News
Das Problem heißt Rassismus und es ist hausgemacht!
Zehn fremdenfeindliche Straftaten am Tag – aber Attacken auf Flüchtlinge und ihre Unterkünfte sind mittlerweile nur noch Randnotizen in der Öffentlichkeit. Auch die kürzlich veröffentlichten Zahlen haben nicht für den (dringend notwendigen) Aufschrei gesorgt. Umso wichtiger ist es, dass die Zivilgesellschaft nun deutliche Zeichen setzt!
Mehr als 3.500 größtenteils rechtsextrem motivierte Angriffe auf Geflüchtete, Flüchtlingsunterkünfte oder Flüchtlingshelfer – das ist die traurige Bilanz des Jahres 2016, wie aus einer Antwort auf eine Kleine Anfrage im Bundestag hervorgeht. Die Dunkelziffer dürfte dabei noch höher sein, da nicht jeder Fall den Behörden bekannt wird.
Zahl der Anschläge auf Unterkünfte konstant hoch
Nachdem es 2015 zu einem dramatischen Anstieg der Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte kam, bleibt die Zahl auch 2016 weiterhin hoch. 988 Angriffe zählte das Bundesinnenministerium (2015: 1.031), in über 100 Fällen davon handelt es sich um Brandanschläge, in einer Recherche der taz aus dem Januar wurden 141 solcher Brandstiftungen dokumentiert, viele davon an bewohnten Flüchtlingsunterkünften.
Insgesamt wurden vergangenes Jahr 560 Menschen bei flüchtlingsfeindlichen Übergriffen verletzt, darunter 43 Kinder.
Jeden Tag mehrere direkte Angriffe auf Geflüchtete
In der Chronik flüchtlingsfeindlicher Vorfälle führen die Amadeu Antonio – Stiftung und PRO ASYL auch tätliche Übergriffe auf Flüchtlinge auf. Für 2016 wurden hier 384 solcher Körperverletzungsdelikte protokolliert – die Zahlen des BMI sind aber noch weitaus drastischer: 2.545 Attacken auf Geflüchtete außerhalb ihrer Unterkünfte werden dort aufgelistet.
Jeden Tag werden in Deutschland also mehrere Menschen Opfer von rassistischen und fremdenfeindlich motivierten Angriffen. Insgesamt wurden laut BMI 560 Menschen bei diesen Taten verletzt, darunter 43 Kinder.
Hinzu kommt, dass auch immer häufiger Hilfsorganisationen oder ehrenamtliche Flüchtlingshelfer zum Ziel von Attacken werden – allein das BMI spricht von 217 Fällen, auch hier dürfte die tatsächliche Zahl noch weitaus höher sein, da nicht immer die Polizei informiert wird.
Wer so redet, braucht sich nicht wundern
So schockiert manch Politiker angesichts der Zahlen tun mag: Wundern sollte man sich auch in den großen Parteien nicht darüber. Immer mehr findet Anti-Flüchtlings-Rhetorik schließlich Eingang in den politischen und gesellschaftlichen Diskurs, immer mehr Verantwortungsträger befeuern fremdenfeindliche Ressentiments.
Den Bürgern wird suggeriert, dass »der Flüchtling« vor allem ein riesiges Problem ist, das man möglichst schnell wieder loswerden muss.
Das alte Sprichwort »Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus« passt hier wie die Faust aufs Auge – denn die Verantwortlichen belassen es nicht nur bei Worten:
Eine Asylrechtsverschärfung nach der anderen, die ständige Debatte über konsequentere Abschiebungen, die Verbreitung teils falscher Zahlen und Behauptungen auch aus Regierungskreisen, die zunehmende Abschottung an Europas Außengrenzen – all das suggeriert dem Bürger, »der Flüchtling« wäre zunächst einmal ein riesiges Problem, das man möglichst schnell wieder loswerden müsse.
Übergriffe im ganzen Land
Bei manch einem fällt das offenbar auf fruchtbaren Boden, in einigen Gegenden Deutschlands bilden sich gar rechtsterroristische Zellen wie die »Gruppe Freital« oder die »Oldschool Society«. Rechte Gewalt ist dabei aber kein Merkmal einzelner Bundesländer, wie auch die Übersichtskarte der Initiative »Rechtes Land« zeigt.
Nicht umsonst prangerte auch die Menschenrechtsorganisation »Amnesty International« in ihrem weltweiten Report an, dass zu wenig Maßnahmen gegen die vielen Angriffe auf Flüchtlinge in Deutschland unternommen würden und kritisierte die immer weiteren Asylrechtsverschärfungen in Deutschland.
Wir müssen was dagegen tun!
Angesichts von all der Hetze und dem Hass mag manch einer versucht sein, zu resignieren. Dabei sollte aber nie vergessen werden: Diejenigen, die gegen Flüchtlinge schreien, sie tätlich angreifen, ihre Unterkünfte anzünden – sie sind in der Minderheit.
»Wir, die Gesamtgesellschaft, müssen lauter sein als diejenigen, die Hass verbreiten und Ressentiments schüren. Indem wir uns klarer positionieren, rechtzeitig empören und wachsam sind.«
Vom 13.–26. März finden die Internationalen Wochen gegen Rassismus statt. Bei unzähligen Aktionen in ganz Deutschland gibt es die Gelegenheit, Gesicht zu zeigen und ein Zeichen zu setzen! Ein Zeichen, das gerade jetzt dringend nötig ist, denn wie die Bloggerin Kübra Gümüşay in ihrem Aufruf zur Teilnahme richtig sagt: »Wenn sich Menschen für ihre rassistischen Äußerungen nicht mehr schämen, dann sind wir mit unserer Empörung zu spät dran.«