12.12.2024

Auf­ent­halts­recht von syri­schen Flücht­lin­gen nach dem Sturz der Assad-Dik­ta­tur – Kurz­hin­wei­se hier auf Deutsch, Ara­bisch und Kur­man­cî.

Unse­re aus­führ­li­chen Hin­wei­se auf Deutsch:

Seit Tagen errei­chen PRO ASYL unzäh­li­ge besorg­te Anfra­gen von Syrer*innen, ob sie nach dem Sturz von Assad nach Syri­en zurück­keh­ren müs­sen oder sogar bald abge­scho­ben wer­den. Vie­le von ihnen leben seit Jah­ren in Deutsch­land, haben die Spra­che gelernt, arbei­ten und ihre Kin­der gehen hier zur Schu­le. Die­se Men­schen füh­len sich zum Teil mas­siv ver­un­si­chert durch die unzäh­li­gen Rück­kehr- und Abschie­bungs­de­bat­ten, die bereits weni­ge Stun­den nach dem Sturz des bru­ta­len Dik­ta­tors ent­brann­ten. PRO ASYL klärt auf, wel­che Fol­gen die neue Situa­ti­on in Syri­en für syri­sche Geflüch­te­te in Deutsch­land haben kann. Auch was Rei­sen nach Syri­en angeht, haben wir eini­ge wich­ti­ge Hinweise.

Von den Debatten nicht verunsichern lassen!

Syrer*innen soll­ten sich nicht von den aktu­el­len poli­ti­schen Debat­ten in Deutsch­land ver­un­si­chern las­sen. Vie­le For­de­run­gen aus der Poli­tik sind rea­li­täts­fern und zeu­gen nicht von Sach­kennt­nis: sie sind weder recht­lich noch prak­tisch umsetz­bar. Das Gegen­teil ist der Fall. Es wird kaum schnel­le, und schon gar kei­ne Mas­sen­ab­schie­bun­gen nach Syri­en geben. Die meis­ten Syrer*innen haben in Deutsch­land einen fes­ten Auf­ent­halt, sind also gar nicht aus­rei­se­pflich­tig und kön­nen das auch nicht so schnell wer­den – wenn über­haupt. Aus die­sem Grund soll­te für die meis­ten Syrer*innen momen­tan kein Grund zur Panik bestehen.

Zwar muss man damit rech­nen, dass die Debat­ten um Rück­kehr und Abschie­bun­gen wei­ter­ge­hen wer­den. Die Poli­tik wird nach Wegen suchen, um Abschie­bun­gen nach Syri­en mög­lich zu machen und die­se auch umzusetzen.

Für eine Ein­schät­zung, ob und falls ja, wann und in wel­chem Umfang Abschie­bun­gen nach Syri­en mög­lich sein wer­den, ist es aktu­ell noch viel zu früh, da die Lage in Syri­en zu unüber­sicht­lich und dyna­misch ist.

Aber selbst, wenn zukünf­tig Abschie­bun­gen nach Syri­en mög­lich sein soll­ten, haben die meis­ten Men­schen noch Zeit, um die Vor­aus­set­zun­gen für ein ande­res, von der Situa­ti­on in Syri­en unab­hän­gi­ges Auf­ent­halts­recht zu schaf­fen, mit dem sie vor künf­ti­gen Abschie­bun­gen nach Syri­en sicher wären: Wer die Mög­lich­keit hat, soll­te ver­su­chen in einem qua­li­fi­zier­ten Beruf zu arbei­ten oder eine Qua­li­fi­ka­ti­on wie eine beruf­li­che Aus­bil­dung oder einen Hoch­schul­ab­schluss anzu­stre­ben. Bei lang­jäh­ri­gem Auf­ent­halt in Deutsch­land kann auch durch gute Inte­gra­ti­on der Auf­ent­halt abge­si­chert wer­den, also wenn Men­schen Arbeit gefun­den und die Spra­che gelernt haben und ihre Kin­der in Deutsch­land zur Schu­le gehen. Die Men­schen soll­ten sich gege­be­nen­falls früh­zei­tig indi­vi­du­ell bera­ten lassen.

1. Reisen nach Syrien

Vie­le Syrer*innen haben seit dem Sturz von Assad den Impuls, nach vie­len Jah­ren des Exils end­lich wie­der nach Syri­en zu rei­sen: Sie wol­len nach Jah­ren der Tren­nung end­lich wie­der engs­te Ver­wand­te in die Arme schlie­ßen oder – lei­der auch eine bru­ta­le Rea­li­tät für vie­le – ver­su­chen zu klä­ren, ob ihre Ange­hö­ri­gen das Gefäng­nis- und Fol­ter­re­gime über­lebt haben oder umge­bracht wurden.

Doch die­je­ni­gen, die nicht die deut­sche Staats­an­ge­hö­rig­keit besit­zen, müs­sen sehr gut abwä­gen: Denn Rei­sen in das Hei­mat­land kön­nen vom BAMF zum Anlass genom­men wer­den, ein Wider­rufs­ver­fah­ren ein­zu­lei­ten, um den Schutz­sta­tus der Men­schen zu wider­ru­fen. Dies kann im schlimms­ten Fall sogar zum Ver­lust des Auf­ent­halts­rechts in Deutsch­land führen.

Syrer*innen, die in Deutsch­land Asyl, die Flücht­lings­an­er­ken­nung, den sub­si­diä­ren Schutz oder ein Abschie­bungs­ver­bot erhal­ten haben, müs­sen Rei­sen nach Syri­en vor Rei­se­an­tritt bei der Aus­län­der­be­hör­de anzei­gen und den Grund für die Rei­se mit­tei­len (§ 47b Auf­enthG). Die­se Rege­lung gilt nicht nur für Men­schen mit einer Auf­ent­halts­er­laub­nis auf Basis eines Schutz­sta­tus, son­dern grund­sätz­lich auch für Geflüch­te­te mit einer Nie­der­las­sungs­er­laub­nis. Nicht davon betrof­fen ist nur, wer die deut­sche Staats­an­ge­hö­rig­keit besitzt.

