25.06.2009

Den Roma aus dem Koso­vo droht die Abschiebung

Heu­te Debat­te im Innen­aus­schuss des Hes­si­schen Landtages

In gro­ßer Zahl wer­den seit Wochen Roma­flücht­lin­ge aus dem Koso­vo auf­ge­for­dert, Deutsch­land „frei­wil­lig“ zu ver­las­sen. Tun sie das nicht, dann droht ihnen die Abschie­bung. Nach meh­re­ren Ver­hand­lungs­run­den zwi­schen deut­schen und koso­va­ri­schen Behör­den­ver­tre­tern über den Abschluss eines Über­nah­me­ab­kom­mens hat sich die koso­va­ri­sche Sei­te ein­ver­stan­den erklärt, Rück­über­nah­me­ersu­chen für alle aus­rei­se­pflich­ti­gen Per­so­nen zu behan­deln – und auf die Fra­ge der Volks­zu­ge­hö­rig­keit dabei kei­ne Rück­sicht mehr zu neh­men. Damit kön­nen – so auch der Klar­text aus ver­schie­de­nen Län­der­in­nen­mi­nis­te­ri­en – Roma ab sofort abge­scho­ben werden.

PRO ASYL kri­ti­siert die beab­sich­tig­ten Abschie­bun­gen als unver­ant­wort­lich. Die Vor­ge­hens­wei­se steht in ekla­tan­tem Wider­spruch zur tat­säch­li­chen Situa­ti­on der Roma im Koso­vo. „Wer heu­te Roma dort­hin abschiebt, der weiß: Sie lan­den fast aus­nahms­los in den Slums oder auf der Müll­kip­pe“, so PRO ASYL-Refe­rent Bernd Meso­vic. Roma sind im Koso­vo wei­ter­hin Opfer mas­si­ver Dis­kri­mi­nie­rung. Ihr Zugang zu ele­men­ta­ren Lebens­chan­cen ist damit fak­tisch ver­hin­dert. Eine Viel­zahl von Men­schen­rechts­or­ga­ni­sa­tio­nen kommt hier zu dem­sel­ben Ergeb­nis wie die Euro­päi­sche Kom­mis­si­on in ihrem Fort­schritts­be­richt zum Koso­vo vom Novem­ber 2008. Das Schick­sal der Roma, die bereits 1999 ver­trie­ben wor­den sind und zum Teil bis heu­te in gesund­heits­ge­fähr­den­den blei­be­las­te­ten Lagern oder men­schen­un­wür­di­gen Behau­sun­gen leben, zeigt das Aus­maß des durch Aus­gren­zung ver­ur­sach­ten Elends. Wie­der ein­mal sind die Roma die ver­ges­se­nen Opfer eines Kon­flik­tes, den sie nicht zu ver­ant­wor­ten hatten.

Im Hes­si­schen Land­tag wird heu­te über einen Antrag zum Auf­ent­halts­sta­tus für die nach Deutsch­land geflüch­te­ten Roma bera­ten. Bis eine künf­ti­ge Blei­be­rechts­re­ge­lung für die­sen Per­so­nen­kreis durch die Innen­mi­nis­ter­kon­fe­renz gefun­den ist, sol­len wenigs­tens die Dul­dun­gen der Betrof­fe­nen bis auf wei­te­res ver­län­gert wer­den, so der Kern des Antra­ges. Die nächs­te Innen­mi­nis­ter­kon­fe­renz aller­dings tagt tur­nus­mä­ßig erst im Dezem­ber, nach­dem sie sich bei ihrer Sit­zung vor weni­gen Wochen dem Anlie­gen vie­ler Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­tio­nen ver­schlos­sen hat, den Koso­vo-Roma ein siche­res Auf­ent­halts­recht zu geben.

Ange­sichts einer Arbeits­lo­sig­keit unter den Roma im Koso­vo, die deut­lich über 90 Pro­zent liegt, ist es Abge­scho­be­nen fast aus­nahms­los unmög­lich, ihre Exis­tenz zu sichern. Vie­le der von Abschie­bung Bedroh­ten sind hier auf­ge­wach­sen oder gebo­ren. Ihre Hei­mat ist Deutschland.

Noch im Novem­ber 2008 hat der ers­te Roma-Kon­gress der Euro­päi­schen Uni­on in Brüs­sel das Recht der Roma in Euro­pa bekräf­tigt, ein Leben ohne Dis­kri­mi­nie­rung zu füh­ren. Jetzt sol­len Roma dahin abge­scho­ben wer­den, wo ihre Dis­kri­mi­nie­rung exis­tenz­be­dro­hen­de Aus­ma­ße hat. Ange­sichts der his­to­ri­schen Ver­ant­wor­tung, die Deutsch­land für die Ermor­dung Hun­dert­tau­sen­der Sin­ti und Roma wäh­rend des Natio­nal­so­zia­lis­mus trägt, ist jede Roma-Abschie­bung in den Koso­vo ein Aus­druck von Zynis­mus und Geschichtsvergessenheit.

gez. Gün­ter Burkhardt

Geschäfts­füh­rer von PRO ASYL

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