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Was Seehofer, Gabriel und Merkel ausgedealt haben, müssen Schutzsuchende in Deutschland nun ausbaden. Foto: picture alliance / dpa

Gestern hat die Bundesregierung nach langen Diskussionen das Asylpaket II beschlossen – sogar mit zusätzlichen Verschärfungen gegenüber dem Beschluss vom November 2015. Das geplante Gesetz führt zu einer massiven Beschränkung des Rechtsschutzes von vielen Flüchtlingen und wird Familien auf lebensgefährliche Routen zwingen.

Bereits im Novem­ber 2015 lag PRO ASYL ein Gesetz­ent­wurf der Bun­des­re­gie­rung zum Asyl­pa­ket II vor, der nun noch ergänzt wur­de. Und schon damals muss­te man kon­sta­tie­ren: Es han­delt sich um einen Fron­tal­an­griff auf das Asyl­recht. Hier kön­nen Sie unse­ren Auf­ruf gegen das Gesetz unter­stüt­zen. Beschlos­sen wur­de im Kabi­nett nun folgendes:

Beschrän­kung des Fami­li­en­nach­zugs bedeu­tet Lebensgefahr

Für Flücht­lin­ge mit sub­si­diä­rem Sta­tus wird der Fami­li­en­nach­zug für zwei Jah­re aus­ge­setzt. Das sind all jene Flücht­lin­ge, die nicht indi­vi­du­ell ver­folgt wer­den, aber in ihrer Hei­mat Fol­ter, Todes­stra­fe oder unmensch­li­che Behand­lung befürch­ten müs­sen. Durch die Ein­zel­fall­prü­fung der Syrer/innen könn­te auch die­se Grup­pe betrof­fen sein – dabei haben diver­se Ober­lan­des­ge­rich­te das BAMF in der Ver­gan­gen­heit gera­de dazu gezwun­gen, syri­schen Flücht­lin­gen einen Sta­tus nach der Gen­fer Flücht­lings­kon­ven­ti­on zu verleihen.

Ohne­hin sind die War­te­zei­ten für den Fami­li­en­nach­zug der­zeit sehr lan­ge, zusätz­lich zu den zwei Jah­ren Aus­set­zun­gen dürf­ten noch meh­re­re Mona­te bis sogar Jah­re hin­zu­kom­men. Die Fol­ge: Fami­li­en wer­den sich auf die lebens­ge­fähr­li­chen Flucht­rou­ten auf­ma­chen, wer­den in Lebens­ge­fahr gezwun­gen. Auch die von der SPD vor­ge­schla­ge­ne Kon­tin­gent­lö­sung behebt kein Pro­blem, denn ob die­se tat­säch­lich auf euro­päi­scher Ebe­ne ver­ein­bart wer­den kön­nen, ist mehr als ungewiss.

„Beson­de­re Auf­nah­me­ein­rich­tun­gen“: Son­der­la­ger mit Beschrän­kung des Rechtsschutzes 

In Schnell­ver­fah­ren sol­len bestimm­te Flücht­lings­grup­pen inner­halb einer Woche ein Asyl­ver­fah­ren durch­lau­fen und dann inner­halb von drei Wochen abge­scho­ben wer­den kön­nen – fern­ab der Bal­lungs­ge­bie­te, ohne adäqua­ten Zugang zu unab­hän­gi­ger Rechts­be­ra­tung und effek­ti­ver anwalt­li­cher Ver­tre­tung. Anders als die Bun­des­re­gie­rung sug­ge­riert, betref­fen die geplan­ten Schnell­ver­fah­ren nicht nur einen klei­nen Teil der Asyl­su­chen­den. Auf­grund der Bestim­mung, dass Flücht­lin­ge ohne Pass Schnell­ver­fah­ren unter­zo­gen wer­den kön­nen, ist ein Groß­teil der Schutz­su­chen­den von den unfai­ren Eil­ver­fah­ren bedroht. Denn wer ver­folgt wird und unter­tau­chen muss, kann in der Regel kei­ne Papie­re mit­neh­men. Ohne Pass zu sein ist typisch für Men­schen auf der Flucht!

Abschie­bun­gen trotz psy­chi­scher Traumata

Von einer Abschie­bung soll nur noch dann abge­se­hen wer­den, wenn schwer­wie­gen­de also aku­te Krank­hei­ten bei Betrof­fe­nen vor­lie­gen. Ins­be­son­de­re post­trau­ma­ti­sche Belas­tungs­stö­run­gen sind nach Ansicht der Bun­des­re­gie­rung kein Abschie­bungs­hin­der­nis. Ange­sichts der Tat­sa­che, dass sich immer wie­der Men­schen in Abschie­bungs­haft das Leben neh­men, weil die Situa­ti­on für sie psy­chisch belas­tend ist, ist es per­fi­de wie hier mit dem Leben gespielt wird.

Nord­afri­ka: Mehr siche­re Herkunftsstaaten

Eine zusätz­li­che Ver­schär­fung gegen­über dem Novem­ber­be­schluss ist die Ein­stu­fung von Alge­ri­en, Marok­ko und Tune­si­en als siche­re Her­kunfts­staa­ten. In die­sen Län­dern ist die Men­schen­rechts­si­tua­ti­on kei­nes­falls sicher, son­dern über­aus pro­ble­ma­tisch, wie PRO ASYL bereits dar­ge­legt hat. Da die­ser Teil des Geset­zes durch den Bun­des­rat zustim­mungs­pflich­tig ist, wird es dar­auf ankom­men, ob ins­be­son­de­re die grün-mit­re­gier­ten Lan­des­re­gie­run­gen erneut in der Men­schen­rechts­fra­ge ein­kni­cken werden.

Asyl­pa­ket II stoppen!

Die Beschlüs­se der Koali­ti­on müs­sen nun noch durch den Bun­des­tag – wir for­dern alle Abge­ord­ne­ten des Deut­schen Bun­des­ta­ges auf, das geplan­te Gesetz abzulehnen.

Unse­ren Auf­ruf »> hier unterstützen! «<

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