Eine Rei­se nach Syri­en führt im Regel­fall zum Wider­ruf des Schutz­sta­tus (§ 73 Abs. 7 AsylG) durch das BAMF. Nur wenn die Rei­se »sitt­lich zwin­gend gebo­ten« ist, muss kein Wider­ruf des Schutz­sta­tus befürch­tet werden.

Ein Wider­rufs­ver­fah­ren kann sehr lan­ge dau­ern und es gibt Mög­lich­kei­ten, sich recht­lich dage­gen zu weh­ren (sie­he unten, unter dem jewei­li­gen Sta­tus). Auch muss ein Wider­ruf nicht unbe­dingt den Ver­lust des Auf­ent­halts­rechts in Deutsch­land zur Fol­ge haben. Ange­sichts der aktu­ell sehr unüber­sicht­li­chen Lage in Syri­en ist der­zeit nicht zu erwar­ten, dass Wider­ru­fe im gro­ßen Stil erfolgen.

Bei Rei­sen nach Syri­en dürf­te das aber anders sein, da in die­sen Fäl­len die gesetz­li­che Ver­mu­tung besteht, dass die Vor­aus­set­zun­gen für die Zuer­ken­nung des Schutz­sta­tus sowie für Abschie­bungs­ver­bo­te nicht mehr vor­lie­gen und zu wider­ru­fen sind. Somit kann in die­sen Fäl­len eine gro­ße Gefahr für die Men­schen bestehen, dass ihr Schutz­sta­tus tat­säch­lich vom BAMF wider­ru­fen und ihr Auf­ent­halt unsi­cher wird.

Da jedoch nicht nur die Situa­ti­on in Syri­en eine neue ist, son­dern auch die­se Rege­lung, gibt es aktu­ell noch kei­ne Erfah­rungs­wer­te oder Gerichts­ent­schei­dun­gen dazu, bspw. wel­che Rei­sen als »sitt­lich zwin­gend gebo­ten« gel­ten und wel­che nicht. Men­schen, die kurz­fris­tig nach Syri­en zurück­keh­ren wol­len oder müs­sen, ist daher unbe­dingt zu emp­feh­len sich vor Ort indi­vi­du­ell und unab­hän­gig bera­ten zu las­sen, wel­che auf­ent­halts­recht­li­chen Kon­se­quen­zen eine Rei­se nach Syri­en für sie im schlimms­ten Fall haben könnte.

Neben den recht­li­chen Pro­ble­men kann es bei Rei­sen nach Syri­en auch zu prak­ti­schen Pro­ble­men kom­men. Grund­sätz­lich ist eine Rei­se nach Syri­en mit einem blau­en Flücht­lings­pass oder einem grau­en Rei­se­aus­weis für Aus­län­der nicht mög­lich – dies ist auch so im Rei­se­do­ku­ment ver­merkt. Inwie­weit das in der Pra­xis ange­sichts der neu­en Macht­ver­hält­nis­se in Syri­en zum Tra­gen kommt, kann PRO ASYL der­zeit nicht einschätzen.

Zudem berech­ti­gen die­se von Deutsch­land aus­ge­stell­ten Rei­se­do­ku­men­te nicht in allen Län­dern zur (visums­frei­en) Ein­rei­se. Wer also kei­nen syri­schen Pass besitzt und über Tran­sit­staa­ten nach Syri­en rei­sen möch­te, soll­te sich dies­be­züg­lich umfas­send infor­mie­ren, um nicht bspw. bei der Rück­rei­se nicht mehr ins Flug­zeug nach Deutsch­land gelas­sen zu wer­den. Unter­stüt­zung und Hil­fe der Deut­schen Bot­schaf­ten ist für sol­che Fäl­le näm­lich nicht zu erwar­ten. Und selbst mit anwalt­li­cher Hil­fe kann es mona­te- oder jah­re­lang dau­ern, bis eine Rück­kehr nach Deutsch­land mög­lich ist – wenn über­haupt. Im schlimms­ten Fall wird ein Wider­rufs­ver­fah­ren ein­ge­lei­tet, wäh­rend die­se Men­schen im Aus­land feststecken.

2. Aussetzung der Asylentscheidungen

Das BAMF hat der­zeit die (inhalt­li­chen) Ent­schei­dun­gen über Asyl­an­trä­ge von syri­schen Geflüch­te­ten gestoppt. Das bedeu­tet jedoch nicht, dass sie abge­lehnt oder abge­scho­ben wer­den. Aller­dings bedeu­tet die­se Aus­set­zung eine mög­li­cher­wei­se noch län­ger dau­ern­de Zeit der Unge­wiss­heit für die­se Men­schen und mög­li­cher­wei­se auch deren Fami­li­en­an­ge­hö­ri­ge, die in Syri­en oder einem der Nach­bar­län­der zurück­blei­ben mussten.

Das BAMF kann sei­ne Ent­schei­dun­gen zu Syri­en nicht end­los aus­set­zen, son­dern zunächst für maxi­mal sechs Mona­te (§ 24 Abs. 5 AsylG). Spä­tes­tens dann muss das BAMF die Lage in Syri­en neu prü­fen. Betrof­fe­ne die­ses Ent­schei­dungs­stopps müs­sen vom BAMF inner­halb einer ange­mes­se­nen Frist über die Grün­de infor­miert wer­den. Nicht unter den Ent­schei­dungs­stopp fal­len soge­nann­te Dub­lin-Fäl­le, für die ein ande­rer euro­päi­scher Staat zustän­dig ist und Fäl­le, die bereits in einem euro­päi­schen Staat Schutz erhal­ten haben. In die­sen Fäl­len ent­schei­det das BAMF wei­ter­hin und Betrof­fe­ne müs­sen im schlimms­ten Fall mit ihrer Abschie­bung in einen ande­ren euro­päi­schen Staat rechnen.

