14.09.2023

Auch drei Mona­te nach einem der töd­lichs­ten Schiffs­un­glü­cke im Mit­tel­meer wur­de in Grie­chen­land kei­ne ernst­zu­neh­men­de Unter­su­chung ein­ge­lei­tet. 40 Über­le­ben­de haben des­halb ges­tern Beschwer­de beim zustän­di­gen See­ge­richt von Pirä­us ein­ge­reicht. Sie for­dern, dass die Vor­wür­fe gegen die grie­chi­sche Küs­ten­wa­che lücken­los auf­ge­klärt und die Ver­ant­wort­li­chen zur Rechen­schaft gezo­gen wer­den. Meh­re­re der Über­le­ben­den wer­den von der grie­chi­schen Part­ner­or­ga­ni­sa­ti­on von PRO ASYL, Refu­gee Sup­port Aege­an (RSA), vertreten.

In der Nacht zum 14. Juni 2023 ken­ter­te vor der grie­chi­schen Hafen­stadt Pylos ein see­un­taug­li­ches Flücht­lings­boot, das zu die­sem Zeit­punkt seit 15 Stun­den unter Beob­ach­tung von Fron­tex und der grie­chi­schen Küs­ten­wa­che war. Schät­zungs­wei­se mehr als 600 Men­schen kamen ums Leben.

Die Über­le­ben­den bekla­gen, dass nicht nur die erfor­der­li­chen Ret­tungs­maß­nah­men unter­las­sen wur­den, als die lebens­be­droh­li­che Situa­ti­on für die Men­schen auf dem über­füll­ten Traw­ler längst offen­sicht­lich war, son­dern dass die grie­chi­sche Küs­ten­wa­che statt­des­sen einen Schlepp­ver­such unter­nahm und womög­lich dadurch das Schiff zum Ken­tern brachte.

„Was pas­siert ist, war nichts ande­res als ein bru­ta­les Mas­sa­ker. Wir for­dern eine inter­na­tio­na­le Ver­ur­tei­lung und dass die Täter der grie­chi­schen Küs­ten­wa­che und all jene, die es ver­säumt haben, uns zu ret­ten, dafür zur Rechen­schaft gezo­gen wer­den. Wir wol­len Gerech­tig­keit für alle Opfer auf dem Boot“, sagt Hasan Al Jalam, ein syri­scher Über­le­ben­der der Kata­stro­phe, der sich inzwi­schen in Deutsch­land im Asyl­ver­fah­ren befin­det und von PRO ASYL unter­stützt wird.

„Die Kata­stro­phe vor Pylos war kein Unfall, son­dern eine men­schen­ge­mach­te Tra­gö­die. Und wie­der ein­mal sehen wir, dass Grie­chen­land offen­sicht­lich nicht bereit ist, die Vor­gän­ge auf­zu­klä­ren. Die Kul­tur der Straf­lo­sig­keit muss durch­bro­chen wer­den, das orga­ni­sier­te Ster­ben­las­sen muss ein Ende haben“, sagt Karl Kopp, Spre­cher von PRO ASYL.

Aus­blei­ben­de See­not­ret­tung ver­stößt gegen natio­na­les und inter­na­tio­na­les Recht

Nach natio­na­ler und inter­na­tio­na­ler Rechts­la­ge wären die grie­chi­schen Behör­den ver­pflich­tet gewe­sen, die Men­schen an Bord zu ret­ten. Die See­not­ret­tungs­maß­nah­men blie­ben aber aus, nicht ein­mal Ret­tungs­wes­ten wur­den ver­teilt. Statt­des­sen hat die grie­chi­sche Küs­ten­wa­che laut Aus­sa­gen von Über­le­ben­den einen Schlepp­ver­such durch­ge­führt, der ähn­lich wie schon ein­mal im Jahr 2014  bei einem ver­mut­li­chen Push­back-Ver­such  der Küs­ten­wa­che vor der grie­chi­schen Insel Farm­a­ko­ni­si miss­lang. 2022 ver­ur­teil­te der Euro­päi­sche Gerichts­hof für Men­schen­rech­te (EGMR) Grie­chen­land bereits für die unge­nü­gen­den See­not­ret­tungs­maß­nah­men im Farm­a­ko­ni­si-Fall und die anschlie­ßen­de man­gel­haf­te Auf­ar­bei­tung der Vor­gän­ge, bei denen acht Kin­der und drei Frau­en starben.

Die­ses Mal haben die grie­chi­schen Behör­den zwar eine Unter­su­chung ange­kün­digt und das See­ge­richt von Pirä­us hat eine Vor­un­ter­su­chung ein­ge­lei­tet. Den­noch ist drei Mona­te nach dem Ereig­nis kei­ner der Über­le­ben­den auf­ge­for­dert wor­den, als Zeu­ge zu den Umstän­den des Schiff­bruchs aus­zu­sa­gen und Bewei­se vor­zu­le­gen – so der Kennt­nis­stand der die Klä­ger unter­stüt­zen­den Organisationen.

Wei­ter­ge­hen­de Informationen

Die Über­le­ben­den wer­den bei der Kla­ge durch ein Netz­werk an Orga­ni­sa­tio­nen vertreten:

  • Refu­gee Sup­port Aege­an (RSA), Part­ner­or­ga­ni­sa­ti­on von PRO ASYL
  • Net­work for Refu­gee and Migrant Rights
  • Hel­le­nic League for Human Rights (HLHR)
  • Greek Coun­cil for Refu­gees (GCR)
  • Initia­ti­ve of Lawy­ers and Jurists for the ship­w­reck of Pylos

PRO ASYL hat die Über­le­ben­den mit Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen in Deutsch­land dabei unter­stützt, in Deutsch­land auf­ge­nom­men zu wer­den. Sie befin­den sich inzwi­schen im Asyl­ver­fah­ren, in dem sie wei­ter von PRO ASYL beglei­tet werden.

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