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Europäischer Gerichtshof entscheidet zu Widerrufsverfahren

Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg (EuGH) hat am 2. März 2010 in einem Urteil entschieden, unter welchen Voraussetzungen der Flüchtlingsstatus widerrufen werden darf. Das deutsche Bundesverwaltungsgericht hatte den EuGH am 7. Februar 2008 angerufen, um die Vereinbarkeit der deutschen Widerrufspraxis mit dem EU-Asylrecht überprüfen zu lassen. In dem Verfahren ging es um Flüchtlinge aus dem
Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg (EuGH) hat am 2. März 2010 in einem Urteil entschieden, unter welchen Voraussetzungen der Flüchtlingsstatus widerrufen werden darf. Das deutsche Bundesverwaltungsgericht hatte den EuGH am 7. Februar 2008 angerufen, um die Vereinbarkeit der deutschen Widerrufspraxis mit dem EU-Asylrecht überprüfen zu lassen.
In dem Verfahren ging es um Flüchtlinge aus dem Irak, denen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Flüchtlingsstatus mit der Begründung entzogen hatte, dass sich nach dem Wegfall des Saddam-Hussein-Regimes die Verhältnisse im Irak grundlegend verbessert hätten. Mit dieser Argumentation hatte das Bundesamt seit 2003 rund 20.000 Irakern den Status widerrufen. Die deutsche Praxis stieß insbesondere beim UN-Flüchtlingshochkommissar auf massive Kritik, da sie mit dem Flüchtlingsvölkerrecht nicht im Einklang stehe.
Nun hat sich der EuGH dieser Kritik nicht angeschlossen. Konkret ging es um die Frage, wie sicher und stabil die Situation im Herkunftsland sein muss, bevor der Flüchtlingsstatus entzogen werden darf. Der EuGH stellte klar, dass die Veränderungen im Herkunftsland erheblich und nicht nur vorübergehend sein müssen. Hier konkretisiert das Luxemburger Gericht, dass es im Herkunftsland ein Rechtssystem geben muss, das menschenrechtswidrige Übergriffe ahndet. Ermittlung und Strafverfolgung müssen garantiert sein.
Bei den eigentlich strittigen Fragen blieb der EuGH allerdings hinter den Erwartungen zurück. Ein Widerruf sei schon dann möglich, wenn keine Verfolgung mehr drohe, so der Gerichtshof. Flüchtlingsrechtler fordern hingegen, dass der Aufnahmestaat den Flüchtling auch dann noch schützen müsse, wenn zwar keine Verfolgung – z.B. aufgrund der Religionszugehörigkeit – mehr droht, aber sonstige allgemeine Gefahren im Herkunftsland bestehen. Diesem weiteren Schutzansatz erteilte der EuGH nun eine Abfuhr.
PRO ASYL befürchtet, dass bei künftigen Massenwiderrufen gegen Flüchtlinge das EuGH-Urteil zu keiner Verbesserung führen wird. In Deutschland verloren zeitweise mehr Menschen ihren Schutzstatus als andere im selben Zeitraum einen solchen erhielten. Zur Beendigung dieser flüchtlingsfeindlichen Praxis hätte es eines klaren Urteils aus Luxemburg bedurft, das einer frühzeitigen Aberkennung des Flüchtlingsstatus einen Riegel vorgeschoben hätte.
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