Alle ande­ren kön­nen aktu­ell nicht mehr tun als zu war­ten, bis das BAMF die Ent­schei­dun­gen wie­der auf­nimmt. Soll­ten sich die neu­en Macht­ver­hält­nis­se, die Sicher­heits­la­ge und die huma­ni­tä­re Situa­ti­on in Syri­en kla­rer abzeich­nen, das BAMF aber trotz­dem wei­ter­hin nicht ent­schei­den, emp­fiehlt sich gege­be­nen­falls indi­vi­du­el­le Bera­tung, ob es im Ein­zel­fall Mög­lich­kei­ten gibt, eine bal­di­ge Ent­schei­dung herbeizuführen.

Wäh­rend des Ent­schei­dungs­stopps blei­ben die Men­schen in der Auf­ent­halts­ge­stat­tung, die von der Aus­län­der­be­hör­de immer wie­der ver­län­gert wer­den muss, so lan­ge nicht über den Asyl­an­trag ent­schie­den wird. Die­se Men­schen sind und wer­den also nicht aus­rei­se­pflich­tig und ihnen droht kei­ne Abschiebung.

Zu den Erfolgs­aus­sich­ten ihrer Asyl­an­trä­ge lässt sich zum der­zei­ti­gen Stand kei­ne Pro­gno­se abge­ben. Nach dem Sturz Assads hän­gen die­se von den indi­vi­du­ell vor­ge­tra­ge­nen Asyl­grün­den ab. Auf­grund der kata­stro­pha­len huma­ni­tä­ren Lage in Syri­en dürf­te aber (Stand Ende 2024) zumin­dest ein Abschie­bungs­ver­bot erteilt wer­den müs­sen. Im Fal­le einer Ableh­nung kann dage­gen geklagt wer­den. Im Hin­blick auf künf­ti­ge Ent­schei­dun­gen des BAMF dürf­te eben­falls indi­vi­du­el­le Bera­tung im Ein­zel­fall rat­sam sein. Der Aus­gang der Asyl­ver­fah­ren und die Zukunfts­aus­sich­ten die­ser Men­schen sind der­zeit völ­lig unge­wiss. Eben­so die ihrer Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen, die noch in Syri­en oder der Regi­on sind und deren Nach­zug spä­ter geplant war.

Um selbst etwas dafür zu tun, um in Deutsch­land blei­ben zu kön­nen und um mög­lichst von der unge­wis­sen Situa­ti­on in Syri­en unab­hän­gig zu wer­den, ist die­sen Men­schen anzu­ra­ten, mög­lichst früh­zei­tig Deutsch zu ler­nen und eine Arbeit oder bes­ser noch eine beruf­li­che Qua­li­fi­ka­ti­on wie bei­spiels­wei­se eine Berufs­aus­bil­dung anzu­stre­ben. Im Fal­le einer künf­ti­gen kom­plet­ten Ableh­nung des Asyl­an­trags – die wie gesagt aus momen­ta­ner Sicht unwahr­schein­lich sein dürf­te – kann es dar­über Mög­lich­kei­ten auf einen asyl­un­ab­hän­gi­gen Auf­ent­halt in Deutsch­land geben.

3. Syrer*innen mit deutscher Staatsangehörigkeit:

Für Men­schen mit deut­schem Pass besteht kei­ne Gefahr, dass ihr Auf­ent­halt in Deutsch­land been­det wird und sie nach Syri­en abge­scho­ben wer­den. Als deut­sche Staats­an­ge­hö­ri­ge blei­ben die­se Men­schen in Deutsch­land, auch wenn sie zusätz­lich die syri­sche Staats­an­ge­hö­rig­keit haben.

4. Syrer*innen mit Niederlassungserlaubnis: 

Für Men­schen mit einer Nie­der­las­sungs­er­laub­nis besteht in der Regel kei­ne Gefahr für ihren Auf­ent­halt in Deutsch­land. Die Nie­der­las­sungs­er­laub­nis ist ein unbe­fris­te­ter Auf­ent­halts­ti­tel, der immer ein voll­um­fäng­li­ches Auf­ent­halts­recht ver­leiht, los­ge­löst von sei­ner ursprüng­li­chen Zweck­bin­dung, wie der Flücht­lings­an­er­ken­nung oder des sub­si­diä­ren Schut­zes, die spä­ter zum unbe­fris­te­ten Auf­ent­halt führte.

5. Anerkannte Flüchtlinge mit »Blauem Pass« und befristeter Aufenthaltserlaubnis

Durch die ver­än­der­te Situa­ti­on in Syri­en kann ein soge­nann­tes Wider­rufs­ver­fah­ren ein­ge­lei­tet und im schlimms­ten Fall der Flücht­lings­sta­tus wider­ru­fen wer­den. Sol­che Ver­fah­ren sind zwar eine rea­le Gefahr für die die in Deutsch­land leben­den Flücht­lin­ge aus Syri­en, soll­ten der­zeit jedoch kein Grund zur Panik sein. Ein Wider­ruf ist nicht von heu­te auf mor­gen mög­lich und führt nicht zwin­gend zum Ver­lust des Auf­ent­halts­rechts in Deutschland.

Die Vor­aus­set­zung für einen Wider­ruf ist, dass sich die Lage in Syri­en nicht nur erheb­lich, son­dern vor allem auch dau­er­haft ver­än­dert hat (§ 73 Abs. 1 AsylG). Auch wenn der Sturz des Assad-Regimes eine erheb­li­che Ver­än­de­rung ist, ist auf­grund der sehr unüber­sicht­li­chen Ent­wick­lun­gen aktu­ell nicht abseh­bar, für wen es in Syri­en künf­tig sicher ist und für wen nicht. Aus die­sem Grund sind bal­di­ge Wider­rufs­ver­fah­ren im gro­ßen Stil nicht zu erwar­ten (mög­li­che Aus­nah­me: Rei­sen nach Syrien).

