22.01.2014
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Ein <a href="http://www.youtube.com/watch?v=RPXeCKNIDCw">Youtube-Video</a> zeigt, wie die Küstenwache die Überlebenden an Land bringt und am Hafen in einer Reihe aufstellt. Die Überlebenden wirken eingeschüchtert und schwer traumatisiert, manche haben bei dem Vorfall ihre Ehefrauen und ihre Kinder verloren.

Vor der griechischen Insel Farmakonisi starben in der Nacht zum 20. Januar zwölf Flüchtlinge, als die griechische Küstenwache versuchte, ihr Boot völkerrechtswidrig zurück zur türkischen Küste zu schleppen. Dies berichteten die Überlebenden gegenüber dem UNHCR.

Das Fischer­boot mit 28 Men­schen aus Afgha­ni­stan und Syri­en an Board ken­ter­te nahe der Insel Farm­a­ko­ni­si im Schlepp­tau eines grie­chi­schen Küs­ten­wa­che­schif­fes. Unter den zwölf Toten sind Medi­en­an­ga­ben zufol­ge vor allem Kin­der und Babys. Die 16 Über­len­den wur­den auf die Insel Leros gebracht, wo Mit­ar­bei­ter des UNHCR sie ges­tern befrag­ten. Den Über­le­ben­den zufol­ge habe das Schiff der Küs­ten­wa­che ihr Boot in Schlepp­tau genom­men und sei dann bei unru­hi­ger See mit hoher Geschwin­dig­keit in Rich­tung tür­ki­sche Küs­te gerast. Bevor ihr Boot ken­ter­te hät­ten die Flücht­lin­ge in Panik um Hil­fe geschrien und auf die an Board befind­li­chen Kin­der hingewiesen.

Die grie­chi­schen Behör­den spre­chen dage­gen von einer Ret­tungs­ak­ti­on. Die Küs­ten­wa­che habe das Boot der Flücht­lin­ge Rich­tung Farm­a­ko­ni­si gezo­gen, als plötz­lich zwei der Flücht­lin­ge aus „unbe­kann­ten Grün­den“ ins Was­ser gesprun­gen sei­en und damit das Boot zum ken­tern brach­ten, so die Behör­de gegen­über Ekat­hi­me­ri­ni. Auf der Home­page der Küs­ten­wa­che heißt es, ein Groß­teil der Pas­sa­gie­re hät­te sich auf einer Sei­te des Boo­tes ver­sam­melt und es damit zum ken­tern gebracht.

Vor dem Hin­ter­grund der Berich­te der Über­le­ben­den und der von PRO ASYL doku­men­tier­ten Pra­xis sys­te­ma­ti­scher Zurück­wei­sun­gen von Schutz­su­chen­den durch die grie­chi­sche Küs­ten­wa­che schei­nen die­se Ver­sio­nen kaum plau­si­bel. „Die Leu­te sit­zen in der Regel genau so, wie die Poli­zis­ten es ihnen befeh­len – meist unter vor­ge­hal­te­ner Waf­fe“, wider­spricht eine grie­chi­sche Akti­vis­tin, die zahl­rei­che Push-Back-Ope­ra­tio­nen unter­sucht hat, der Ver­si­on der Küstenwache.

Der töd­li­che Ein­satz der Küs­ten­wa­che muss schnell und lücken­los auf­ge­klärt wer­den. Pro Asyl for­dert die Ein­lei­tung eines Straf­ver­fah­rens in Grie­chen­land. Ange­sichts der bis­he­ri­gen Untä­tig­keit der grie­chi­schen Behör­den bei der Auf­klä­rung zu den sys­te­ma­ti­schen Zurück­wei­sun­gen in der Ägä­is for­dert  PRO ASYL eine unab­hän­gi­ge  inter­na­tio­na­le Unter­su­chungs­kom­mis­si­on. Auch stellt sich die Fra­ge, wie lan­ge die Euro­päi­sche Kom­mis­si­on die­sen Men­schen­rechts­ver­stö­ßen noch taten­los zuse­hen will.

(Hin­weis: Anders als in der ursprüng­li­chen Ver­si­on die­ser Nach­richt ange­ge­ben fand die Kata­stro­phe nicht in der Nacht auf den 21.01, son­dern auf den 20.01.2014 statt. Wir bit­ten den Feh­ler zu entschuldigen.)

Wei­te­re Medi­en­be­rich­te und Statements:

Washing­ton Post: Greece faces cri­ti­cism over migrant deaths

BBC News: Inquiry calls after migrants die under tow in Greece

UNHCR – State­ment on boat inci­dent off Greece coast

Ekat­hi­me­ri­ni: UNHCR dis­may­ed about migrant boat sin­king in Aegean

x‑pressed.org: Coast­guards “drow­ned” migrants in farmakonisi

Euro­news: 12 peo­p­le die in Aege­an Sea boat tragedy

dpa / rp-online: Tote Migran­ten in der Ägä­is entdeckt

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