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Zum Tode von Rupert Neudeck

Rupert Neudeck, der Gründer von Cap Anamur, ist tot. Viele Flüchtlinge verdanken seiner Initiative zur Rettung von Boat-People aus Indochina ihr Leben.
Ihm gelang es, die Politik davon zu überzeugen, dass das Sterben von Menschen auf Hoher See ein unerträgliches Faktum ist, dass die Selbstverständlichkeit zu retten, wo Rettung möglich ist, auch gegen politische Widerstände und Gleichgültigkeit erkämpft werden muss. Es gelang ihm, nicht nur zu retten, sondern auch die Aufnahme der Geretteten als Kontingentflüchtlinge zum Programm zu machen. Tausende von indochinesischen Kontingentflüchtlingen und ihre Nachkommen sind längst selbstverständlicher Bestandteil unserer Gesellschaft.
Die Todesnachricht erreicht uns zu einer Zeit, wo das Sterbenlassen auf dem Meer erneut zum Alltag wird, die politische organisierte Verantwortungslosigkeit politisches Handeln prägt und denen, die helfen, entgegengehalten wird, sie schüfen nur zusätzliche Anreize für gefährliche Fluchten.
Aber, wo die Gefahr ist, wächst das Rettende auch – solange es Menschen gibt, die Rupert Neudecks Vermächtnis, zu retten, wo zu retten ist, weitertragen. Es gibt inzwischen mehrere spontan gegründete Initiativen, die Flüchtlinge auf dem Mittelmeer aus Seenot retten und Tausende von Unterstützer*innen, denen die Position der bloßen Beobachter*innen von Schiffbrüchen unerträglich ist. „Nicht mehr nur zuschauen“, das war auch die Grundhaltung von Rupert Neudeck und ist die seiner Mitstreiter*innen, mit der aus einem „Schiff für Vietnam“ eine ganze Hilfsorganisation wurde. Eine ganze Liste humanitärer Hilfsaktionen ist dem gefolgt. Und immer hat Rupert Neudeck auch den Anspruch an die Politik gestellt, dem Vergessen und Verdrängen der Not nicht den Weg zu bereiten.
Rupert Neudeck war unbeirrbar und unbequem, nicht immer nur für seine politischen Gegenüber, manchmal auch für diejenigen, die in seinem Geiste am praktischen Werk waren. Doch wer manche seiner sehr oft spontan geäußerten Ansichten – auch zu Flüchtlingsthemen – nicht teilt, möge sich fragen, wo wir ohne den „Extremisten in Sachen Nächstenliebe“ heute stünden. Selbst Flüchtling, hat sein lebenslang prägender Impuls, Hilfe für Notleidende und Flüchtlinge schaffen zu wollen, die Welt mehr geprägt, als er dies wohl zu Beginn seiner Arbeit jemals zu hoffen gewagt hätte.
Rupert Neudeck hatte promoviert über „Politische Ethik bei Jean Paul Sartre und Albert Camus“. Er war ein Spezialist des Handelns in ausweglos scheinender Situation. „Der Kampf gegen Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen“, schrieb Albert Camus.
Unser Mitgefühl gilt Rupert Neudecks Familie und seinen engen Mitstreiter*innen.