20.09.2023

Zum Welt­kin­der­tag for­dern PRO ASYL und ein Bünd­nis aus Kin­der­rechts- und Men­schen­rechts­or­ga­ni­sa­tio­nen die Bun­des­re­gie­rung auf, die im Koali­ti­ons­ver­trag ver­spro­che­nen Ver­bes­se­run­gen beim Fami­li­en­nach­zug umzu­set­zen. Tau­sen­de nach Deutsch­land geflüch­te­te Kin­der leben getrennt von einem oder bei­den Eltern­tei­len oder von ihren Geschwis­tern; Eltern leben getrennt von ihren Kin­dern oder Ehepartner*innen. Dabei haben sie ein Recht auf Fami­li­en­nach­zug, aber gesetz­li­che und büro­kra­ti­sche Hür­den ver­hin­dern immer noch die Umsetzung.

Geflüch­te­te Kin­der und ihre Fami­li­en war­ten nun seit knapp zwei Jah­ren dar­auf, dass die aktu­el­le Bun­des­re­gie­rung ihrem Recht auf Fami­lie und ihren damit ver­bun­de­nen Kin­der­rech­ten end­lich Prio­ri­tät ein­räumt. Für Zehn­tau­sen­de von ihnen war die Ankün­di­gung im Koali­ti­ons­ver­trag, den Fami­li­en­nach­zug zu Schutz­be­rech­tig­ten zu erleich­tern, der letz­te Hoff­nungs­schim­mer. Getan hat sich seit­dem nichts.

Die unter­zeich­nen­den Orga­ni­sa­tio­nen, dar­un­ter PRO ASYL, terre des hom­mes, Brot für die Welt, Dia­ko­nie Deutsch­land, der Pari­tä­ti­sche Gesamt­ver­band, Cari­tas Deutsch­land, AWO Bun­des­ver­band, Amnes­ty Inter­na­tio­nal und das Netz­werk deut­scher Men­schen­rechts­or­ga­ni­sa­tio­nen FORUM MENSCHENRECHTE, kri­ti­sie­ren in dem gemein­sa­men State­ment „Kin­der und ihre Fami­li­en kön­nen nicht län­ger war­ten – Recht auf Fami­li­en­nach­zug jetzt umset­zen!“:

  • die Ein­schrän­kun­gen des Fami­li­en­nach­zugs von sub­si­di­är Schutz­be­rech­ti­gen (also von zum Bei­spiel syri­schen Bürgerkriegsflüchtlingen),
  • die feh­len­de Mög­lich­keit, Geschwis­ter­kin­der nachzuholen,
  • sowie die jah­re­lang andau­ern­den Familiennachzugsverfahren.

„Das jah­re­lan­ge War­ten muss ein Ende haben. Die Miss­stän­de beim Fami­li­en­nach­zug ver­sto­ßen gegen men­schen­recht­li­che Ver­pflich­tun­gen und müs­sen drin­gen beho­ben wer­den. Die Bun­des­re­gie­rung muss dem Grund­recht von geflüch­te­ten Kin­dern auf Fami­li­en­le­ben end­lich Prio­ri­tät ein­räu­men. Die Fami­lie zusam­men zu haben hilft auch, sich in Deutsch­land ein­zu­fin­den und sich zu unter­stüt­zen. Die jah­re­lan­gen Visa­ver­fah­ren sind eine abso­lu­te Inte­gra­ti­ons­brem­se“, sagt Wieb­ke Judith, rechts­po­li­ti­sche Spre­che­rin von PRO ASYL.

Die dra­ma­ti­schen Aus­wir­kun­gen der Miss­stän­de beim Fami­li­en­nach­zug ver­deut­li­chen sich aktu­ell beson­ders bei in Deutsch­land aner­kann­ten Afghan*innen. Ihre Fami­li­en­mit­glie­der sind gezwun­gen außer­halb Afgha­ni­stans bei deut­schen Bot­schaf­ten ein Visum zum Fami­li­en­nach­zug zu bean­tra­gen. Bei der deut­schen Bot­schaft in Paki­stan beträgt die der­zei­ti­ge War­te­zeit auf einen sol­chen Ter­min aber über zwei Jah­re. Die Not­wen­dig­kei­ten in ein Dritt­land zu rei­sen, dafür ein Visum zu erhal­ten und dort dann den Lebens­un­ter­halt zu bestrei­ten sind für die Fami­li­en gro­ße Hür­den, die mit vie­len Gefah­ren ein­her­ge­hen. Ist der Antrag end­lich gestellt, dau­ert es in der Regel noch­mal vie­le Mona­te bis das Visum zum Fami­li­en­nach­zug erteilt wird und die jah­re­lan­ge Tren­nung end­lich enden kann.

Ver­spre­chen im Koalitionsvertrag

Die Bun­des­re­gie­rung hat­te im Koali­ti­ons­ver­trag von 2021 ange­kün­digt, eini­ge der Ein­schrän­kun­gen beim Fami­li­en­nach­zug aufzuheben:

Wir wol­len die Visa­ver­ga­be beschleu­ni­gen und ver­stärkt digi­ta­li­sie­ren. […] Wir wer­den die Fami­li­en­zu­sam­men­füh­rung zu sub­si­di­är Geschütz­ten mit den GFK-Flücht­lin­gen gleich­stel­len. Wir wer­den beim berech­tig­ten Eltern­nach­zug zu unbe­glei­te­ten Min­der­jäh­ri­gen die min­der­jäh­ri­gen Geschwis­ter nicht zurück­las­sen. Zum Ehe­part­ner oder zur Ehe­part­ne­rin nach­zie­hen­de Per­so­nen kön­nen den erfor­der­li­chen Sprach­nach­weis auch erst unver­züg­lich nach ihrer Ankunft erbrin­gen.“ (Sei­ten 138, 140)

Fast zwei Jah­re nach Ver­ab­schie­dung des Koali­ti­ons­ver­trags steht die Umset­zung die­ser Ver­spre­chen wei­ter­hin aus. Wäh­rend ande­re Vor­ha­ben im Bereich Migra­ti­on und Flucht umge­setzt wur­den, wie die Erleich­te­rung des Fami­li­en­nach­zugs zu Fach­kräf­ten, wer­den die auf­grund von Flucht und Ver­fol­gung getrenn­ten Fami­li­en bis­her im Stich gelas­sen. Bereits vor einem Jahr haben über 20 Bun­des­or­ga­ni­sa­tio­nen in einem gemein­sa­men Appell zum Welt­kin­der­tag 2022 die unver­züg­li­chen Umset­zung des Koali­ti­ons­ver­trags gefor­dert. PRO ASYL und terre des hom­mes haben zudem die Kam­pa­gne #Ver­giss­Mein­Nicht ins Leben gerufen.

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