19.07.2012
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Protestaktion vor dem Bundesverfassungsgericht. Foto: PRO ASYL

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat am 18. Juli 2012 ein fast 20 Jahre währendes Unrecht beendet. Die gekürzten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) erklärte das höchste deutsche Gericht für verfassungswidrig.

Dass man mit nur 60 Pro­zent der Hartz-IV-Sät­ze nicht leben kann, das war für die Karls­ru­her Rich­ter ganz offen­kun­dig: Die gewähr­ten Min­der­leis­tun­gen sei­en „evi­dent unzu­rei­chend, um das men­schen­wür­di­ge Exis­tenz­mi­ni­mum zu gewähr­leis­ten“. Seit Ein­füh­rung des Geset­zes im Jahr 1993 wur­den die Sät­ze für Flücht­lin­ge kein ein­zi­ges Mal ange­passt. Durch die Preis­stei­ge­rung von inzwi­schen über 30 Pro­zent hat sich die Situa­ti­on sogar immer wei­ter ver­schlech­tert. Der unter das Asyl­bLG fal­len­den Per­so­nen­krei­ses wur­de aus­ge­wei­tet und die Dau­er der Leis­tungs­kür­zung auf mitt­ler­wei­le 48 Mona­te verlängert.

Zusam­men mit den Flücht­lings­rä­ten, Kir­chen und Wohl­fahrts­ver­bän­den hat sich PRO ASYL seit lan­gem gegen die­se dis­kri­mi­nie­ren­den Son­der­re­ge­lun­gen ein­ge­setzt, die ein men­schen­wür­di­ges Leben ver­hin­dern. Schließ­lich ist es gelun­gen, zwei Ver­fah­ren bis zum BVerfG zu brin­gen. Geklagt hat­ten der 35- jäh­ri­ge ira­ki­sche Flücht­ling und das 12-jäh­ri­ge in Deutsch­land gebo­re­ne Mäd­chen, deren Mut­ter aus Libe­ria geflo­hen war. Die Kla­gen wur­den aus Mit­teln des PRO ASYL-Rechts­hil­fe­fonds unterstützt.

Mit dem Urteil gibt es end­lich ein Auf­at­men für die Betrof­fe­nen. Sie erhal­ten ab sofort höhe­re Leis­tun­gen. Allein­ste­hen­de bekom­men zusätz­lich zu den Kos­ten für die Unter­kunft ca. 346 (statt bis­her 224) Euro und Jugend­li­che ab 14 Jah­re 268 (statt 200) Euro, Kin­der zwi­schen 6 und 13 Jah­re 237 Euro sowie Kin­der von 0 bis fünf Jah­re 205 Euro monatlich.

Rückwirkende Leistungen ab 1.1.2011

Dass BVerfG mach­te deut­lich, dass der Gesetz­ge­ber schon längst hät­te han­deln müs­sen. Spä­tes­tens seit dem sog. Hartz-IV.-Urteil vom 9. Febru­ar 2010 hät­te dem Gesetz­ge­ber bewusst sein müs­sen, dass auch die Sät­ze nach dem Asyl­bLG ver­fas­sungs­wid­rig sind. Eine Neu­re­ge­lung hät­te also schon längst erar­bei­tet und spä­tes­tens Ende 2010 beschlos­sen wer­den können.

Des­we­gen hat das BVerfG ent­schie­den, dass Leis­tun­gen rück­wir­kend ab dem 1. Janu­ar 2011, für die Fäl­le gel­tend gemacht wer­den kön­nen, die noch nicht bestands­kräf­tig abge­schlos­sen sind. Nicht bestands­kräf­tig ist ein Bescheid dann, wenn dage­gen ein Wider­spruch ein­ge­legt wur­de oder aber noch eine Kla­ge anhän­gig ist. Man kann nicht nach­träg­lich noch gegen alle Beschei­de seit dem 1. Janu­ar 2011 Wider­spruch ein­le­gen. Denn gegen einen Bescheid muss man nor­ma­ler­wei­se inner­halb von einem Monat vorgehen.

