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Der Fall der syrischen Flüchtlingsfamilie Hadad*

Das Ehepaar Hadad* aus Deir-ez-Zor in Syrien ist im Mai 2019 auf den griechischen Inseln angekommen. Gemeinsam mit ihren fünf Kindern sind sie mittlerweile inhaftiert, es droht ihre Abschiebung in die Türkei. Unsere Anwältinnen vor Ort von PRO ASYL / Refugee Support Aegean betreuen den Fall.
Die Fluchtgeschichte:
Das Ehepaar Hadad* stammt aus Deir ez Zor. Zu Beginn des syrischen Bürgerkriegs wird der Mann willkürlich verhaftet und von Assads Sicherheitskräften gefoltert. Mehrfach wird die Familie vertrieben und flieht schließlich Mitte 2014 weiter nach Idlib. Die Jahre dort sind geprägt von brutalen Bombenanschlägen – Ende 2018 wird auch das Haus der Familie getroffen.
Im April 2019 gelingt den Eheleuten zusammen mit ihren fünf Kindern die Flucht in die Türkei. Sie haben große Angst, wie andere Familienangehörige wieder nach Syrien abgeschoben zu werden und besteigen ein Boot nach Griechenland. Am 9. Mai 2019 erreichen sie Chios. Herr Hadad ist als Opfer von Gewalt ärztlich anerkannt. Die 14-jährige Tochter leidet seit den Bombenangriffen an einer schweren posttraumatischen Belastungsstörung. Das jüngste Kind im Säuglingsalter benötigt – vermutlich bedingt durch die Strapazen der Flucht – intensive medizinische Betreuung.
Der Einsatz
Als PRO ASYL/RSA am 16. Januar 2020 vom Fall der Familie Hadad erfährt, greifen wir sofort ein. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich die Familie bereits in Haft, ihre Abschiebung in die Türkei steht bevor.
Unsere Anwältinnen stellen einen Antrag beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg (EGMR), um die Abschiebung zu verhindern. Der EGMR folgt dem Antrag, gewährt Aufschub bis zum 03. Februar 2020 und verlangt binnen weniger Tage weitere inhaltliche Begründungen, welche Risiken der Familie bei einer Abschiebung in die Türkei drohen und warum sie nicht nach Syrien zurückkehren kann.
Wir organisieren ein Gutachten zur Gefährdungssituation in der Türkei sowie ein weiteres Gutachten zur Verfolgungssituation in Syrien. Wir intervenieren bei Frontex (Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache), um eine Abschiebung trotz laufendem Verfahren zu verhindern.
Unser Hilfsteam bringt den Vater in ein Krankenhaus, um die Folterspuren zu dokumentieren. Gleichzeitig weisen wir nach, dass die medizinischen Befunde zur posttraumatischen Belastungsstörung der 14-jährigen Tochter bislang im Abschiebeverfahren ignoriert wurden.
Nachdem der EGMR am 03. Februar 2020 keine weitere Verlängerung des Abschiebestopps gewährt, bereiten wir einen Asylfolgeantrag mit neuen medizinischen Gutachten und aktualisierter Länderexpertise zur Türkei vor.
Ein wichtiger Fall für den gesamten Deal
Zurzeit hat die Asylbehörde noch nicht über den Folgeantrag entschieden. Wir hoffen, dass es uns gelingt, für Familie Hadad den Zugang zu einem individuellen Asylverfahren zu erstreiten.
Es wäre ein wichtiger Schritt, sowohl die willkürlichen Regelungen des EU-Türkei-Deals in Frage zu stellen, als auch die unmenschliche Behandlung Schutzsuchender in die EU-Hotspots zu beenden.