Wenn sich die Lage in Syri­en sta­bi­li­siert, muss jedoch mit Wider­rufs­prü­fun­gen gerech­net wer­den. Unklar ist jedoch noch, in wel­chem Umfang dies pas­sie­ren könn­te. Flücht­lin­ge soll­ten schon jetzt prü­fen, ob sie die Vor­aus­set­zun­gen für eine Nie­der­las­sungs­er­laub­nis erfül­len. Kön­nen die­se Vor­aus­set­zun­gen noch nicht erfüllt wer­den, aber haben aner­kann­te Flücht­lin­ge bspw. eine Berufs­aus­bil­dung abge­schlos­sen und arbei­ten in einem qua­li­fi­zier­ten Beruf, kann auch eine zusätz­li­che, vom Flücht­lings­sta­tus unab­hän­gi­ge Auf­ent­halts­er­laub­nis bean­tragt wer­den, um im Fal­le eines Wider­rufs­ver­fah­rens einen ande­ren und siche­ren Auf­ent­halt zu haben.

Spä­tes­tens wenn Flücht­lin­ge Post vom BAMF erhal­ten soll­ten, in denen der beab­sich­tig­te Wider­ruf ange­kün­digt wird, soll­ten sie unbe­dingt eine unab­hän­gi­ge Bera­tungs­stel­le oder eine Fach­an­wäl­tin / einen Fach­an­walt auf­su­chen. Aber auch dann besteht noch kein Grund zur Panik: Im Fal­le eines sol­chen Schrei­bens gibt es die Mög­lich­keit der Stel­lung­nah­me mit einer Frist von einem Monat und erst danach ent­schei­det das BAMF (§73b Abs. 6 AsylG).

Selbst wenn das BAMF den Flücht­lings­sta­tus wider­ruft, muss es wei­ter prü­fen, ob die Vor­aus­set­zun­gen für den sub­si­diä­ren Schutz vor­lie­gen. Lie­gen auch die­se nicht vor, muss noch geprüft wer­den, ob ein Abschie­bungs­ver­bot in Betracht kommt (§ 73b Abs. 2 Satz 1 AsylG). Ein Wider­ruf des Flücht­lings­sta­tus bedeu­tet somit kei­nes­wegs, dass Men­schen nicht mehr schutz­be­dürf­tig sind. Mög­li­cher­wei­se wür­den vie­le einen schlech­te­ren Schutz­sta­tus erhal­ten, der aber wei­ter­hin zum Auf­ent­halt in Deutsch­land berech­tigt. Aus die­sem Grund ist es frag­lich, ob das BAMF hun­dert­tau­sen­de Fäl­le neu über­prüft oder nur in bestimm­ten Ein­zel­fäl­len Wider­ru­fe initi­iert. Zumal sol­che Ver­fah­ren sehr auf­wän­dig sind und zumeist mona­te- oder sogar jah­re­lang dau­ern dürf­ten, ins­be­son­de­re wenn sie mas­sen­haft betrie­ben würden.

Im Fal­le eines Wider­rufs der Flücht­lings­ei­gen­schaft besteht die Mög­lich­keit der Kla­ge bei Gericht. Eine sol­che Kla­ge hat auf­schie­ben­de Wir­kung (§ 73b Abs. 7 AsylG i. V. m. § 75 AsylG). Das bedeu­tet, dass die Ent­schei­dung bis zum Gerichts­ur­teil noch nicht umge­setzt wer­den darf. Wäh­rend die­ser Zeit gilt der Auf­ent­halt der Betrof­fe­nen wei­ter­hin als erlaubt, selbst wenn die Auf­ent­halts­er­laub­nis abläuft und recht­zei­tig die Ver­län­ge­rung bean­tragt wird (§ 81 Abs. 4 Auf­enthG). Ein Rück­fall in die Dul­dung muss also nicht befürch­tet wer­den. Im Zwei­fels­fall soll­te die Zeit eines Wider­rufs­ver­fah­rens dazu genutzt wer­den, die Vor­aus­set­zun­gen für einen ande­ren, vom Flücht­lings­schutz unab­hän­gi­gen Auf­ent­halts­ti­tel zu erfül­len, um nach Mög­lich­keit unab­hän­gig vom Aus­gang des Wider­rufs­ver­fah­rens zu werden.

Bleibt die Kla­ge erfolg­los und besteht im schlimms­ten Fall auch kein Abschie­bungs­ver­bot, wird die Auf­ent­halts­er­laub­nis nach deren Ablauf nicht wei­ter ver­län­gert. Aber auch die­ser »worst case« muss in vie­len Fäl­len nicht unbe­dingt ein Grund zur Sor­ge sein, etwa wenn die Men­schen schon lan­ge in Deutsch­land leben und durch ihre gute Inte­gra­ti­on ein Blei­be­recht, also eine ande­re Auf­ent­halts­er­laub­nis erhal­ten können.

Es lässt sich also so kurz nach dem Sturz der Assad-Dik­ta­tur kaum vor­her­sa­gen, ob und in wel­chem Umfang das BAMF Wider­rufs­ver­fah­ren ein­lei­ten wird und zu wel­chem Ergeb­nis die­se füh­ren wer­den. Was sich jedoch vor­her­sa­gen lässt, ist, dass Men­schen mit einer Flücht­lings­an­er­ken­nung i.d.R. noch län­ge­re Zeit in Deutsch­land blei­ben wer­den. Bis sol­che Ver­fah­ren abge­schlos­sen sind, kann es jah­re­lang dau­ern und Betrof­fe­ne soll­ten in die­ser Zeit gut und unab­hän­gig bera­ten sein.

Wenn jedoch bis zu einem rechts­kräf­tig erfolg­ten Wider­ruf und dro­hen­der Nicht-Ver­län­ge­rung der Auf­ent­halts­er­laub­nis die Vor­aus­set­zun­gen für einen ande­ren Auf­ent­halts­ti­tel (bspw. wegen guter Inte­gra­ti­on, als Fach­kraft oder zur Berufs­aus­bil­dung) nicht erfüllt wer­den kön­nen, droht die Aus­rei­se­pflicht. Die Men­schen erhal­ten dann nur noch Dul­dun­gen oder Grenz­über­tritts­be­schei­ni­gun­gen und im schlimms­ten Fall droht ihnen die Abschie­bung, sofern Abschie­bun­gen bis dahin mög­lich sind. Ob und in wel­chen Fäl­len Abschie­bun­gen dann auch tat­säch­lich durch­führ­bar wären, lässt sich der­zeit eben­falls nicht abschätzen.

