Image
Foto: picture alliance / CHROMORANGE | Christian Ohde

Die Fairness von Verwaltungs- und Gerichtsverfahren ist zentral für den Rechtsstaat. Wenn die künftige Regierung den Amtsermittlungsgrundsatz im Asylrecht durch den Beibringungsgrundsatz ersetzt, steht sie nicht nur verfassungsrechtlich auf dünnem Eis. Sie würde damit auch für einen neuen Tiefpunkt der deutschen Rechtsstaatlichkeit sorgen.

Im Son­die­rungs­pa­pier der CDU/CSU und SPD fin­det sich der unauf­fäl­li­ge Satz: »Aus dem ‚Amts­er­mitt­lungs­grund­satz‘ muss im Asyl­recht der ‚Bei­brin­gungs­grund­satz‘ wer­den.« Die­ser Satz birgt aller­dings eine star­ke Abschwä­chung von Ver­fah­rens­ga­ran­tien für geflüch­te­te Per­so­nen. Unter­schie­de in den Ver­fah­rens­ga­ran­tien im Asyl­ver­fah­ren sor­gen schon jetzt dafür, dass die­se vul­nerable Grup­pe vor Gericht deut­lich schlech­ter gestellt ist als vie­le ande­re Kläger*innen.

Ein Frag­den­Staat vor­lie­gen­der ers­ter Ent­wurf eines Koali­ti­ons­pa­piers der Arbeits­grup­pe Innen, Recht, Migra­ti­on und Inte­gra­ti­on zeigt, dass am Mon­tag noch kei­ne Eini­gung zu dem The­ma zwi­schen den Koali­ti­ons­par­tei­en erzielt wer­den konn­te. Wäh­rend die CDU wei­ter­hin die Abschaf­fung des Amts­er­mitt­lungs­grund­satz for­dert, will die SPD sich »unter Bei­be­hal­tung des Amts­er­mitt­lungs­grund­sat­zes künf­tig stär­ker auf den vor­ge­brach­ten Par­tei­vor­trag und auf eine Rechts­mä­ßig­keits­prü­fung konzentrieren«.

Kern der deut­schen Demo­kra­tie und des damit ein­her­ge­hen­den Rechts­staats­prin­zips ist es, dass die Staats­ge­wal­ten sich gegen­sei­tig kon­trol­lie­ren. Des­halb ist es unab­ding­lich, dass die Gerich­te kon­trol­lie­ren, ob die Ver­wal­tung sich an Recht und Gesetz hält.

»Aus dem ‚Amts­er­mitt­lungs­grund­satz‘ muss im Asyl­recht der ‚Bei­brin­gungs­grund­satz‘ werden.«

Ers­ter Ent­wurf eines Koali­ti­ons­pa­piers von Uni­on & SPD

Eine sol­che Kon­trol­le und der damit ein­her­ge­hen­de Schutz vor fal­schen Ent­schei­dun­gen kann nur dann erreicht wer­den, wenn für jede Per­son der glei­che Zugang zur gericht­li­chen Über­prü­fung einer Ver­wal­tungs­ent­schei­dung besteht und die Ver­wal­tung den Sach­ver­halt für jede Per­son gleich klärt.

Bereits jetzt sind die Ver­fah­rens­ga­ran­tien für geflüch­te­te Per­so­nen stark ein­ge­schränkt – und das, obwohl es für sie um alles geht: Erhal­ten sie Schutz und dür­fen in Deutsch­land blei­ben, oder wird ihr Asyl­an­trag abge­lehnt und wer­den sie sogar abgeschoben?

