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Erklärung zum zwanzigsten Jahrestag der rassistischen Morde von Mölln
Bundesweite Arbeitsgemeinschaft PRO ASYL: Der Brandanschlag von Mölln 1992 ist nicht einfach Geschichte. Er muss uns heute eine Mahnung sein, rassistischer Stimmungsmache konsequent entgegenzutreten.
Mölln, 23.11.1992: Neonazis verüben zwei Brandanschläge auf zwei von Migrantinnen und Migranten bewohnte Häuser. Die Bewohner im ersten Haus entkommen knapp dem Tod. Beim zweiten Anschlag in der Mühlenstraße gehen die Täter effektiver vor. Sie gießen Benzin in den Hausflur und werfen mehrere Brandsätze. Die 51-jährige Bahide Arslan, die zehnjährige Yeliz Arslan und die 14-jährige Ayse Yilmaz sterben in den Flammen. Die Überlebenden werden zum Teil schwer verletzt und lebenslänglich traumatisiert.
Die Täter rufen nach ihren Taten bei der Feuerwehr an: „In der Mühlenstraße brennt es. Heil Hitler“. Doch die Polizei verdächtigt zunächst den Vater der Familie Arslan. Die Politik sieht erst einmal weg. Kanzler Kohl kommt nicht nach Mölln, man wolle keinen „Beileidstourismus“, so sein Regierungssprecher.
Die Morde von Mölln stehen im Kontext einer Welle von rassistischen Anschlägen, die – anders als oft suggeriert – kein ostdeutsches Phänomen war. 1992 werden in Niedersachsen 93 Brand- und Sprengstoffanschläge mit fremdenfeindlichem Hintergrund registriert, in Baden-Württemberg sind es 83, in Bayern 29. In Schleswig-Holstein gab es den Polizeibehörden zufolge 35 Brand- und Sprengstoffanschläge auf Asylbewerberunterkünfte oder Wohn- und Gewerbeobjekte von Ausländern. Auch in Mölln wurde schon im März 1992 eine Asylbewerberunterkunft mit Molotowcocktails angegriffen.
Die von rassistischer Stimmungsmache geprägte Asyldebatte der neunziger Jahre, die am 6. Dezember 1992 im sogenannten „Asylkompromiss“ gipfelte, hatte Hass gegen Flüchtlinge geschürt – und Hass auf Menschen, die seit Jahrzehnten in Deutschland lebten. Auf Menschen wie Ayse Yilmaz und Bahide und Yeliz Arslan.
Angesichts der aktuellen Asyldebatte, in der Politiker Minderheiten wieder pauschal Asylmissbrauch vorwerfen und Angst vor einer „Flüchtlingsflut“ verbreiten, angesichts der nach wie vor virulenten rassistischen Gewalt in Deutschland und des fortwährenden Versagens deutscher Behörden bei der Aufklärung rassistisch motivierter Verbrechen, sind die Morde von Mölln nicht einfach Geschichte. Sie sind eine Mahnung an die Politik, an die Medien und die Zivilgesellschaft, rassistischer Stimmungsmache konsequent entgegenzutreten.
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