Übri­gens müs­sen auch Fami­li­en­an­ge­hö­ri­ge, die Fami­li­en­asyl von aner­kann­ten Flücht­lin­gen ablei­ten, mit einem eige­nen Wider­ruf rech­nen, wenn der Flücht­lings­sta­tus des oder der Stamm­be­rech­tig­ten wider­ru­fen wird. Glei­ches gilt für Auf­ent­halts­er­laub­nis­se zum Fami­li­en­nach­zug. Daher soll­te in sol­chen Fäl­len auch die asyl- und auf­ent­halts­recht­li­che Situa­ti­on der Fami­li­en­mit­glie­der Inhalt von Bera­tungs­ge­sprä­chen sein.

6. Syrer*innen mit subsidiärem Schutz und befristeter Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG

Wie bei aner­kann­ten Flücht­lin­gen kann durch die ver­än­der­te Situa­ti­on in Syri­en auch bei sub­si­di­är Geschütz­ten ein soge­nann­tes Wider­rufs­ver­fah­ren ein­ge­lei­tet und im schlimms­ten Fall der Schutz­sta­tus wider­ru­fen wer­den, was jedoch nicht von heu­te auf mor­gen geht. Doch auch für den Wider­ruf des sub­si­diä­ren Schut­zes reicht die ver­än­der­te Situa­ti­on nach dem Sturz Assads allein nicht aus. Viel­mehr müs­sen sich Umstän­de in Syri­en wesent­lich und vor allem nicht nur vor­über­ge­hend ver­än­dert haben, so dass die Men­schen im Fal­le einer Rück­kehr tat­säch­lich kei­ne Gefahr mehr lau­fen, einen ernst­haf­ten Scha­den zu erlei­den (§ 73 Abs. 2 AsylG). Ange­sichts der momen­tan kaum abseh­ba­ren Ent­wick­lung in Syri­en sind bal­di­ge und mas­sen­haf­te Wider­rufs­ver­fah­ren also nicht zu erwar­ten (mög­li­che Aus­nah­me: Rei­sen nach Syrien).

Jedoch muss bei Sta­bi­li­sie­rung der Lage in Zukunft damit gerech­net wer­den, wenn auch noch unklar ist, ob gene­rell oder nur in bestimm­ten Ein­zel­fäl­len. Daher soll­ten Men­schen mit einer Auf­ent­halts­er­laub­nis als sub­si­di­är Geschütz­te sich per­spek­ti­visch indi­vi­du­ell bera­ten las­sen, ob sie bereits die Vor­aus­set­zun­gen für den Erhalt einer (unbe­fris­te­ten) Nie­der­las­sungs­er­laub­nis oder einer zusätz­li­chen, vom sub­si­diä­ren Schutz unab­hän­gi­gen Auf­ent­halts­er­laub­nis erfül­len bzw. wel­che Vor­aus­set­zun­gen sie hier­für noch erfül­len müssen.

Spä­tes­tens wenn sub­si­di­är Geschütz­te Post vom BAMF erhal­ten soll­ten, in denen der beab­sich­tig­te Wider­ruf ange­kün­digt wird, soll­ten sie unbe­dingt eine unab­hän­gi­ge Bera­tungs­stel­le auf­su­chen. Aber auch dann besteht noch kein Grund zur Panik: Im Fal­le eines sol­chen Schrei­bens gibt es die Mög­lich­keit der Stel­lung­nah­me mit einer Frist von einem Monat und erst danach ent­schei­det das BAMF (§73b Abs. 6 AsylG). Selbst wenn das BAMF den sub­si­diä­ren Schutz wider­ru­fen soll­te, muss es wei­ter prü­fen, ob die Vor­aus­set­zun­gen für ein Abschie­bungs­ver­bot vor­lie­gen (§ 73b Abs. 2 Satz 2 AsylG). Für ein Abschie­bungs­ver­bot spielt auch die huma­ni­tä­re Situa­ti­on vor Ort eine ent­schei­den­de Rol­le sowie die Fra­ge, ob eine Per­son bei Rück­kehr ver­elen­den wür­de – was ange­sichts der momen­tan kata­stro­pha­len huma­ni­tä­ren Situa­ti­on in Syri­en droht.

Somit bedeu­tet ein Wider­ruf des sub­si­diä­ren Schut­zes also kei­nes­wegs, dass die Men­schen nicht mehr schutz­be­dürf­tig sind. Mög­li­cher­wei­se wür­den vie­le ein Abschie­bungs­ver­bot, also einen »schlech­te­ren« Schutz­sta­tus erhal­ten, der aber wei­ter­hin zum Auf­ent­halt in Deutsch­land berech­tigt. Allein aus die­sem Grund kann es frag­lich sein, ob das BAMF hun­dert­tau­sen­de Fäl­le neu über­prüft oder nur in einem Teil der Fäl­le Wider­ru­fe initi­iert. Zumal sol­che Ver­fah­ren sehr auf­wän­dig sind und zumeist mona­te- oder sogar jah­re­lang dau­ern dürf­ten, ins­be­son­de­re wenn sie mas­sen­haft betrie­ben wür­den. Durch die Wider­ru­fe wäre die Recht­stel­lung der Men­schen im Hin­blick auf Fami­li­en­nach­zug deut­lich schlech­ter, wes­halb nicht aus­zu­schlie­ßen ist, dass es ver­mehrt zu Wider­rufs­ver­fah­ren kommt.

