30.06.2014
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Seit fast einer Woche halten Flüchtlinge das Dach der ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule besetzt. Sie kämpfen für ihr Bleiberecht. Bild: Christina Palitzsch

Seit fast einer Woche harren Flüchtlinge auf dem Dach der ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule in Berlin-Kreuzberg aus. Sie kämpfen für ein Bleiberecht. Während der Bezirk die Lage mit einem Kompromissangebot befrieden will, steigt der Druck auf die verbleibenden Flüchtlinge.

Über­le­bens­not­wen­di­ge Din­ge wie Nah­rungs­mit­tel und Medi­ka­men­te orga­ni­sie­ren die Flücht­lin­ge mit Hil­fe von Unter­stüt­zen­den über Twit­ter. Ihre Lage scheint pre­kär. Die Flücht­lin­ge auf dem Dach der Schu­le berich­ten über ras­sis­ti­sche Belei­di­gun­gen durch Poli­zei­be­am­te. Die Pres­se erhält vom Bezirk nach wie vor kei­nen Zugang zu der Schu­le. Nach einem Lösungs­vor­schlag des Bezirks ist die Zukunft der Flücht­lin­ge wei­ter ungewiss.

Der Ber­li­ner Flücht­lings­rat for­dert ein Auf­ent­halts­recht in Ber­lin für die Bewoh­ne­rin­nen und Bewoh­ner sowie für die Flücht­lin­ge des Pro­test­camps auf dem Ber­li­ner Ora­ni­en­platz. Am heu­ti­gen Mon­tag befasst sich der Innen­aus­schuss des Ber­li­ner Abge­ord­ne­ten­hau­ses mit der Situation.

Mas­si­ves Polizeiaufgebot

Am 24. Juni hat­te der Bezirk die ehe­ma­li­ge Ger­hart-Haupt­mann-Schu­le geräumt. Ein Teil der Bewoh­ner wei­gert sich und hält das Dach des Gebäu­des besetzt. Das Gebäu­de war vor ein­ein­halb Jah­ren im Zuge der Pro­tes­te auf dem Kreuz­ber­ger Ora­ni­en­platz von Flücht­lin­gen besetzt wor­den. Der Bezirk hat­te die Beset­zung gedul­det. Die Schu­le geriet jedoch wegen der pre­kä­ren Lebens­um­stän­de für die Bewoh­ne­rin­nen und Bewoh­ner in Kritik.

Unter mas­si­vem Poli­zei­auf­ge­bot und öffent­li­chen Pro­tes­ten wur­den ver­gan­ge­ne Woche mehr als 200 Bewoh­ne­rin­nen und Bewoh­ner in Bus­sen zu Unter­künf­ten in Char­lot­ten­burg und Span­dau gebracht – nach offi­zi­el­len Anga­ben frei­wil­lig. Zuvor hat­te der Bezirk den Flücht­lin­gen ver­spro­chen, die Schu­le in ein Flücht­lings­zen­trum umzu­wan­deln. Den Bewoh­ne­rin­nen und Bewoh­nern war die Prü­fung ihrer Asyl­ver­fah­ren zuge­sagt worden.

Den­noch har­ren offen­bar zwi­schen 40 und 80 Flücht­lin­ge und Unter­stüt­zen­de auf dem Schul­ge­län­de aus. Die Flücht­lin­ge befürch­ten unter ande­rem, nach der Räu­mung abge­scho­ben zu wer­den – ver­ständ­li­cher­wei­se, denn Anlass zu Ver­trau­en hat ihnen die Ber­li­ner Poli­tik bis­her nicht gegeben: 

Miss­trau­en gegen­über der Ber­li­ner Politik

Die vor der Räu­mung des Flücht­lings­pro­test­camps auf dem Ber­li­ner Ora­ni­en­platz im April von der Stadt gemach­ten Zusa­gen haben sich als Far­ce ent­puppt. Den Flücht­lin­gen ver­spro­chen wor­den waren Unter­künf­te, Ver­sor­gung, Schutz vor der Abschie­bung, eine wohl­wol­len­de Prü­fung im Ein­zel­fall­ver­fah­ren und die Umver­tei­lung der Zustän­dig­kei­ten an die Aus­län­der­be­hör­de Berlin.

Nach Infor­ma­tio­nen des Ber­li­ner Flücht­lings­rats wur­de jedoch nur ein Teil der Betrof­fe­nen unter­ge­bracht. Der Senat ver­wei­ge­re den Unter­ge­brach­ten rechts­wid­rig die Kran­ken­ver­sor­gung. Vie­le Teilnehmer_innen des Ora­ni­en­platz-Agree­ments sei­en zudem akut von Abschie­bung bedroht, der Senat gewäh­re ihnen kei­nen Schutz vor der Abschie­bung und stel­le kei­ne Dul­dun­gen aus. Auch sei noch kein ein­zi­ger Umver­tei­lungs­an­trag bewil­ligt wor­den. Innen­se­na­tor Hen­kel habe gegen­über sei­nen Län­der­kol­le­gen ver­lau­ten las­sen, dass Ber­lin sich nicht für zustän­dig erkläre.

In Kreuz­berg patroul­liert die Poli­zei mit Maschi­nen­ge­weh­ren. Ein Spre­cher der Poli­zei­ge­werk­schaft for­der­te die Räu­mung der Schu­le. Am Wochen­en­de haben meh­re­re 1000 Men­schen ihre Soli­da­ri­tät mit den Flücht­lin­gen demonstriert.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen und Ter­mi­ne über Soli­da­ri­täts­be­kun­dun­gen auf Twit­ter und im Blog ohlau­er­in­fo­point

Medi­en­be­richt: RBB

 Ber­lin schickt Ora­ni­en­platz­flücht­lin­ge in die Obdach­lo­sig­keit (27.08.14)

 Wie Ber­lin mit den Flücht­lin­gen vom Ora­ni­en­platz umgeht (15.08.14)

 „Fal­sches Spiel auf dem Rücken der Flücht­lin­ge“ – Offe­ner Brief an die Ber­li­ner Lan­des­po­li­tik (23.07.14)

 Refu­gees: Pro­tes­te gehen wei­ter (06.05.14)