl­lig Kon­trol­lier­ten aus­rei­se­pflich­ti­ge Men­schen (deren Abschie­bung nicht aus­ge­setzt ist oder, nach Ein­schät­zung der Bun­des­po­li­zei, inner­halb von sechs Mona­ten durch­führ­bar ist), soll künf­tig die Bun­des­po­li­zei zustän­dig sein. Das ist nach Ansicht von PRO ASYL nicht sach­ge­recht, da die jewei­li­gen Aus­län­der­be­hör­den, die bis­lang zustän­dig sind, bes­ser mit den betref­fen­den Fäl­len ver­traut sind. Unter Umstän­den befin­den sie sich in einer aktu­el­len Prü­fung recht­li­cher Abschie­bungs­hin­der­nis­se oder berei­ten die Lega­li­sie­rung des Auf­ent­halts vor.

Mehr­fa­cher Zustän­dig­keits­wech­sel: Von der Aus­län­der­be­hör­de zur Bun­des­po­li­zei und zurück

So bleibt es die Aus­län­der­be­hör­de, die nach einer Hei­rat oder im Anschluss an eine Aus­bil­dungs­dul­dung die Fra­ge der Ertei­lung einer Auf­ent­halts­er­laub­nis bear­bei­tet. Es besteht also die Gefahr, dass die Bun­des­po­li­zei Abschie­bun­gen for­ciert, obwohl die Ertei­lung einer Auf­ent­halts­er­laub­nis mög­lich oder gebo­ten wäre. Zwar soll in sol­chen Fäl­len die Zustän­dig­keit wie­der auf die Aus­län­der­be­hör­de zurück­ge­hen – doch die­ses Hin- und Her dürf­te sowohl für die betrof­fe­nen Ausländer*innen als auch für die invol­vier­ten Beamt*innen chao­tisch sein und ist höchst fragwürdig.

Tritt das Gesetz in Kraft, wäre ein ver­wir­ren­des Zustän­dig­keits­rou­lette die Fol­ge – dabei soll genau das ver­hin­dert wer­den. Es bleibt schlei­er­haft, wie CDU/ CSU und SPD mit dem Gesetz­ent­wurf „zustän­dig­keits­be­ding­te Brü­che im Bear­bei­tungs­pro­zess“ ver­mei­den wol­len. PRO ASYL-Rechts­exper­te Peter von Auer sagt: „Wir gehen davon aus, dass der Gesetz­ent­wurf tat­säch­lich zu mehr anstatt weni­ger der­ar­ti­ger Brü­che füh­ren wird. Das Kri­te­ri­um für die Zustän­dig­keits­ab­gren­zung, ob eine Abschie­bung bin­nen sechs Mona­ten durch­führ­bar sein wird oder nicht, ist denk­bar unscharf und wird zu Unklar­hei­ten oder Strei­tig­kei­ten über Zustän­dig­kei­ten führen.“

PRO ASYL appel­liert an die Län­der, die­sem Gesetz wie auch dem Gesetz zum Aus­län­der­zen­tral­re­gis­ter in der mor­gi­gen Bun­des­rats­sit­zung nicht zuzu­stim­men.

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