Doch aus­nahms­wei­se ver­län­gert sich die­se Frist: Wenn kei­ne oder kei­ne schrift­li­che Rechts­mit­tel­be­leh­rung erging, ver­län­gert sich die Frist auf ein gan­zes Jahr. Je nach­dem, ob und wann die Betrof­fe­nen Rechts­mit­tel ein­ge­legt haben, kön­nen rück­wir­ken­de Zah­lun­gen also für unter­schied­li­che Zeit­räu­me erwirkt wer­den: rück­wir­kend seit dem 1. Janu­ar 2011 (wenn schon damals gegen die Beschei­de Wider­spruch ein­ge­legt wur­de bzw. Kla­ge erho­ben wur­de), rück­wir­kend für das zurück­lie­gen­de Jahr (wenn die 12-Monats­frist gilt) oder rück­wir­kend für den zurück­lie­gen­den Monat (wenn erst dem aktu­el­len Bescheid wider­spro­chen wurde).

»Migra­ti­ons­po­li­ti­sche Erwä­gun­gen, die Leis­tun­gen an Asyl­be­wer­ber und Flücht­lin­ge nied­rig zu hal­ten, um Anrei­ze für Wan­de­rungs­be­we­gun­gen durch ein im inter­na­tio­na­len Ver­gleich even­tu­ell hohes Leis­tungs­ni­veau zu ver­mei­den, kön­nen von vorn­her­ein kein Absen­ken des Leis­tungs­stan­dards unter das phy­si­sche und sozio­kul­tu­rel­le Exis­tenz­mi­ni­mum rechtfertigen.«

Urteil des Bundesverfassungsgericht

Auto­ma­tisch müs­sen jedoch die Behör­den – also von Amts wegen – das Urteil des BVerfG ab Urteils­ver­kün­dung für neue Beschei­de (spä­tes­tens mit Wir­kung ab dem 1. August 2012) beach­ten und die neu­en Beträ­ge zahlen.

Inhaltliche Vorgaben für eine künftige Neuregelung

Für die Zukunft hat das BVerfG dem Gesetz­ge­ber auf­ge­tra­gen, unver­züg­lich eine Neu­re­ge­lung zu tref­fen. Es hat dabei wich­ti­ge Fest­stel­lun­gen im Urteil getrof­fen, die bei einem neu­en Gesetz zu beach­ten sind. Die Leis­tungs­hö­he muss nach­voll­zieh­bar, rea­li­täts­ge­recht, auf Bedar­fe ori­en­tiert und inso­fern aktu­ell exis­tenz­si­chernd berech­net wer­den. Für min­der­jäh­ri­ge Flücht­lin­ge müs­sen die beson­de­ren kin­der- und alters­spe­zi­fi­schen Bedar­fe ermit­telt werden.

Ob bei einer Neu­re­ge­lung ein Abwei­chen von Hartz IV über­haupt noch zu recht­fer­ti­gen wäre, ist zwei­fel­haft. Jeden­falls darf laut BVerfG eine Dif­fe­ren­zie­rung nicht pau­schal nach dem Auf­ent­halts­sta­tus erfol­gen. Das BVerfG macht deut­lich, dass auch der angeb­lich nur vor­über­ge­hen­de Auf­ent­halt oder Abschre­ckungs­zwe­cke die Min­der­leis­tun­gen nicht ohne wei­te­res recht­fer­ti­gen können.

Vorübergehender Aufenthalt rechtfertigt nicht Minderleistung

Bis­her wur­de die Min­der­leis­tung mit dem unter­stell­ten nur „vor­über­ge­hen­den Auf­ent­halt“ der Leis­tungs­emp­fän­ger begrün­det. Hier­ge­gen for­mu­liert das BVerfG gleich meh­re­re Ein­wän­de. Die dem Gesetz zugrun­de lie­gen­de Annah­me, dass eine kur­ze Auf­ent­halts­dau­er die begrenz­te Leis­tungs­hö­he recht­fer­tigt, kann das BVerfG nach der­zei­ti­gem Erkennt­nis­stand nicht nach­voll­zie­hen. Es lie­ßen sich kei­ne Anhalts­punk­te dafür fin­den, dass sich die Auf­ent­halts­dau­er kon­kret auf exis­tenz­si­chern­de Bedar­fe aus­wir­ke. Über­setzt heißt dies: Nur weil ein Mensch nur kurz in Deutsch­land lebt, hat er nicht zwin­gend einen gerin­ge­ren Bedarf an exis­tenz­si­chern­den Leistungen.

