25.09.2014
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Aram Ali studiert Jura in Hannover. In den vergangenen eineinhalb Jahren kämpfte er bei den deutschen Behörden darum, seine Angehörigen aus dem syrischen Bürgerkrieg aufnehmen zu dürfen.

Eineinhalb Jahre lang hat Aram Ali dafür gekämpft, seinen Onkel und dessen Familie aus dem syrischen Bürgerkrieg zu sich holen zu dürfen. Seit einer Woche sind sie nun in Hamburg. Dabei sah es lange nicht gut aus, denn die Hürden für Syrerinnen und Syrer sind hoch. Die Wende brachten der Einsatz des Flüchtlingsrat Niedersachsen und eine Konferenz von PRO ASYL.

Wir haben mit Aram Ali über sei­ne Erfah­run­gen in sei­nem Kampf um die Auf­nah­me von Ange­hö­ri­gen gesprochen.

PRO ASYL: Aram, dein Onkel, ein Kin­der­arzt, sei­ne Frau und drei Kin­der sind am 18. Sep­tem­ber sicher in Ham­burg gelan­det. Wie ist es, sie alle bei Euch zu haben?

Aram Ali: Es ist sehr schön und am Anfang sehr, sehr chao­tisch. Für sie war es ein Umzug. Wir muss­ten ins­ge­samt etwa 250 Kilo schlep­pen! Sie sind jetzt bei mei­ner Mut­ter unter­ge­bracht, die in einer WG lebt. Sie schla­fen auf den Sofas, auf dem Boden, auf den Matrat­zen, und wir haben den gan­zen Kel­ler umge­räumt, damit die Kof­fer dort rein pas­sen. Das ist auf jeden Fall wit­zig. Als wir ange­kom­men sind, haben die Nach­barn ein Grill­fest orga­ni­siert, das war ganz nett.

Es klingt so, als wärt ihr glücklich.

Ja! Mein ande­rer Onkel ist schon län­ger hier. Er will eine Arbeit fin­den, damit er sei­ne Fami­lie selbst auf­neh­men kann. Sie sind noch in Beirut.

Bis dei­ne Ver­wand­ten zu dir kom­men durf­ten, hat es ein­ein­halb Jah­re gedau­ert. Wenn du auf die­se Pro­ze­dur zurück­guckst, was denkst du darüber?

Ich habe das als Behör­den­krieg bezeich­net. Seit Febru­ar 2013 ver­su­chen wir, sie hier­her zu brin­gen. Sie waren in  Alep­po über­fal­len wor­den, in ihrer Woh­nung. Sie wur­den bestoh­len und mit Waf­fen bedroht, sie muss­ten dort raus. Sie haben sich bei UNHCR gemel­det, um beim ers­ten Pro­gramm für die 5.000 Leu­te auf­ge­nom­men zu wer­den. Das hat nicht geklappt. Beim zwei­ten Pro­gramm haben wir sie auch ange­mel­det. Das hat wie­der nicht geklappt. Ein Jahr war schon ver­gan­gen. Da wur­de der Län­der­er­lass erlas­sen, wo es hieß, man kann die Leu­te auf­neh­men, wenn man genü­gend Geld hat. Das hat auch nicht geklappt, mei­ne Mut­ter arbei­tet in einer Ände­rungs­schnei­de­rei, ich bin Stu­dent. Letz­ten Endes gab es die Kon­fe­renz von PRO ASYL und den Bericht von arte, der dann alles ins Rol­len gebracht hat.

Das war im Juni 2014. Kannst du etwas genau­er  beschrei­ben, was du mit „ins Rol­len gebracht“ meinst? 

Wir waren ja kurz nach der Kon­fe­renz von der Aus­län­der­be­hör­de dar­über infor­miert wor­den, dass auch jemand anders außer mei­ner Mut­ter und mir als Ver­pflich­tungs­ge­ber bür­gen kann. Und wir wuss­ten nicht, wie wir auf die Leu­te zuge­hen und sie dar­auf anspre­chen konn­ten. Da war die Hil­fe von Dirk und Nico­le von PRO ASYL sehr wichtig.

Inwie­fern?

Mit ihren Erklä­run­gen, was die Ver­pflich­tungs­er­klä­rung bedeu­tet, konn­te ich auf die Leu­te zuge­hen und es ihnen wie­der­um erklä­ren. PRO ASYL hat­te auch den Kon­takt zu arte ver­mit­telt. Durch den arte-Bei­trag sind die Leu­te auf das Pro­blem auf­merk­sam gewor­den.  Sie sind haben dann von sich aus gesagt, wenn Ihr Hil­fe braucht, dann kön­nen wir sie leisten.

