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Symbolbild: Freie Meinungsäußerung verboten - Festnahme bei einer Demonstration von Journalist*innen gegen Präsident Bouteflika in Algier im Jahr 2014. Foto: picture alliance / AA

Jedes Jahr begleiten wir zahlreiche verfolgte Menschen in ihren Asylverfahren. Das PRO ASYL-Team hat 2018 tausende Beratungsgespräche geführt, rund 400 Flüchtlingen standen wir mit Mitteln aus dem Rechtshilfefonds zur Seite. Einer davon ist der algerische Journalist Adil Hadad*.

Algier, Alge­ri­en, April 1993: Seit dem Mili­tär­putsch im Janu­ar 1992 sind Mas­sen­ver­haf­tun­gen, Fol­ter und extra­le­ga­le Hin­rich­tun­gen gän­gi­ge Pra­xis der alge­ri­schen Sicher­heits­kräf­te und Geheim­diens­te. Auch der Onkel Adil Hadads fällt den Scher­gen zum Opfer. Er wird von ihnen ent­führt, bis heu­te ist er spur­los verschwunden.

Verhöre und Folter durch die algerische Gendarmerie

Rund zwei Jah­re nach der Ent­füh­rung sei­nes Ver­wand­ten wird der 19-Jäh­ri­ge Adil Hadad inhaf­tiert. Der jun­ge Mann hat bereits eini­ge Arti­kel als Jour­na­list ver­öf­fent­licht, doch das ist nicht der Grund. Die Inhaf­tie­rung steht im Zusam­men­hang mit sei­nem Onkel – dies wird bei den Ver­hö­ren durch die Poli­zei deut­lich, in deren Ver­lauf Adil Hadad gefol­tert wird. Im glei­chen Jahr wird ein Freund Adils, der zusam­men mit ihm stu­diert, vor sei­nen Augen umgebracht.

Mit der Macht­über­nah­me des bis heu­te regie­ren­den Prä­si­den­ten Bou­te­f­li­ka im Jahr 1999 wer­den die restrik­ti­ven Aus­rei­se­be­stim­mun­gen für die alge­ri­sche Bevöl­ke­rung etwas gelo­ckert. Annä­hernd zwei Mil­lio­nen Men­schen neh­men die Mög­lich­keit wahr. Auch Adil Hadad ver­lässt das Land im April 2001 Rich­tung Ver­ei­nig­te Ara­bi­sche Emi­ra­te. Dort fin­det er eine Anstel­lung als Marketing-Manager.

Eine Woche spä­ter erfährt Adil Hadad, dass sein Kol­le­ge und Freund in der Haft gestor­ben ist.

Gründung einer Online-Zeitung in Dubai

Die poli­ti­schen Ent­wick­lun­gen in sei­ner Hei­mat ver­folgt der Jour­na­list auf­merk­sam wei­ter. Auf­grund der dor­ti­gen Miss­stän­de ent­schließt er sich, erneut aktiv zu wer­den. Er grün­det die Online-Zei­tung El Watan, die er bis heu­te aus dem Exil betreibt. Ab 2010 ver­öf­fent­licht er regel­mä­ßig regime­kri­ti­sche Arti­kel auf dem Portal.

Im Fokus des Geheimdienstes

Aus Vor­sicht ver­fasst Adil Hadad sei­ne Bei­trä­ge anonym. Den­noch wird sei­ne Lage zuneh­mend pre­kär. Vie­le Men­schen wer­den als Reak­ti­on auf den „Ara­bi­schen Früh­ling“ Opfer von Ver­haf­tungs­wel­len. Zaka­ril­ja El Achi­ri, ein Jour­na­list, der eben­falls auf El Watan ver­öf­fent­licht, wird fest­ge­nom­men. Eine Woche spä­ter erfährt Adil Hadad, dass sein Kol­le­ge und Freund in der Haft gestor­ben ist. Er ver­mu­tet, dass der Jour­na­list gefol­tert wur­de und muss befürch­ten, dass auch er gefähr­det ist. Kurz dar­auf erhält er Droh­an­ru­fe eines Man­nes, der sich ihm gegen­über offen als alge­ri­scher Mili­tär­of­fi­zier zu erken­nen gibt. Aus Angst um sein Leben flieht er im Janu­ar 2013 über Frank­reich nach Deutschland.

Weitere oppositionelle Aktivitäten 

Im Zuge sei­ner jour­na­lis­ti­schen Arbeit hat Adil Hadad vie­le Kon­tak­te zu Mit­glie­dern der poli­ti­schen Oppo­si­ti­on in Alge­ri­en und ande­ren ara­bi­schen Län­dern geknüpft. Sein gesam­mel­tes Wis­sen über Kor­rup­ti­on, Intri­gen und Gewalt­ta­ten von Sei­ten der Macht­ha­ber machen ihn zu einer laten­ten Bedro­hung. Im Fal­le einer Rück­kehr nach Alge­ri­en  wäre er in gro­ßer Gefahr.

Ablehnung des Asylantrages und Ankündigung der Abschiebung

Drei Jah­re nach sei­ner Flucht fin­det im Febru­ar 2016 end­lich die Anhö­rung Adil Hadads im Rah­men des Asyl­ver­fah­rens statt. Einen Monat spä­ter wird ihm mit­ge­teilt, dass sein Asyl­an­trag abge­lehnt ist. Ihm wird vor­ge­hal­ten, in der Anhö­rung kei­ne »flücht­lings­re­le­van­te Ver­fol­gungs­hand­lung« dar­ge­legt zu haben.

Wir unter­stütz­ten das Kla­ge­ver­fah­ren Adil Hadads beim Ver­wal­tungs­ge­richt – mitt­ler­wei­le wur­de er als Flücht­ling anerkannt.

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Wir unter­stütz­ten das Kla­ge­ver­fah­ren Adil Hadads beim Ver­wal­tungs­ge­richt – mitt­ler­wei­le wur­de er als Flücht­ling aner­kannt. Die Bemü­hun­gen der Bun­des­re­gie­rung, Alge­ri­en als siche­res Her­kunfts­land zu dekla­rie­ren, sind auch vor dem Hin­ter­grund der Erfah­run­gen die­ses ver­folg­ten Jour­na­lis­ten mehr als frag­wür­dig. Bit­te enga­gie­ren Sie sich zusam­men mit uns für ver­folg­te Men­schen: Spen­den Sie, oder wer­den Sie Mit­glied von PRO ASYL.

*Name geändert