Dies ist plau­si­bel, wenn man die Zusam­men­set­zung der Hartz-IV-Sät­ze genau­er betrach­tet. Ers­tens wird die phy­si­sche Exis­tenz abge­si­chert – hier sind von vorn­her­ein kei­ne Unter­schie­de zuläs­sig. Zwei­tens wird das sozio-kul­tu­rel­le Exis­tenz­mi­ni­mum garantiert.

Aber auch bei die­sem Pos­ten deckt Hartz IV ledig­lich nur unver­zicht­ba­re sozia­le Akti­vi­tä­ten ab: Kom­mu­ni­ka­ti­on per Tele­fon etc. mit ande­ren Men­schen, das Nut­zen von Ver­kehrs­mit­teln und in sehr gerin­gem Maße Frei­zeit­ak­ti­vi­tä­ten wie Sport. Die­ser Min­dest­be­darf an sozia­ler Teil­ha­be besteht auch dann, wenn eine Per­son nur kurz­fris­tig in Deutsch­land lebt.

Anzu­füh­ren ist zudem, dass die Betrof­fe­nen fak­tisch gar nicht nur kurz­fris­tig in Deutsch­land sich auf­hal­ten, son­dern län­ger­fris­tig blei­ben. Die meis­ten Men­schen, die aktu­ell mit Asyl­bL­GLeis­tun­gen aus­kom­men müs­sen, leben län­ger als sechs Jah­re in Deutsch­land. Das Gericht macht dem­entspre­chend klar: „Es liegt auch kein plau­si­bler Beleg dafür vor, dass die vom Asyl­bLG erfass­ten Leis­tungs­be­rech­tig­ten sich typi­scher­wei­se nur für kur­ze Zeit in Deutsch­land auf­hal­ten.“ Die Ver­mu­tung sei erheb­li­chen ver­fas­sungs­recht­li­chen Beden­ken aus­ge­setzt. Die Schluss­fol­ge­rung aus die­sem Satz ist, dass sich dann eine Min­der­leis­tung mit die­ser Annah­me auch nicht recht­fer­ti­gen lässt.

Ein ande­rer Ein­wand bezieht sich auf die Bezugs­dau­er von 48 Mona­ten, mit denen die Zeit­span­ne eines „Kurz­auf­ent­halts“ deut­lich über­schrit­ten wer­de. Zu der Fra­ge, ob sich auf­grund eines blo­ßen Kurz­auf­ent­halts Min­der­be­dar­fe begrün­den las­sen, stellt das BVerfG fest: „Hier­bei ist auch zu berück­sich­ti­gen, ob durch die Kür­ze des Auf­ent­halts Min­der­be­dar­fe durch Mehr­be­dar­fe kom­pen­siert wer­den, die typi­scher­wei­se gera­de unter den Bedin­gun­gen eines nur vor­über­ge­hen­den Auf­ent­halts anfallen“.

Damit greift das Gericht eine Über­le­gung auf, die PRO ASYL und ande­re in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor­ge­tra­gen hat­ten. Flücht­lin­ge haben unter Umstän­den sogar in bestimm­ten Berei­chen höhe­re Bedar­fe als ande­re Grup­pen. Z.B. sind die Kom­mu­ni­ka­ti­ons­kos­ten höher, wenn sie zu ihren Fami­li­en in den Her­kunfts­län­dern Kon­takt hal­ten und dabei die höhe­ren Aus­lands­ta­ri­fe beim Tele­fo­nie­ren zah­len müssen.

Bei der Ein­schät­zung die­ser Fra­gen habe der Gesetz­ge­ber einen „Gestal­tungs­spiel­raum“, der ihn aber nicht davon ent­bin­de, das Exis­tenz­mi­ni­mum hin­sicht­lich der kon­kre­ten Bedar­fe zeit- und rea­li­täts­ge­recht zu bestim­men, führt das BVerfG aus.

Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren

Bei einer Neu­re­ge­lung ist zu beach­ten, dass migra­ti­ons­po­li­ti­sche Erwä­gun­gen eine Ungleich­be­hand­lung nicht recht­fer­ti­gen kön­nen. Aus­drück­lich stellt das BVerfG fest: „Migra­ti­ons­po­li­ti­sche Erwä­gun­gen, die Leis­tun­gen an Asyl­be­wer­ber und Flücht­lin­ge nied­rig zu hal­ten, um Anrei­ze für Wan­de­rungs­be­we­gun­gen durch ein im inter­na­tio­na­len Ver­gleich even­tu­ell hohes Leis­tungs­ni­veau zu ver­mei­den, kön­nen von vorn­her­ein kein Absen­ken des Leis­tungs­stan­dards unter das phy­si­sche und sozio­kul­tu­rel­le Exis­tenz­mi­ni­mum recht­fer­ti­gen.“ Und wei­ter: „ Die in Art. 1 Abs. 1 GG garan­tier­te Men­schen­wür­de ist migra­ti­ons­po­li­tisch nicht zu relativieren.“

Für eine Neu­re­ge­lung heißt dies, dass sich eine Schlech­ter­stel­lung von Flücht­lin­gen nicht mehr mit den bis­he­ri­gen Ansät­zen recht­fer­ti­gen lie­ße. Zwar hat das BVerfG nicht aus­drück­lich auf Art. 3 GG – dem Gleich­heits­satz – Bezug genom­men, aber inhalt­lich Vor­ga­ben gemacht, wie sich eine Ungleich­be­hand­lung jeden­falls nicht legi­ti­mie­ren lie­ße. Dies ist wich­tig für künf­ti­ge Ver­su­che, Flücht­lin­ge aus dem Recht auf eine men­schen­wür­di­ge Exis­tenz­si­che­rung her­aus defi­nie­ren zu wollen.

Sachleistungen müssen tatsächlich menschenwürdig sein

Das BVerfG hat im Wesent­li­chen nur über die Fra­gen ent­schie­den, die das Lan­des­so­zi­al­ge­richt NRW in sei­nen Vor­la­gen for­mu­liert hat­te. Die­se betra­fen ins­be­son­de­re die Höhe der Grund­leis­tun­gen und die der Bar­be­trä­ge. Auf ande­re Rege­lun­gen des Asyl­bLG geht das Urteil gar nicht, auf die Fra­ge der Sach­leis­tun­gen nur am Ran­de ein.

Zu den Sach­leis­tun­gen sagt das BVerfG: „Unter der Vor­aus­set­zung und in der Annah­me, dass Sach­leis­tun­gen aktu­ell das men­schen­wür­di­ge Exis­tenz­mi­ni­mum tat­säch­li­che decken, greift die Über­gangs­re­ge­lung nicht in die Rege­lungs­sys­te­ma­tik des Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­set­zes hin­sicht­lich der Art der Leis­tun­gen ein.“ Es ver­langt damit, dass die Sach­leis­tun­gen im Sin­ne der zuvor auf­ge­stell­ten Anfor­de­run­gen an die Geld­leis­tun­gen exis­tenz­si­chernd sein müs­sen. Es kann also nicht sein, dass die Sach­leis­tun­gen einen gerin­ge­ren Gegen­wert haben als die Geld­leis­tun­gen. Dies gilt auch für Gut­schei­ne. Wer­den die­se aus­ge­ge­ben, so muss mit die­sen die­sel­be Kauf­kraft rea­li­sier­bar sein wie dies mit Bar­mit­teln der Fall wäre.

Das heißt also: Bei Sach­leis­tun­gen dür­fen nicht die Kos­ten für Dienst­leis­ter etc. mit ein­be­rech­net wer­den, son­dern allein der Gegen­wert der Waren ist zugrun­de zu legen. Bei Gut­schei­nen muss ggf. ein höhe­rer Wert ange­setzt wer­den, wenn die Gut­schei­ne nur bei Anbie­tern ein­ge­löst wer­den kön­nen, die ver­gleichs­wei­se über­teu­er­te Waren anbieten.

Leistungseinschränkungen gem. § 1a AsylbLG

Kei­ne Äuße­run­gen fin­den sich zu dem Leis­tungs­ein­schrän­kun­gen nach § 1a Asyl­bLG. Hier­nach kön­nen die Leis­tun­gen noch­mals gekürzt wer­den, wenn unter­stellt wird, der Betref­fen­de sei nach Deutsch­land ein­ge­reist, um Leis­tun­gen zu bezie­hen, oder habe sich sei­ner Abschie­bung in den Weg gestellt.

