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Für alle geöffnet: Das Grandhotel Cosmopolis in Augsburg

Rechte Scharfmacher machen mobil gegen Flüchtlinge und Migrant_innen, "besorgte Bürger" protestieren gegen Unterkünfte für Asylsuchende. Aber vielerorts gibt es Menschen, die rassistische und rechtsextremistische Hetze bekämpfen und Flüchtlinge unterstützen. In Teil 6 unserer News-Serie über gelebte Willkommenskultur berichten wir über eine der progressivsten Flüchtlingsunterkünfte in Deutschland.
„Es ist das Recht jedes Einzelnen, Asyl zu suchen – es ist die Pflicht unserer Gesellschaft, darauf einzugehen.“ (aus einem Video über das Hotel von Studierenden der Augsburger Hochschule)
Ein Projekt, das alle Interessen berücksichtigt, ein Bauvorhaben, das alle bereichert, ein Haus, das jeden Willkommen heißt, sollte es werden. Asylsuchende, Nachbar/innen, Künstler/innen und andere Gäste auf Zeit sollen kommen und bleiben dürfen, sich treffen, kennenlernen, austauschen und kreativ sein.
Das Gustav-Erhard-Haus, ein ehemaliges Seniorenheim im Besitz der Augsburger Diakonie, befindet sich inmitten des Domviertels im Herzen der Augsburger Altstadt. Es stand schon einige Zeit leer, was der Trägerin Kosten verursachte, ohne dabei einen Nutzen aus dem Gebäude zu ziehen. Als die Landesregierung den Auftrag zu vergeben hatte, eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende einzurichten, sah sie sich in der Pflicht, zu handeln. Nur manche Anwohner/innen fühlten sich übergangen.
Asylsuchende mittendrin
Inzwischen kommen der Eine oder die Andere auch mal mit den Jüngsten der Familie zum Spielen vorbei, wenn das Grandhotel Cosmopolis zum »Papa-Mama-Kind-Spielplatz« wird. Oder sie treffen sich Mittwoch abends im Hotelcafé »Lobby«, um eigene Platten aufzulegen, bis die restlichen Gäste andere Musik fordern. Und wo bei alldem sind die Asylsuchenden? Mittendrin. Sie haben ihre Zimmer, wie alle anderen Gäste des Hotels auch, in eigenen Etagen zwischen Ateliers, Foto- und Tonstudios. Sie helfen mit, wenn sie können, kommen zu den Filmabenden, können selbst Kunst schaffen oder wohnen einfach im Hotel.
Eine Gruppe von Unterstützer/innen hat sich zusammengefunden, die bei Behördengängen begleiten, übersetzen, zu einem Plausch vorbeikommen und auch im Notfall alles versuchen, wenn eine Abschiebung droht. Wie in Bayern üblich bekommen die Geflüchteten auch im Grandhotel statt Geld für Nahrungsmittel nur Essenspakete. Hier werden diese allerdings in der Hotellobby ausgegeben, um auf diesen und andere Missstände aufmerksam zu machen. Die Liste der Unterstützer/innen des Hotels ist lang, denn ohne die vielen helfenden Hände wäre das Projekt nicht innerhalb von nur zwei Jahren umsetzbar gewesen.
Hilfe aus der Nachbarschaft
Eine benachbarte Bäckerei schenkt zum Frühstück Brötchen, Brezeln und Gebäck, Einrichtungs- und Sozialkaufhäuser, ein Schwesternwohnheim und mehrere Unternehmen stellten Möbel, Einrichtungsgegenstände und Baumaterialien zur Verfügung. Und natürlich ist da die Diakonie, die, wie der Verein schreibt, von Anfang an an die Idee geglaubt hat. Sie übernahm die Sachkosten, während Künstler/innen das Hotel renovierten und die Gästezimmer gestalteten und die Bezirksregierung – wie gesetzlich festgelegt – für die Unterbringung der Geflüchteten aufkommt.
Eine »soziale Skulptur« in Augsburgs Herzen wollte das Grandhotel werden. Es ist ein kleiner sozialer Kosmos, ein Ort für Begegnungen geworden, der wirklich allen Gästen offen steht. Das Grandhotel kann über die Website www.grandhotel-cosmopolis.org kontaktiert werden.
Anja Schwalbe
Den Text haben wir der von PRO ASYL und der Amadeu-Antonio-Stiftung gemeinsam herausgegebenen Broschüre Refugees Welcome – Gemeinsam Willkommenskultur gestalten entnommen.
Gemeinsam gegen Rassismus!
PRO ASYL ruft dazu auf, rassistischen Vorurteilen entschieden zu widersprechen, Flüchtlinge willkommen zu heißen und sich rechten Hetzern in den Weg zu stellen.
Bitte informieren Sie sich unter folgenden Links:
Gemeinsam gegen Rassismus! (20.03.14)
Willkommenskultur selber machen! (05.03.14)
Neue Broschüre klärt über rechte Hetze auf (04.03.14)
Neue Broschüre: Fakten und Argumente gegen Vorurteile (04.03.14)