Zum Ver­gleich: Bürger*innen, die in einem Bescheid auf­ge­for­dert wer­den, ihre Müll­ton­ne am Abfuhr­tag an die Stra­ße zu stel­len, haben einen Monat Zeit, um dage­gen bei der Behör­de Wider­spruch zu erhe­ben. Bleibt der Wider­spruch erfolg­los, bleibt ein wei­te­rer Monat, sich einen Rechts­bei­stand zu suchen und gegen den Müll­to­nen-Bescheid vor Gericht vor­zu­ge­hen. Ein Wider­spruch gegen den Bescheid führt zudem meist dazu, dass die Anord­nung bis zur end­gül­ti­gen Ent­schei­dung des Gerichts nicht befolgt wer­den muss.

Ganz anders ist die Situa­ti­on für Asyl­su­chen­de: Lehnt das Bun­des­amt für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge (BAMF) ihren Asyl­an­trag ab, bleibt ihnen – je nach Art der Ableh­nung – nur ein bis zwei Wochen Zeit, um dage­gen vor­zu­ge­hen. Eine ein­fa­che Kla­ge reicht oft nicht aus, damit Asyl­su­chen­de bis zum Ende des Gerichts­ver­fah­rens im Land blei­ben dür­fen. Statt­des­sen müs­sen sie zusätz­lich noch einen geson­der­ten Eil­an­trag stel­len, damit sie nicht schon vor der gericht­li­chen Über­prü­fung der BAMF-Ent­schei­dung abge­scho­ben werden.

Hin­zu kommt, dass Adressat*innen der Müll­ver­fü­gung in der Regel über gute Deutsch­kennt­nis­se ver­fü­gen und mit dem deut­schen Rechts­sys­tem ver­traut sind. Die asyl­su­chen­de Per­son hat hin­ge­gen oft grö­ße­re Schwie­rig­kei­ten gegen Beschei­de vor­zu­ge­hen, auf­grund von Sprach­bar­rie­ren, finan­zi­el­len Schwie­rig­kei­ten und man­geln­den Kennt­nis­sen des deut­schen Ver­wal­tungs- und Gerichtsverfahrens.

Trotz die­ser Umstän­de wird es ihr bereits jetzt erschwert, ihre Rech­te gel­tend zu machen – und das, obwohl es mög­li­cher­wei­se um nichts Gerin­ge­res geht, als dar­um, nicht in ein Land abge­scho­ben zu wer­den, in dem ihr Ver­fol­gung oder sogar der Tod dro­hen. Dem möch­te die zukünf­ti­ge Regie­rung noch eine wei­te­re Hür­de hinzufügen.

Amtsermittlungsgrundsatz vs. Beibringungsgrundsatz

Das Ergeb­nis der Son­die­run­gen bzw. die For­de­rung der CDU, im Asyl­recht den Amts­er­mitt­lungs- durch den Bei­brin­gungs­grund­satz zu erset­zen, lässt viel Inter­pre­ta­ti­ons­spiel­raum. Es ist zum Bei­spiel noch unklar, ob damit nur Asyl­ver­fah­ren beim BAMF oder auch das Kla­ge­ver­fah­ren vor den Ver­wal­tungs­ge­rich­ten (sie­he hier­zu auch den Bei­trag im Ver­fas­sungs­blog) gemeint ist. Bei­de Ver­fah­ren beinhal­ten vor allem die Ermitt­lung der per­sön­li­chen Ver­fol­gungs­ge­schich­te der Geflüch­te­ten sowie der Umstän­de im Her­kunfts­land. Auch der Vor­schlag der SPD im Ent­wurf des Koali­ti­ons­ver­trags lässt offen, wel­che ver­fah­rens­recht­li­chen Ände­run­gen sich die­se genau vorstellen.

Im Ver­wal­tungs­recht gilt bis­lang der Amts­er­mitt­lungs­grund­satz, wäh­rend im Zivil­recht der Bei­brin­gungs­grund­satz Stan­dard ist. Der Unter­schied ist, dass im Zivil­recht zwei Pri­vat­per­so­nen strei­ten, die grund­sätz­lich die­sel­ben Mög­lich­kei­ten zur Ver­fü­gung haben. Im Ver­wal­tungs­recht steht aber der Bür­ger dem Staat gegen­über, der über mehr Macht, Wis­sen und Res­sour­cen verfügt. 