Im Fal­le eines Wider­rufs des sub­si­diä­ren Schut­zes besteht die Mög­lich­keit der Kla­ge bei Gericht. Eine sol­che Kla­ge hat auf­schie­ben­de Wir­kung (§ 73b Abs. 7 AsylG i. V. m. § 75 AsylG). Das bedeu­tet, dass selbst wenn vom BAMF kein Schutz­sta­tus mehr fest­ge­stellt wer­den wür­de, eine Abschie­bung bis zur Gerichts­ent­schei­dung nicht zuläs­sig wäre. Wäh­rend die­ser Zeit gilt der Auf­ent­halt der Betrof­fe­nen wei­ter­hin als erlaubt, selbst wenn die Auf­ent­halts­er­laub­nis abläuft und recht­zei­tig die Ver­län­ge­rung bean­tragt wird (§ 81 Abs. 4 Auf­enthG). Den Men­schen droht also nicht der Rück­fall in die Dul­dung. Im Zwei­fels­fall soll­te die Zeit eines Wider­rufs­ver­fah­rens »genutzt« wer­den, um die Vor­aus­set­zun­gen für einen ande­ren, vom sub­si­diä­ren Schutz unab­hän­gi­gen Auf­ent­halts­ti­tel zu erfül­len, um nach Mög­lich­keit unab­hän­gig vom Aus­gang des Wider­rufs­ver­fah­rens zu werden.

Bleibt die Kla­ge erfolg­los und besteht im schlimms­ten Fall auch kein Abschie­bungs­ver­bot, wird die Auf­ent­halts­er­laub­nis nach deren Ablauf nicht wei­ter ver­län­gert Aber auch die­ser »worst case« muss in vie­len Fäl­len nicht unbe­dingt ein Grund zur Sor­ge sein, bspw. wenn die Men­schen schon lan­ge in Deutsch­land leben und durch ihre gute Inte­gra­ti­on ein Blei­be­recht, also eine ande­re Auf­ent­halts­er­laub­nis erhal­ten können.

Es lässt sich also so kurz nach dem Sturz der Assad-Dik­ta­tur kaum vor­her­sa­gen, ob und in wel­chem Umfang das BAMF Wider­rufs­ver­fah­ren gegen sub­si­di­är Geschütz­te ein­lei­ten wird und zu wel­chem Ergeb­nis die­se füh­ren wer­den. Was sich jedoch vor­her­sa­gen lässt, ist, dass Men­schen mit sub­si­diä­rem Schutz i.d.R. noch län­ge­re Zeit in Deutsch­land blei­ben wer­den. Bis sol­che Ver­fah­ren abge­schlos­sen sind, kann es jah­re­lang dau­ern und Betrof­fe­ne soll­ten in die­ser Zeit gut und unab­hän­gig bera­ten sein.

Wenn jedoch bis zu einem rechts­kräf­tig erfolg­ten Wider­ruf und dro­hen­der Nicht-Ver­län­ge­rung der Auf­ent­halts­er­laub­nis die Vor­aus­set­zun­gen für einen ande­ren Auf­ent­halts­ti­tel (bspw. wegen guter Inte­gra­ti­on, als Fach­kraft oder zur Berufs­aus­bil­dung) nicht erfüllt wer­den kön­nen, droht die Aus­rei­se­pflicht. Die Men­schen erhal­ten dann nur noch Dul­dun­gen oder Grenz­über­tritts­be­schei­ni­gun­gen und im schlimms­ten Fall droht ihnen die Abschie­bung, falls die­se dann mög­lich sein soll­ten. Ob und in wel­chen Fäl­len Abschie­bun­gen dann auch tat­säch­lich durch­führ­bar wären, lässt sich der­zeit eben­falls nicht abschätzen.

Übri­gens müs­sen auch Fami­li­en­an­ge­hö­ri­ge, die den sub­si­diä­ren Schutz vom sub­si­di­är geschütz­ten min­der­jäh­ri­gen Kind oder Ehe­gat­ten ablei­ten, mit einem eige­nen Wider­ruf rech­nen, wenn der Schutz­sta­tus des oder der Stamm­be­rech­tig­ten wider­ru­fen wird. Glei­ches gilt für Auf­ent­halts­er­laub­nis­se zum Fami­li­en­nach­zug. Daher soll­te in sol­chen Fäl­len auch die asyl- und auf­ent­halts­recht­li­che Situa­ti­on der Fami­li­en­mit­glie­der Inhalt von Bera­tungs­ge­sprä­chen sein.

7. Syrer*innen mit einem Abschiebungsverbot und befristeter Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3

Bei Syrer*innen, die in Deutsch­land ein Abschie­bungs­ver­bot haben, gibt es sehr vie­le unter­schied­li­che Kon­stel­la­tio­nen. Eini­ge dürf­ten ein Abschie­bungs­ver­bot in Bezug auf Syri­en haben, die meis­ten jedoch in Bezug auf euro­päi­sche Staa­ten, in denen ihnen inter­na­tio­na­ler Schutz gewährt wurde.

Auch Men­schen mit einer Auf­ent­halts­er­laub­nis wegen eines Abschie­bungs­ver­bots emp­fiehlt sich eine früh­zei­ti­ge indi­vi­du­el­le Bera­tung, ob sie die Vor­aus­set­zun­gen für den Erhalt einer (unbe­fris­te­ten) Nie­der­las­sungs­er­laub­nis erfül­len bzw. wel­che Vor­aus­set­zun­gen sie hier­für noch erfül­len müs­sen. Kön­nen die Vor­aus­set­zun­gen nicht erfüllt wer­den, aber sind Men­schen mit einem Abschie­bungs­ver­bot bspw. in einer Berufs­aus­bil­dung oder arbei­ten bereits in einem qua­li­fi­zier­ten Beruf, kann ggf. auch eine zusätz­li­che, vom Abschie­bungs­ver­bot unab­hän­gi­ge Auf­ent­halts­er­laub­nis bean­tragt wer­den, um im Fal­le eines Wider­rufs­ver­fah­rens einen siche­ren Auf­ent­halt zu haben. Wer eine sol­che Mög­lich­keit nicht hat, kann sich nach lang­jäh­ri­gem Auf­ent­halt in Deutsch­land auch durch gute Inte­gra­ti­on, also Arbeit und Sprach­kennt­nis­se absichern.

