01.08.2023
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Der überfüllte Fischkutter Adriana, der mit hunderten Menschen an Bord vor der griechischen Küste kenterte. Foto: Hellenic Coast Guard.

Fünf Tage lang waren hunderte Geflüchtete auf dem Fischkutter Adriana unterwegs, bis es in der Nacht auf den 14. Juni 50 km vor Pylos an der griechischen Küste sank und hunderte Menschen mit in den Tod riss – obwohl die Behörden Bescheid wussten. Unsere griechischen Kolleg*innen haben die Geschehnisse detailliert aufgearbeitet.

Am 13. Juni um 10:35 Uhr gibt es auf Twit­ter die ers­te Mel­dung dar­über, dass die Adria­na sich in See­not befin­det, um 11 Uhr geben die ita­lie­ni­schen Behör­den die Info an die grie­chi­sche Küs­ten­wa­che. Um 2:06 Uhr in der Nacht, 15 Stun­den und 31 Minu­ten spä­ter, sinkt das Schiff. Was dazwi­schen gesche­hen ist, hat unser grie­chi­sches Team von Refu­gee Sup­port Aege­an (RSA) jetzt aus öffent­lich zugäng­li­chen Quel­len zusammengestellt.

Vermutlich 750 Menschen an Bord, nur 104 Überlebende

Da das Meer an der Stel­le des Schiff­bruchs tau­sen­de Meter tief ist, wird die exak­te Zahl der Todes­op­fer wohl nie final geklärt wer­den, aber es ist unzwei­fel­haft die größ­te Tra­gö­die im Mit­tel­meer: Neben den 104 Über­le­ben­den wur­den 82 Lei­chen gefun­den, die Berich­te der Über­le­ben­den deu­ten aber auf rund 750 Men­schen an Bord hin. Bereits vor dem Unglück und zum Zeit­punkt, zu dem die Behör­den infor­miert wur­den, sind auf dem Boot offen­bar schon Kin­der gestor­ben, da es kei­ne Nah­rungs­mit­tel und kein Was­ser mehr gab.

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Frontex & griechische Küstenwache waren vor Ort

Schon um 11:47 Uhr hat die Luft­über­wa­chung von Fron­tex das Schiff gefun­den, um 14 Uhr kom­mu­ni­ziert die grie­chi­sche Küs­ten­wa­che mit der Adria­na. Um 15:35 macht ein Heli­ko­pter der Küs­ten­wa­che Fotos des Schif­fes. Spä­ter alar­miert auch das Watch The Med – Alarm­pho­ne die Behör­den. Vor Ort ist zunächst ein rie­si­ges Han­dels­schiff, das offen­bar ver­sucht, Lebens­mit­tel und Was­ser zur Adria­na zu brin­gen. Bei der Annä­he­rung gerät der völ­lig über­la­de­ne Kut­ter aber schwer ins Wan­ken, wie auch Video­auf­nah­men des Schif­fes der grie­chi­schen Küs­ten­wa­che, das um kurz vor 22 Uhr hin­zu­kommt, zei­gen. Um 0 Uhr 30 ver­lässt der Han­dels­frach­ter die Sze­ne­rie auf Anwei­sung der Küs­ten­wa­che. Ein­ein­halb Stun­den spä­ter ken­tert die Adria­na und sinkt inner­halb von 15 Minu­ten. Vor allem die vie­len Men­schen unter Deck haben kei­ner­lei Überlebenschance.

Pylos: Original Timeline

Ganz aus­führ­lich wur­den die 15 Stun­den bis zur Kata­stro­phe von unse­ren Kolleg*innen von Refu­gee Sup­port Aege­an auf­ge­ar­bei­tet. Neben der Time­line gibt es auf der Web­sei­te vie­le wei­te­re Infos.

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Über den genau­en Her­gang des Ken­terns gibt es ver­schie­de­ne Aus­sa­gen, Über­le­ben­de berich­ten, das Schiff der Küs­ten­wa­che hät­te die Adria­na an ein Seil genom­men und hin­ter sich her­ge­zo­gen. Die Küs­ten­wa­che wider­spricht dem. In den Pro­to­kol­len der Befra­gun­gen durch die grie­chi­schen Behör­den direkt nach dem Unglück taucht die­se Tat­sa­che auch nicht auf.

Was unzwei­fel­haft bewie­sen ist: In den 15 Stun­den, in denen die Behör­den vom über­füll­ten und teils manö­vrier­un­fä­hi­gen Schiff wuss­ten, wur­de kei­ne Ret­tungs­mis­si­on ein­ge­lei­tet, nicht ein­mal Ret­tungs­wes­ten wur­den den Men­schen an Bord gegeben.

»Wir wer­den den Über­le­ben­den und den Ange­hö­ri­gen der Opfer in allen Berei­chen zur Sei­te ste­hen, um für Gerech­tig­keit zu kämpfen.«

Ele­ni Spatha­na, RSA
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Bis dato gibt es noch kei­ne unab­hän­gi­ge Unter­su­chung. Für vie­le Über­le­ben­de, vor allem aber auch für die Ange­hö­ri­gen der Ertrun­ke­nen, von denen eini­ge auch in Deutsch­land leben, ist eine Auf­klä­rung der Ereig­nis­se aber beson­ders wich­tig. Dabei unter­stüt­zen wir sie, sowohl von Deutsch­land aus als auch mit unse­ren Anwäl­tin­nen in Grie­chen­land:  »Wir wer­den den Über­le­ben­den und den Ange­hö­ri­gen der Opfer in allen Berei­chen zur Sei­te ste­hen, um für Gerech­tig­keit zu kämp­fen« (Ele­ni Spatha­na, RSA).

(mk / rsa)