Im Ver­wal­tungs­recht gilt bis­lang der Amts­er­mitt­lungs­grund­satz, wäh­rend im Zivil­recht der Bei­brin­gungs­grund­satz Stan­dard ist. Der Unter­schied ist, dass im Zivil­recht zwei Pri­vat­per­so­nen strei­ten, die grund­sätz­lich die­sel­ben Mög­lich­kei­ten zur Ver­fü­gung haben. Im Ver­wal­tungs­recht steht aber der Bür­ger dem Staat gegen­über, der über mehr Macht, Wis­sen und Res­sour­cen ver­fügt. Des­halb braucht es ande­re Ver­fah­rens­ga­ran­tien, um eine Waf­fen­gleich­heit zwi­schen den Par­tei­en zu gewähr­leis­ten. Die­se Gemein­wohl­auf­ga­be des Staa­tes zeigt sich auch in der Sach­ver­halts­er­mitt­lung, da der Staat ganz ande­re Res­sour­cen zur Ver­fü­gung hat einen Sach­ver­halt auf­zu­klä­ren als eine Pri­vat­per­son. Aus die­sem Grund liegt die Pflicht, den Sach­ver­halt rich­tig zu ermit­teln, bei den Sachbearbeiter*innen im BAMF und den Richter*innen.

Sowohl das Aner­ken­nungs­ver­fah­ren vor dem BAMF als auch das ver­wal­tungs­ge­richt­li­che Ver­fah­ren unter­lie­gen der­zeit dem Amts­er­mitt­lungs­grund­satz. § 24 des Asyl­ge­set­zes stellt dies expli­zit für das BAMF klar. Für die Gerichts­bar­keit ergibt sich dies aus § 86 der Ver­wal­tungs­ge­richts­ord­nung, die – sofern kein abwei­chen­des Son­der­recht sta­tu­iert wird – auch für das ver­wal­tungs­ge­rich­li­che Asyl­ver­fah­ren gilt. Das bedeu­tet, dass das Gericht und die Behör­de den Sach­ver­halt von Amts wegen auf­klä­ren müs­sen – also auch über das hin­aus, was von der asyl­su­chen­den Per­son selbst vor­ge­tra­gen wird. Im Gegen­satz dazu steht der Bei­brin­gungs­grund­satz, bei dem das Gericht die Ent­schei­dung nur auf Tat­sa­chen stützt, die die Betei­lig­ten selbst vorbringen.

Für die per­sön­li­che Ver­fol­gungs­ge­schich­te kön­nen vom Amt und den Gerich­ten haupt­säch­lich nur die Asyl­su­chen­den selbst als Beweis­mit­tel her­an­ge­zo­gen wer­den. Des­halb unter­lie­gen Asyl­su­chen­de schon jetzt umfas­sen­den Mit­wir­kungs­pflich­ten. Dies führt dazu, dass der Aus­gang des Asyl­ver­fah­rens maß­geb­lich von den Fähig­kei­ten der Asyl­su­chen­den abhängt, ihre Situa­ti­on darzustellen.

Umfassende Informationen zum Herkunftsland sind nötig

Der­zeit ermit­teln sowohl das BAMF als auch die Gerich­te selbst zur Situa­ti­on im Her­kunfts­land der Asyl­su­chen­den. Hier­zu ste­hen ihnen umfang­rei­che Lis­ten an Erkennt­nis­mit­teln zur Ver­fü­gung, und man­che Gerich­te tei­len ihre Zustän­dig­keit nach Län­dern auf, sodass Richter*innen Expert*in für ein­zel­ne Län­der werden.