8. Syrer*innen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 oder 2 AufenthG (Landes- oder Bundesaufnahmeprogramm): 

Auch für Men­schen mit einer Auf­ent­halts­er­laub­nis auf Grund eines Bun­des- oder Lan­des­auf­nah­me­pro­gramms für syri­sche Flücht­lin­ge soll­te wegen der deso­la­ten huma­ni­tä­ren Lage in Syri­en bis auf Wei­te­res kei­ne Gefahr für ihren Auf­ent­halt bestehen. Lei­der ist der­zeit unsi­cher, was pas­sie­ren wird, wenn die Auf­ent­halts­er­laub­nis ver­län­gert wer­den muss. Betrof­fe­ne soll­ten jedoch unab­hän­gig von die­ser Fra­ge wie bis­her recht­zei­tig einen Antrag auf Ver­län­ge­rung ihrer Auf­ent­halts­er­laub­nis stel­len, wenn die­se abläuft. Damit gilt der Auf­ent­halt unab­hän­gig von der Lage­ent­wick­lung in Syri­en wei­ter­hin als erlaubt und Betrof­fe­ne müs­sen eine Fik­ti­ons­be­schei­ni­gung erhal­ten (§ 81 Abs. 4 und 5 Auf­enthG). Dann droht kein Rück­fall in die Duldung.

Soll­te die Aus­län­der­be­hör­de dabei andeu­ten, dass sie die Auf­ent­halts­er­laub­nis mög­li­cher­wei­se nicht ver­län­gern möch­te, soll­ten Betrof­fe­ne unver­züg­lich indi­vi­du­el­le Bera­tung ein­ho­len. Im Rah­men der Bera­tung soll­te bespro­chen wer­den, wie gege­be­nen­falls argu­men­tiert wer­den könn­te, dass wei­ter­hin huma­ni­tä­re Grün­de im Sin­ne der Auf­nah­me­an­ord­nung vor­lie­gen und ob ein Wech­sel in einen ande­ren, von der huma­ni­tä­ren Auf­nah­me unab­hän­gi­gen Auf­ent­halts­ti­tel mög­lich ist (bspw. wegen guter Inte­gra­ti­on, Arbeit als Fach­kraft oder Berufs­aus­bil­dung) bezie­hungs­wei­se wel­che Vor­aus­set­zun­gen dafür noch erfüllt wer­den müssen.

Wird der Antrag auf Ver­län­ge­rung der Auf­ent­halts­er­laub­nis nicht recht­zei­tig vor Ablauf gestellt, droht die Aus­rei­se­pflicht und nur noch eine Dul­dung, das heißt im schlimms­ten Fall sogar die Abschie­bung, falls Abschie­bun­gen nach Syri­en mög­lich wer­den soll­ten. Die Aus­län­der­be­hör­de kann aber auch dann noch in Här­te­fäl­len die Fort­gel­tungs­wir­kung der bis­he­ri­gen Auf­ent­halts­er­laub­nis anord­nen (§ 81 Abs. 4 Satz 3 Auf­enthG); dies soll­te aber mög­lichst nicht ris­kiert wer­den. Soll­ten Aus­län­der­be­hör­den Ver­län­ge­rungs­an­trä­ge nicht ent­ge­gen­neh­men wol­len (dies geschieht in der Regel münd­lich), emp­fiehlt sich unver­züg­li­che und unab­hän­gi­ge indi­vi­du­el­le Bera­tung und eine schrift­li­che Antrag­stel­lung zur Ver­län­ge­rung der Aufenthaltserlaubnis.

Bevor eine Aus­län­der­be­hör­de den Antrag auf Ver­län­ge­rung ablehnt, wer­den Betrof­fe­ne schrift­lich dar­über infor­miert und ange­hört (§ 77 Abs. 1 Auf­enthG i. V. m. § 28 Abs. 1 VwVfG), das heißt sie haben die Mög­lich­keit sich dazu zu äußern. Spä­tes­tens dann emp­fiehlt sich unab­hän­gi­ge Bera­tung. Wird die Ver­län­ge­rung der Auf­ent­halts­er­laub­nis abge­lehnt, kann gegen die­sen Bescheid der Aus­län­der­be­hör­de beim zustän­di­gen Ver­wal­tungs­ge­richt geklagt wer­den. Aller­dings hat eine Kla­ge kei­ne auf­schie­ben­de Wir­kung (§ 84 Abs. 1 Nr. 1 Auf­enthG). Das bedeu­tet, dass dann schon der Rück­fall in die Dul­dung und im schlimms­ten Fall sogar eine Abschie­bung dro­hen kann, falls Abschie­bun­gen nach Syri­en wie­der mög­lich wer­den sollten.

Mög­li­cher­wei­se wer­den ein­zel­ne Bun­des­län­der und/oder das Bun­des­in­nen­mi­nis­te­ri­um Erlas­se oder Hin­wei­se zum wei­te­ren Umgang mit die­sem Per­so­nen­kreis an die Aus­län­der­be­hör­den ver­schi­cken, um einen »Fli­cken­tep­pich« und völ­lig unter­schied­li­che Umgangs­wei­sen mit den Men­schen je nach zustän­di­ger Aus­län­der­be­hör­de zu ver­hin­dern und um Rechts­si­cher­heit zu schaf­fen. Sinn­voll und wün­schens­wert wären groß­zü­gi­ge Ver­län­ge­rungs­re­ge­lun­gen durch die Bun­des­län­der allein schon des­we­gen, um nicht Tau­sen­de Men­schen in die Aus­rei­se­pflicht und in Dul­dun­gen zu drän­gen (und ggf. in Asyl­ver­fah­ren und Asyl-Unter­künf­te), sie damit zu ent­rech­ten, obwohl völ­lig unklar ist, ob und wann eine Rück­kehr oder sogar Abschie­bun­gen nach Syri­en über­haupt mög­lich sind.

9. Syrer*innen mit Duldung:

Syrer*innen, die nur eine Dul­dung haben, sind aus­rei­se­pflich­tig. Auch wenn die Dul­dung für Men­schen, die nach Syri­en aus­rei­sen sol­len, bis­lang und teils seit vie­len Jah­ren sicher war, kann nach dem Ende von Assads Dik­ta­tur nun­mehr grund­sätz­lich eine Abschie­bung nach Syri­en drohen.

