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Abschotten, Inhaftieren und Abschieben

In welche Richtung steuert die EU-Asylpolitik? Die Hintergrundpapiere zum morgen beginnenden Treffen der Justiz- und Innenminister der EU geben einen ersten Eindruck.
Morgen treffen sich die Justiz- und Innenminister der EU-Staaten in Luxemburg. Ganz oben auf der Tagesordnung steht das Thema „Gemeinsames Europäisches Asylsystem“. Weiter unten auf der Tagesordnung folgen Punkte, die befürchten lassen, in welche Richtung das Treffen zu gehen droht: Es geht um „Rückübernahmeabkommen“ – und damit um möglichst schnelles Abschieben. Und um eine „kohärente Reaktion der EU auf verstärkten Migrationsdruck“ – also um möglichst effektive Abschottung. Das Hintergrundpapier zum Treffen sowie dazugehörige Dokumente bestätigen diese Befürchtung in vielen Punkten.
Dazu nur ein Beispiel von vielen: Bei der Diskussion um das „Gemeinsame Europäische Asylsystem“ geht es etwa um die sogenannte „Aufnahmerichtlinie“. Aus den Vorschlägen zu dieser Richtlinie geht hervor, wie die die „Aufnahme“ von Flüchtlingen aussehen soll: Geplant ist, Asylsuchende künftig aus zahlreichen Gründen zu inhaftieren – etwa schon allein aus dem Grund, dass ihre Identität geklärt werden soll. Faktisch bekämen die EU-Staaten damit einen Freibrief für die Inhaftierung fast aller neu einreisenden Flüchtlinge.
Jetzt schon werden Flüchtlinge in der EU inhaftiert, obwohl sie nichts verbrochen haben. Zum Beispiel in Ungarn. Das belegt unter anderem ein kürzlich veröffentlichter Bericht des UNHCR. „Es ist sehr traurig. Diese Flüchtlinge fliehen aus einem guten Grund aus ihrer Heimat, vielleicht waren sie dort bereits im Gefängnis. Und das erste, was ihnen passiert, wenn sie die Grenzen zur Europäischen Union in Ungarn überschreiten, ist, dass sie festgenommen werden und wieder in einer Haftanstalt landen”, so der UNHCR-Regionalvertreter Gottfried Köfner.
Das Vorhaben, die Inhaftierung von Flüchtlingen in der EU künftig auch noch durch die sogenannte „Aufnahmerichtlinie“ zu legitimieren, geht auch auf politischen Druck der Bundesregierung zurück. Bundesinnenminister Friedrich hat sich in der jüngsten Zeit immer wieder für eine härtere Abschottungspolitik ausgesprochen. Zusammen mit seiner österreichischen Amtskollegin forderte er die Abriegelung der griechisch-türkischen Grenze, an der viele Menschen aus Konfliktgebieten wie Afghanistan, Somalia, Eritrea oder dem Irak Zuflucht in der EU suchen.
Darauf hat jetzt auch das UNHCR mit kritischen Worten reagiert: „Inhalt und Rhetorik jüngster öffentlicher Äußerungen von politisch Verantwortlichen in Europa erwecken leider den Eindruck, es sei ein Hauptziel, den Zugang nach Europa auch für Flüchtlinge möglichst zu erschweren“, so Michael Lindenbauer, UNHCR-Vertreter für Deutschland und Österreich. Das UN-Flüchtlingskommissariat ruft die deutsche und österreichische Regierung dazu auf, sich engagierter für eine europäische Flüchtlingspolitik mit deutlich verbesserten Schutzstandards einzusetzen.
Leider ist zu befürchten, dass sich das deutsche Bundesinnenministerium beim morgigen Treffen für das Gegenteil stark macht: Für Abschottung, Inhaftierung und Abschiebungen.
Richtlinie vereint Inhaftierungsgründe der EU-Staaten (16.01.13)
Griechenland erhöht Haftdauer für Flüchtlinge auf 12 Monate (12.11.12)