Die­se Dar­le­gungs­last droht nun jedoch den Asyl­su­chen­den selbst auf­er­legt zu wer­den. Sie müss­ten dann die poli­ti­schen, sozia­len und tech­ni­schen Zusam­men­hän­ge im Her­kunfts­land eigen­stän­dig darlegen.

Migra­ti­ons­recht­ler Dr. Maxi­mi­li­an Pichl, (Hoch­schu­le Rhein­Main) warn­te in der Frank­fur­ter Rund­schau vor den Fol­gen der Ver­schie­bung die­ser Beweis­last – etwa im Fal­le einer schwe­ren Erkran­kung: Ein schwer­kran­ker Mann, der in den Irak abge­scho­ben wer­den soll, müss­te voll­stän­dig selbst nach­wei­sen, ob die Krank­heit im Irak behan­delt wer­den kön­ne. Selbst wenn Rich­te­rin­nen und Rich­ter aus zurück­lie­gen­den Ver­fah­ren wüss­ten, dass die­se Krank­heit im Irak wohl nicht behan­delt wer­den kön­ne, dürf­ten sie die­ses Wis­sen nach dem Wunsch von Uni­on und SPD nicht mehr ein­brin­gen. Auf die­se Wei­se ver­ord­net man der Jus­tiz von oben kon­tra­fak­ti­sche Unkenntnis.

Damit Asy­l­ent­schei­dun­gen auf rea­len Bedin­gun­gen im Her­kunfts­land basie­ren und nicht auf den indi­vi­du­el­len Dar­le­gungs­mög­lich­kei­ten von Asyl­su­chen­den, muss der Amts­er­mitt­lungs­grund­satz erhal­ten blei­ben. Das BAMF und die Gerich­te müs­sen wei­ter­hin in der Pflicht ste­hen, die tat­säch­li­che Lage in einem Land zu ermit­teln, statt Asyl­su­chen­den – teils durch teu­re Gut­ach­ten – Nach­wei­se aufzubürden.

Rechts­staats­prin­zip des Grund­ge­set­zes erfor­dert Amtsermittlungsgrundsatz

Ver­schie­de­ne ver­fas­sungs­recht­li­che Prin­zi­pi­en wider­spre­chen der Ein­füh­rung eines Bei­brin­gungs­grund­sat­zes im Asylrecht:

  • 20 Abs. 3 Grund­ge­setz: Vor­rang­wir­kung und Vor­be­halt des Geset­zes, fai­res Verfahren

Dem Rechts­staats­prin­zip nach Art. 20 Absatz 3 Grund­ge­setz liegt zugrun­de, dass die Ver­wal­tung an Recht und Gesetz gebun­den ist und Ein­grif­fe in die­se Rech­te vom Gericht kon­trol­liert wer­den kön­nen. Jedem Ein­griff des Staa­tes in die Rech­te einer Per­son muss ein ver­fas­sungs­mä­ßi­ges Gesetz zugrun­de lie­gen. Beru­hen Gerichts­ent­schei­dun­gen auf unvoll­stän­di­gen oder fal­schen Tat­sa­chen kann das dazu füh­ren, dass auch die recht­li­che Bewer­tung selbst falsch ist und nicht mit dem Gesetz über­ein­stimmt. Dies wür­de eine Viel­zahl von Fehl­ur­tei­len zur Fol­ge haben – mit teils dra­ma­ti­schen Fol­gen für die Betroffenen.

Ein fai­res Ver­fah­ren erfor­dert zudem, ein­heit­li­che und ver­läss­li­che Ver­fah­rens­grund­sät­ze. Dazu zählt, dass Sach­ver­hal­te inner­halb eines Ver­fah­rens voll­stän­dig, rich­tig und unpar­tei­lich ermit­telt wer­den müs­sen – beson­ders dann, wenn Behör­den hoheit­lich tätig werden.