Gab es noch wei­te­re Hür­den, die ihr bei­sei­te räu­men musstet? 

Das eigent­li­che Pro­blem war,  dass der Län­der­er­lass hier in Nie­der­sach­sen nur für die Kern­fa­mi­lie anwend­bar ist, also Mut­ter, Vater und min­der­jäh­ri­ge Kin­der. Damit konn­ten die bei­den erwach­se­nen Söh­ne mei­nes Onkels nicht mit­auf­ge­nom­men wer­den. Ich habe dann bei der Aus­län­der­be­hör­de in Kiel nach­ge­fragt, wo mei­ne Tan­te lebt. Die haben gesagt, solan­ge eine Ver­pflich­tungs­er­klä­rung vor­liegt, ist uns der Ver­wandt­schafts­grad egal. Wir sind dann mit allen Unter­la­gen nach Kiel gekom­men, es hat es funk­tio­niert. Die Zusam­men­ar­beit mit der Aus­län­der­be­hör­de war letz­ten Endes sehr schwie­rig, nicht nur abhän­gig von den recht­li­chen Grund­la­gen, son­dern auch von den jewei­li­gen Mitarbeitern.

Wie geht es für Eure Fami­lie jetzt weiter? 

Sie suchen gera­de nach Sprach­schu­len, um mög­lichst schnell Deutsch zu ler­nen. Der älte­re Sohn hat Phar­ma­zie stu­diert und möch­te hier wei­ter stu­die­ren. Der ande­re Sohn hat sein Abitur in der Tür­kei gemacht. Er möch­te jetzt auch anfan­gen zu stu­die­ren. Für die Toch­ter suchen wir gera­de eine Schule.

Dein Onkel ist Kin­der­arzt. Er ist bereits mit einem Kli­ni­kum im Gespräch, um dort arbei­ten zu können…

…wir wer­den in den nächs­ten Tagen hin­fah­ren, uns mit einem Ver­ant­wort­li­chen dort tref­fen und gucken, was die nächs­ten Schrit­te sind. Falls das nicht funk­tio­niert, wer­den wir ver­su­chen, sei­ne Abschlüs­se aner­ken­nen zu las­sen, und in der Zwi­schen­zeit hier in Han­no­ver eine Hos­pi­ta­ti­ons­stel­le als Arzt suchen. Viel­leicht fin­den wir eine Pra­xis, in die er mit ein­stei­gen kann. Ich hof­fe, es funktioniert.

Wir hal­ten die Dau­men! Wie ver­lief der Kon­takt zu der Fami­lie, in den Mona­ten vor ihrer Ankunft?

Ich muss­te ihnen immer erklä­ren, was auf sie zukom­men wird, hier in Deutsch­land. Das war das Anstren­gen­de. Es war für sie sehr schwer nach­zu­voll­zie­hen, das Leben in Sicher­heit, eine Sprach­schu­le zu besu­chen und so wei­ter. Auf­grund ihrer Situa­ti­on dort waren sie völ­lig aus dem All­tag geris­sen. Ich hab dann immer gesagt, ok, wenn ihr es nicht ver­steht, kommt erst­mal hier­her und dann erklä­ren wir euch das hier.

Was ist nach die­ser schwie­ri­gen Zeit dei­ne Auf­for­de­rung an die Bundesregierung?

Ein Mensch, der aus Alep­po oder aus dem Sudan kommt, aus dem gan­zen Krieg, mit dem Boot hier­her kommt, sein Leben in Gefahr bringt, der hat kein Inter­es­se dar­an, ein Job­cen­ter zu beschei­ßen. Er will erst­mal hier ankom­men, er will wie­der einen All­tag haben, er will arbei­ten gehen und sich ein­brin­gen. Man geht hier immer von der Vor­stel­lung aus, er dür­fe nicht in der sozia­len Hän­ge­mat­te lie­gen. Wenn man sich von die­ser Vor­stel­lung ver­ab­schie­det, könn­te man vie­les ver­än­dern. Let­zen Endes darf man Auf­nah­me­pro­gram­me nicht vom Geld der Freun­de, der Ver­wand­ten abhän­gig machen. Es geht um Men­schen­le­ben, die geret­tet wer­den, unab­hän­gig von der Qua­li­fi­ka­ti­on oder woher sie kommen.

Gibt es noch etwas, was du sagen möchtest?

Ich dan­ke auf jeden Fall dem Team von Pro Asyl und dem Flücht­lings­rat Nie­der­sach­sen. Ihr könnt Euch nicht vor­stel­len, wie dank­bar wir Euch sind.

Medi­en­be­rich­te: arte, 20.9.14 & 3.6.14

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