Wann und in wel­chem Umfang bzw. ob über­haupt Abschie­bun­gen nach Syri­en mög­lich wer­den, ist Ende 2024 jedoch nicht abseh­bar.  Zudem kann die­se Fra­ge – falls Abschie­bun­gen wie­der auf­ge­nom­men wer­den soll­ten – auch von indi­vi­du­el­len Umstän­den abhängen.

Sehr schnel­le und vor allem Mas­sen­ab­schie­bun­gen Tau­sen­der nach Syri­en sind aller­dings unwahr­schein­lich. Syre­rin­nen und Syrern mit einer Dul­dung emp­fiehlt sich eine bal­di­ge unab­hän­gi­ge indi­vi­du­el­le Bera­tung, um zu bespre­chen, ob sie die Vor­aus­set­zun­gen für eine Auf­ent­halts­er­laub­nis erfül­len kön­nen, bspw. wegen guter Inte­gra­ti­on und/oder weil sie eine Berufs­aus­bil­dung oder ein Stu­di­um begon­nen oder erfolg­reich abge­schlos­sen haben.

10. Familiennachzug nach Deutschland

An den Rege­lun­gen zum Fami­li­en­nach­zug ändert sich durch die ver­än­der­te Situa­ti­on in Syri­en nichts. Syrer*innen mit Schutz in Deutsch­land haben wei­ter­hin die­sel­ben Rech­te, was den Nach­zug ihrer Ange­hö­ri­gen angeht, wie zuvor. Aller­dings blei­ben auch die­sel­ben Schwie­rig­kei­ten, die hohen büro­kra­ti­schen Hür­den und vor allem die jahr­lan­ge Dau­er der Verfahren.

Daher kann es für Men­schen mit Schutz­sta­tus durch die ver­än­der­te Situa­ti­on in Syri­en trotz­dem sehr pro­ble­ma­tisch wer­den, ihre Fami­lie nach­zu­ho­len, etwa wenn ein Wider­rufs­ver­fah­ren ein­ge­lei­tet wer­den soll­te. Eine Beschleu­ni­gung des Fami­li­en­nach­zugs ist durch die­se unsi­che­re Situa­ti­on aber lei­der nicht möglich.

Auch für die­je­ni­gen Syrer*innen, die unter den aktu­el­len Ent­schei­dungs­stopp fal­len und noch Ange­hö­ri­ge in Syri­en oder den Nach­bar­län­dern haben, ist die Situa­ti­on unab­seh­bar. Ob für sie der Nach­zug der Fami­lie mög­lich sein wird und falls ja, wann, kann der­zeit nicht vor­her­ge­sagt wer­den. Dies hängt auch davon ab, wie sich die Lage in Syri­en und vor allem die Ent­schei­dungs­pra­xis des BAMF ent­wi­ckeln wird.

Politisches Verantwortungsbewusstsein und Menschlichkeit statt Populismus!

Geflüch­te­te aus Syri­en in Deutsch­land haben nach dem Sturz der Assad-Dik­ta­tur ver­ständ­li­cher­wei­se vie­le Fra­gen zu ihrem künf­ti­gen Auf­ent­halt in Deutsch­land, zum Fami­li­en­nach­zug oder zu Rei­sen nach Syri­en. So kurz nach Ände­rung der Situa­ti­on in Syri­en lässt sich aller­dings vie­les nicht vor­her­se­hen. Daher kön­nen die­se Bera­tungs­hin­wei­se nur ver­su­chen zu infor­mie­ren, was Syrer*innen mög­li­cher­wei­se zu erwar­ten haben und was sie selbst aktiv ver­su­chen kön­nen, um unab­hän­gig von mög­li­chen poli­ti­schen Ent­schei­dun­gen oder von Ent­schei­dun­gen der Behör­den und Gerich­te in Deutsch­land blei­ben zu können.

Was das Behör­den­han­deln angeht, bleibt zu hof­fen, dass aus den Feh­lern der Ver­gan­gen­heit gelernt wur­de. Nach der Fest­nah­me des ira­ki­schen Dik­ta­tors Sad­dam Hus­sein wider­rief das BAMF ab 2004 in tau­sen­den Fäl­len den Schutz­sta­tus ira­ki­scher Flücht­lin­ge. Zu Abschie­bun­gen in den Irak kam es indes auf­grund der völ­lig deso­la­ten Sicher­heits­la­ge im Irak aber den­noch nicht. Die Men­schen blie­ben wei­ter­hin in Deutsch­land, zum Teil aller­dings völ­lig ent­rech­tet in der Dul­dung, was zu Angst vor Abschie­bung führ­te und ihre Situa­ti­on auf dem Arbeits- und Woh­nungs­markt erheb­lich erschwer­te. Gehol­fen hat dies niemandem.

Da es nun­mehr nicht »nur« um Tau­sen­de geht, son­dern um mehr als 600.000 Syrer*innen mit einer Auf­ent­halts­er­laub­nis auf Basis eines Schutz­sta­tus, plus rund 28.000 mit einem Auf­ent­halt durch ein Lan­des- oder Bun­des­auf­nah­me­pro­gramm, ist die Poli­tik auf­ge­for­dert vor­aus­schau­end und vor allem mensch­lich handeln.

Wider­rufs­ver­fah­ren gegen Hun­dert­tau­sen­de und die Infra­ge­stel­lung ihres Auf­ent­halts wären nicht nur aus men­schen­recht­li­cher Sicht inak­zep­ta­bel. Sie wür­den auch für die Wirt­schaft ein Pro­blem dar­stel­len und ins­be­son­de­re die ohne­hin schon be- und teils über­las­te­ten Behör­den und Gerich­te vor kaum lös­ba­re Auf­ga­ben stel­len. Poli­tisch ver­ant­wort­li­ches Han­deln ist daher not­wen­dig und im eige­nen Inter­es­se alter­na­tiv­los. Selbst in Wahl­kampf­zei­ten soll­te es nicht popu­lis­ti­schen und rea­li­täts­fer­nen For­de­run­gen geop­fert werden.

(dmo)


Alle Hintergründe