  • 19 Abs. 4 Grund­ge­setz, Rechtsschutzgarantie

Ein Bei­brin­gungs­grund­satz wür­de den Zugang zum Recht von per­sön­li­chen Fähig­kei­ten und finan­zi­el­len Mit­teln von Schutz­su­chen­den abhän­gig machen. Das Ver­wal­tungs­ver­fah­ren wür­de so zum Recht des Stär­ke­ren – in dem Fall dem Staat –, aus­ar­ten. Dies kon­ter­ka­riert gera­de die Waf­fen­gleich­heit, die in Art. 19 Absatz 4 Grund­ge­setz ver­fas­sungs­recht­lich garan­tiert ist.

Dabei meint Waf­fen­gleich­heit eine ver­fah­rens­recht­li­che Chan­cen­gleich­heit. Da sich hier die Ein­zel­per­son gegen­über dem Staat wehrt, braucht es den Amts­er­mitt­lungs­grund­satz, um eine fai­re Aus­gangs­la­ge zu gewähr­leis­ten. Die Behör­de ver­fügt über die­sel­ben Infor­ma­ti­ons­be­fug­nis­se wie das Gericht, sodass nur durch die Ermitt­lung durch das Gericht ech­te Waf­fen­gleich­heit zwi­schen Behör­de und Ein­zel­per­son gewähr­leis­tet wer­den kann.

Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt (Rn. 21) hat bereits 1993 ent­schie­den, dass Ver­fah­rens­ord­nun­gen nicht nur den Zugang zum Recht garan­tie­ren müs­sen, son­dern auch des­sen Effek­ti­vi­tät. Ein­schrän­kun­gen dür­fen Rechts­su­chen­de nicht unver­hält­nis­mä­ßig belasten.

  • 3 Abs. 1 Grund­ge­setz, Grund­satz der Gleich­mä­ßig­keit des Verwaltungshandeln

In die­sem Zusam­men­hang spielt der Gleich­heits­grund­satz aus Art. 3 Absatz 1 Grund­ge­setz eine ent­schei­den­de Rol­le. Die Gleich­heit vor dem Gesetz kann nur garan­tiert wer­den, wenn die Sach­ver­halts­er­mitt­lung für alle Per­so­nen vor dem Ver­wal­tungs­ge­richt oder dem BAMF gleich ist. Eine geflüch­te­te Per­son, die noch Deutsch lernt und sich ihre Exis­tenz gera­de erst auf­baut, soll­te die­sel­ben Chan­cen vor dem Ver­wal­tungs­ge­richt haben wie eine Per­son, der der Müll­ton­nen­be­schluss vor­liegt und die über gute Sprach­kennt­nis­se und finan­zi­el­le Mit­tel verfügt.

Das betont auch Prof. Dr. Win­fried Kluth, Pro­fes­sor für Öffent­li­ches Recht an der Mar­tin-Luther-Uni­ver­si­tät Hal­le-Wit­ten­berg in sei­nem Bei­trag im Ver­fas­sungs­blog:

»Die Amts­er­mitt­lung ist ein Schlüs­sel­in­stru­ment zur Siche­rung der Gesetz­mä­ßig­keit und Gleich­mä­ßig­keit des Ver­wal­tungs­han­delns. Gera­de im Asyl­recht ist es ent­schei­dend, dass der Zugang zum Recht nicht von per­sön­li­chen Fähig­kei­ten und Mit­teln abhän­gig gemacht wird.«

EU-Recht sieht Amtsermittlungsgrundsatz für das BAMF vor

Nach Art. 10 Abs. 3 lit. b Asyl­ver­fah­rens­richt­li­nie muss das BAMF Infor­ma­tio­nen über die Her­kunfts­län­der von Amts wegen sam­meln und aus­wer­ten. Die Asyl­be­hör­de des Mit­glied­staats muss genaue und aktu­el­le Infor­ma­tio­nen aus ver­schie­de­nen Quel­len über die all­ge­mei­ne Lage in den Her­kunfts­staa­ten der Asyl­su­chen­den sam­meln und die­se den Entscheider*innen zur Ver­fü­gung zu stellen.

