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Auf der Insel Kos campieren dort angelandete Flüchtlinge in und bei einem leerstehenden Hotel - ohne staatliche Hilfen, nur mit der Unterstützung einer lokalen Solidaritätsgruppe. Foto: Christina Palitzsch

Auf den griechischen Inseln landen Tausende Schutzsuchende an. Größtenteils bleiben Sie ohne Versorgung und campieren auf offener Straße. Statt die drohende humanitäre Katastrophe abzuwenden streiten sich die EU-Innenminister über völlig unzureichende Flüchtlingsquoten.

An den Süd­gren­zen der EU spitzt sich die Situa­ti­on der dort ange­lan­de­ten Flücht­lin­ge dra­ma­tisch zu: In den ers­ten fünf Mona­ten des Jah­res sind in Grie­chen­land  bereits 48.000 und in Ita­li­en 52.000 Schutz­su­chen­de ange­kom­men. Auf­grund man­geln­der Auf­nah­me­ka­pa­zi­tä­ten lan­det ein Groß­teil der Flücht­lin­ge nach ihrer Ankunft in der EU im Elend. Ins­be­son­de­re auf den grie­chi­schen Inseln droht sich die huma­ni­tä­re Kri­se zur Kata­stro­phe aus­zu­wei­ten: Fami­li­en cam­pie­ren mit Kin­dern auf offe­ner Stra­ße, ohne sani­tä­re Ein­rich­tun­gen und medi­zi­ni­sche Versorgung.

Die Rou­te über die Ägä­is nach Grie­chen­land ent­wi­ckelt sich der­zeit zum Haupt­flucht­weg nach Euro­pa. Allein auf Les­bos steigt die Zahl der Ankünf­te von Janu­ar (737) bis Mai (7.200) kon­ti­nu­ier­lich an. Ins­ge­samt sind auf Les­bos in die­sem Jahr bereits über 20.000 Boots­flücht­lin­ge  ange­kom­men. Auch auf ande­ren Inseln wie Kos oder Chi­os stran­den tau­sen­de Flücht­lin­ge, ohne dort ange­mes­sen ver­sorgt zu werden.

Euro­pa lässt Grie­chen­land im Stich

Beim heu­ti­gen Tref­fen der EU-Innen­mi­nis­ter in Luxem­burg dürf­te die dro­hen­de huma­ni­tä­re Kata­stro­phe in Grie­chen­land jedoch höchs­tens am Ran­de eine Rol­le spie­len: Die let­ti­sche EU- Rats­prä­si­dent­schaft hat bereits ange­kün­digt, dass sich die EU- Innen­mi­nis­ter heu­te nicht auf von der EU-Kom­mis­si­on vor­ge­schla­ge­nen Not­fall – bzw. Soli­da­ri­täts­re­ge­lun­gen  eini­gen werden.

Der Vor­schlag der Kom­mis­si­on ist jedoch ohne­hin unzu­rei­chend: Er sieht vor, dass  40.000 eri­tre­ische und syri­sche Schutz­su­chen­de aus Ita­li­en  und Grie­chen­land inner­halb der nächs­ten zwei Jah­re auf die ande­ren EU–  Mit­glieds­staa­ten ver­teilt wer­den. Die vor­ge­se­he­nen Plät­ze zur „Relo­ca­ti­on“ von 16.000 Flücht­lin­gen  aus Grie­chen­land und 24.000 aus Ita­li­en sind ange­sichts der Ankunfts­zah­len jedoch kaum ein Trop­fen auf den hei­ßen Stein. Zudem igno­riert der Vor­schlag das legi­ti­me Inter­es­se der Flücht­lin­ge, dort Schutz zu suchen, wo sie Ver­wand­te oder ande­re sozia­le Bezugs­punk­te haben.

Not­hil­fe – und lega­le Weiterreisemöglichkeiten

Um die Situa­ti­on der Schutz­su­chen­den in Grie­chen­land zu ent­schär­fen muss die EU drin­gend alle ver­füg­ba­ren EU- Not­hil­fe­fonds und Kata­stro­phen­schutz­maß­nah­men akti­vie­ren, für Unter­künf­te sor­gen, sani­tä­re Anla­gen,  medi­zi­ni­sches Per­so­nal  und Ver­pfle­gung bereit­stel­len und mit zusätz­li­chen Trans­port­mit­teln dafür sor­gen, dass die Flücht­lin­ge die Inseln ver­las­sen können

Neben  euro­pä­isch finan­zier­ter Kata­stro­phen­hil­fe vor Ort müs­sen die EU- Staa­ten im Zen­trum und im Nor­den der EU  Schutz­su­chen­den vor allem zügig  die lega­le Aus­rei­se aus Grie­chen­land und Ita­li­en ermög­li­chen. Im Rah­men der Dub­lin-Ver­ord­nung ver­wei­gern die EU-Staa­ten im Zen­trum der EU den Flücht­lin­gen lega­le Wei­ter­rei­se­mög­lich­kei­ten zur ihren Ver­wand­ten und Com­mu­ni­ties und sor­gen damit zugleich dafür, dass sich die Lage in den EU-Rand­staa­ten wei­ter zuspitzt.

Das kri­sen­ge­schüt­tel­te Grie­chen­land  wird ohne schnel­le und umfang­rei­che huma­ni­tä­re Hil­fe vor Ort durch die ande­ren EU- Staa­ten  und ohne die Eröff­nung  lega­le Wei­ter­rei­se­mög­lich­kei­ten für die gestran­de­ten Flücht­lin­ge noch mehr desta­bi­li­siert, das Leben der Schutz­su­chen­den wird gefährdet.

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