24.08.2017
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»Verstanden?! Wir unterstützen euch, aber dafür haltet ihr uns die Flüchtlinge fern von Europa!« So ähnlich könnten die Verhandlungen von Verteidigungsministerin von der Leyen mit den afrikanischen Staaten abgelaufen sein. Foto: Reuters / Michael Kappeler

Fünf afrikanische Staaten sollen der Europäischen Union bei der Flüchtlingsabwehr helfen. Für diese vorverlagerte Grenzkontrolle werden sie massiv aufgerüstet. Zusätzlich zur Kooperation mit dem zerrütteten Libyen will die EU Fluchtbewegungen damit schon weit vorverlagert in Herkunfts- und Transitstaaten verhindern.

Aufrüstung im Sahel

Ein inter­nes Doku­ment des Euro­päi­schen Aus­wär­ti­gen Diens­tes (EAD), das dem Spie­gel vor­liegt, gibt über die Plä­ne Auf­schluss: Eine Poli­zei- und Mili­tär­trup­pe der fünf west­afri­ka­ni­schen Staa­ten Mali, Niger, Tschad, Mau­re­ta­ni­en und Bur­ki­na Faso soll zur Bekämp­fung von Flucht­be­we­gun­gen nach Liby­en in Stel­lung gebracht wer­den. Dafür soll die »G5 Sahel Joint Force« mit 50 Mil­lio­nen Euro ver­stärkt wer­den – das hat­te die Euro­päi­sche Kom­mis­si­on bereits Anfang Juli ange­kün­digt.

Frank­reich und Deutsch­land sol­len gar Waf­fen, Muni­ti­on und Fahr­zeu­gen in Aus­sicht gestellt haben, berich­tet der Spie­gel. Auf Anfra­ge bestritt das Bun­des­ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um dies. Man lie­fe­re ledig­lich »nicht­le­ta­le Ausrüstung«.

»Migrationsströme nach Libyen eindämmen«

Offi­zi­ell heißt es, die Trup­pe sol­le gegen »Ter­ror und die orga­ni­sier­te Kri­mi­na­li­tät« vor­ge­hen (Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­rin von der Ley­en bei einem Besuch in Nia­mey), bereits Anfang Juli war die Stoß­rich­tung des euro­päi­schen Enga­ge­ments in der Regi­on jedoch deut­lich geworden:

Die Plä­ne der Euro­päi­schen Uni­on zur Flucht­ver­hin­de­rung zie­len auf ein Unsicht­bar­ma­chen ab!

Im Akti­ons­plan zur zen­tra­len Mit­tel­meer­rou­te vom 4. Juli hat­te die Kom­mis­si­on neben der Finan­zie­rungs­zu­sa­ge deut­lich gemacht, dass über die Zusam­men­ar­beit mit den Sahel-G5-Staa­ten und die Wie­der­auf­nah­me der Kon­trol­le an den Gren­zen von Mali, Bur­ki­na Faso und Niger »wei­te­re Migra­ti­ons­strö­me nach Liby­en ein­ge­dämmt wer­den« sol­len. Auch im Doku­ment des EAD heißt es, die Ein­satz­trup­pe sol­le gegen Schlep­per kämp­fen und die Rück­füh­rung von Flücht­lin­gen in ihre Hei­mat­län­der unter­stüt­zen, so der Spie­gel.

Jenseits der libyschen Grenze: Ausweitung der »Pufferzone«

Seit Beginn der Koope­ra­ti­ons­be­mü­hun­gen mit der liby­schen Ein­heits­re­gie­rung stand nicht nur die Kon­trol­le der Mit­tel­meer­küs­te im Fokus, son­dern auch die Flucht­ver­hin­de­rung an der süd­li­chen Land­gren­ze Liby­ens. Es gehe dar­um, die Grenz­kon­trol­len an den süd­li­chen Außen­gren­zen Liby­ens »unver­züg­lich und dras­tisch zu ver­schär­fen«, schreibt die EU-Kom­mis­si­on. Doch die Puf­fer­zo­ne, mit der sich Euro­pa gegen Flücht­lin­ge »schüt­zen« will, erstreckt sich mitt­ler­wei­le bis an den Rand der Sahara.

Aus den Augen, aus dem Sinn

Der Ver­such, Schutz­su­chen­de schon weit vor Euro­pas Gren­zen auf­zu­hal­ten und ihnen jeg­li­che Wege zu einem siche­ren Zufluchts­ort abzu­schnei­den, führt den Gedan­ken des Flücht­lings­schut­zes ad absur­dum. Wenn schon die Toten im Mit­tel­meer dem Gewöh­nungs­ef­fekt zum Opfer zu fal­len, trifft dies für die Opfer von Gewalt in liby­schen Gefäng­nis­sen oder die ver­durs­te­ten Schutz­su­chen­den auf ihrem Weg durch die Saha­ra, weit­ab des Mit­tel­meers, noch viel mehr zu.

Die Plä­ne der Euro­päi­schen Uni­on zur Flucht­ver­hin­de­rung bereits am Rand der Saha­ra zie­len auch auf ein Unsicht­bar­ma­chen ab: Euro­pa möch­te Flücht­lings­zah­len begren­zen – was das für Men­schen auf der Suche nach Schutz bedeu­tet, soll aus der euro­päi­schen Öffent­lich­keit ver­drängt werden.

(mk)