Auch in der ab Juni 2026 gel­ten­den Asyl­ver­fah­rens­ver­ord­nung ist die­se Pflicht vor­ge­se­hen (Art. 34 Abs. 2 lit. b). Die­se wird – im Gegen­satz zu der Richt­li­nie – direkt in Deutsch­land anwend­bar sein und kann nicht natio­nal­recht­lich umgan­gen wer­den. Zumin­dest in Bezug auf die Her­kunfts­staats­in­for­ma­tio­nen schreibt das EU-Recht den Amts­er­mitt­lungs­grund­satz also vor. Sowohl die Asyl­ver­fah­rens­richt­li­nie als auch die Asyl­ver­fah­rens­ver­ord­nung nor­mie­ren außer­dem, dass Rechts­schutz effek­tiv sein muss.

Zudem hat der Gerichts­hof der Euro­päi­schen Uni­on (EuGH) im Juni 2024 ent­schie­den, dass es gegen Art. 4 Qua­li­fi­ka­ti­ons­richt­li­nie ver­stößt, die Beweis­last voll­stän­dig auf schutz­su­chen­de Per­so­nen abzu­wäl­zen. Behör­den haben – anders als Asyl­su­chen­de – umfang­rei­che­ren Zugang zu Quel­len und Beweis­mit­teln. So kann das BAMF bei­spiels­wei­se zur Situa­ti­on im Her­kunfts­staat die dor­ti­ge deut­sche Bot­schaft um Aus­kunft bitten.

Faire Asylverfahren schützen: Keine Einführung des Beibringungsgrundsatzes im Asylrecht!

Um das Rechts­staats­prin­zip und die Rechts­schutz­ga­ran­tie Deutsch­lands zu schüt­zen, for­dert PRO ASYL die zukünf­ti­ge Regie­rung auf, die Ver­fah­rens­ga­ran­tien im Asyl­recht nicht wei­ter zu beschnei­den. Statt­des­sen müss­ten die schon bestehen­den Ein­schrän­kun­gen auf­ge­ho­ben werden.

Ein glaub­wür­di­ger Rechts­staat darf kei­ne Men­schen zwei­ter Klas­se schaffen.

Es wider­spricht rechts­staat­li­chen Prin­zi­pi­en, Ver­fah­rens­rech­te ein­zu­schrän­ken, um Ver­fah­ren zu beschleu­ni­gen. Statt­des­sen müs­sen die Kapa­zi­tä­ten in den Behör­den und an den Gerich­ten aus­ge­baut wer­den. Eine schlech­te­re Sach­ver­halts­auf­klä­rung durch das BAMF wür­de zudem vor­aus­sicht­lich zu mehr Kla­gen füh­ren, so dass es frag­lich ist, ob die Ände­rung Gerich­te tat­säch­lich ent­las­ten würde.

Es wider­spricht rechts­staat­li­chen Prin­zi­pi­en, Ver­fah­rens­rech­te ein­zu­schrän­ken, um Ver­fah­ren zu beschleu­ni­gen. Statt­des­sen müs­sen die Kapa­zi­tä­ten in den Behör­den und an den Gerich­ten aus­ge­baut werden.

Um Waf­fen­gleich­heit zu gewähr­leis­ten und gesell­schaft­lich akzep­tier­te gerech­te Asy­l­ent­schei­dun­gen zu ermög­li­chen, darf der Staat sein Macht­mo­no­pol nicht aus­nut­zen und muss allen Men­schen in Deutsch­land ein fai­res und zugäng­li­ches Ver­fah­ren bereit­stel­len. Daher muss der Staat sicher­ge­hen, dass Asy­l­ent­schei­dung auf einem voll­stän­dig ermit­tel­ten Sach­ver­halt aufbauen.

(Jana Meh­rin­ger, Refe­ren­da­rin bei PRO ASYL, wj)