Die­se Sank­tio­nie­rung wur­de kon­kret vom BVerfG nicht kom­men­tiert, geschwei­ge denn als ver­fas­sungs­wid­rig ver­wor­fen, da es hier­zu nicht ange­ru­fen wor­den war. Aller­dings lässt der migra­ti­ons­po­li­ti­sche Sank­ti­ons­cha­rak­ter Zwei­fel an der Ver­fas­sungs­mä­ßig­keit auch die­ser Norm aufkommen.

Schlussfolgerung: Abschreckungsinstrumente abschaffen!

Für PRO ASYL ist dies ein Mei­len­stein im Ein­satz gegen die Aus­gren­zung von Flücht­lin­gen. Karls­ru­he hat klar­ge­macht, dass die Men­schen­wür­de auch für Flücht­lin­ge gilt. „Die Men­schen­wür­de ist migra­ti­ons­po­li­tisch nicht zu rela­ti­vie­ren“, beton­ten die Rich­ter bei der Urteils­ver­kün­dung. Die­se Leit­ent­schei­dung muss zu einem Umden­ken in der Flücht­lings­po­li­tik ins­ge­samt füh­ren. PRO ASYL for­dert, dass alle „Abschre­ckungs­in­stru­men­te“ gegen Flücht­lin­ge auf den Prüf­stand gestellt werden.

Das dis­kri­mi­nie­ren­de Asyl­bLG ent­hält vie­le wei­te­re Schi­ka­nen, z.B. das Sach­leis­tungs­prin­zip: Dies wird in man­chen Bun­des­län­dern wie z.B. Bay­ern und Baden­Würt­tem­berg so ange­wandt, dass Flücht­lin­ge kein Geld, son­dern nur als Sach­leis­tun­gen (Lebensmittel‑, Klei­dungs- und Hygie­ne­pa­ke­te) erhal­ten. In ande­ren Län­dern wie z.B. in Nie­der­sach­sen wer­den Gut­schei­ne aus­ge­ge­ben. In der Pra­xis sind Sach­leis­tun­gen nicht bedarfs­de­ckend, ent­mün­di­gend und von kata­stro­pha­ler Qualität.

Das Asyl­bLG legt zudem eine Aus­gren­zung von einer regu­lä­ren Gesund­heits­ver­sor­gung fest und beschränkt Flücht­lin­ge auf eine medi­zi­ni­sche Not­ver­sor­gung. Zu dem Sys­tem der Aus­gren­zung gehört auch die Pflicht in Sam­mel­la­gern zu leben und die Beschrän­kung der Bewe­gungs­frei­heit auf den Land­kreis (Resi­denz­pflicht).

Ent­mün­di­gend wir­ken die bestehen­den Arbeits­ver­bo­te. Im ers­ten Jahr dür­fen Flücht­lin­ge gar nicht arbei­ten, danach müs­sen sie ein büro­kra­ti­sches Antrags­ver­fah­ren durch­lau­fen, bei dem geprüft wird, ob nicht ein ande­rer Arbeits­su­chen­der vor­ran­gig zu berück­sich­ti­gen ist. Die auf EU-Ebe­ne zur Ver­ab­schie­dung anste­hen­de ver­än­der­te Auf­nah­me­richt­li­nie sieht zwar eine Libe­ra­li­sie­rung beim Arbeits­markt­zu­gang vor, aller­dings soll das abso­lu­te Arbeits­ver­bot nur auf neun Mona­te redu­ziert wer­den, wäh­rend die Vor­rang­re­ge­lung erhal­ten bleibt. Die­se Reform wird also nur wenig Ver­bes­se­rung bringen.

PRO ASYL setzt sich dafür ein, dass die schi­ka­nö­se Aus­gren­zung von Flücht­lin­gen end­lich auf­hört und allen hier leben­den Men­schen eine gleich­be­rech­tig­te gesell­schaft­li­che Teil­ha­be ermög­licht wird.

Marei Pel­zer

 


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