Hintergrund
Kleine Geschichte der Aufnahmeaktionen in Deutschland

Deutschland war Herkunftsland zahlreicher Flüchtlinge, immer wieder aber auch Zufluchts- und Aufnahmeland. Ein Blick zurück zeigt: Deutschland hat die Möglichkeiten und die Mittel zu einer großzügigen, dauerhaften Flüchtlingsaufnahme.
Die Geschichte Europas war schon immer auch eine Geschichte von Flucht und Vertreibung – auch Deutsche wurden zu Flüchtlingen. Im 19. Jahrhundert retteten sich knapp sechs Millionen Menschen aus dem deutschsprachigen Raum vor Armut, religiöser Unterdrückung und Willkürherrschaft per Schiff nach Amerika.
Im Zuge des zweiten Weltkriegs wurden insgesamt 30 Millionen Menschen verjagt und verschleppt, evakuiert und umgesiedelt. Aus dem nationalsozialistischen Deutschland flohen, solange dies noch möglich war, zwischen 1933 und 1939 rund 340.000 Jüdinnen und Juden ins Ausland. Die Verfolgten Nazideutschlands waren nicht überall willkommen und die Staaten verweigerten zum Teil eine Aufnahme.
Dennoch konnten sich Zehntausende in die USA, nach Palästina, Großbritannien oder auch Südafrika retten. Großbritannien initiierte die größte Aufnahmeaktion und rettete 10.000 jüdischen Kindern und Jugendlichen das Leben. Am Ende des zweiten Weltkriegs wurden auch rund 12,5 Millionen Deutsche aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten zu Flüchtlingen.
Über ein gigantisches Programm der Neuansiedlung vermittelte die Internationale Flüchtlingsorganisation (IRO) zwischen 1947 und 1951 mehr als eine Million europäischer Flüchtlinge, die infolge des 2.Weltkrieges geflohen waren, in aufnahmebereite Drittstaaten – die Geburtsstunde des „Resettlement“.
Die meisten europäischen Kriegsflüchtlinge fanden in Staaten außerhalb Europas Aufnahme. Inzwischen hat das Resettlement von Flüchtlingen in einigen Ländern auch Europas, vor allem in Skandinavien eine lange Tradition.
Immer wieder halfen Staaten außerhalb Europas: Zehntausende tschechoslowakische Flüchtlinge fanden nach der blutigen Beendigung des „Prager Frühlings“ 1968 dauerhaft Aufnahme im außereuropäischen Ausland.
Deutschland als Aufnahmeland
Deutschland hat sich lange Zeit, bis 2012, nicht am Resettlementprogramm beteiligt, dessen Durchführung mittlerweile das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR), in Kooperation mit den jeweiligen Staaten, übernommen hat.
Aber die Bundesrepublik hat in ihrer Geschichte immer wieder eigene kleinere und größere Aufnahmekontingente für bestimmte Flüchtlingsgruppen bereitgestellt: Zwischen 1973 und 1980 beispielsweise waren es 2.500 Plätze für Chilenen (von denen letztlich nur knapp 1.300 wirklich kommen durften), 400 für Argentinier_innen, 87 Plätze für Kurd_innen und 277 Plätze für Kubaner_innen. 1990 nahm Deutschland rund 3.000 Botschaftsflüchtlinge aus Albanien auf, deren rechtlicher Status allerdings teilweise umstritten war.Auch in den letzten Jahren kam es zu so genannten „Ad-hoc“-Aufnahmen aus Krisensituationen, die in der Regel nur einige Dutzend oder wenige Hundert Menschen umfassten.
Auch große Gruppen von Flüchtlingen fanden in der Bundesrepublik Aufnahme. Die Bedingungen dafür unterschieden sich allerdings erheblich voneinander: Sie reichen von herzlicher Aufnahme mit Integrationsversprechen bis hin zu kurzfristiger Duldung. Die Erfahrungen der Vergangenheit zeigen: Deutschland hat die Möglichkeiten und die Mittel zu einer großzügigen, dauerhaften Flüchtlingsaufnahme. Und: Viele Flüchtlinge sind dauerhaft auf Schutz angewiesen.
1956 flohen im Zuge der gewaltsamen Beendigung des Ungarn-Aufstands über 200.000 Ungarn ins westliche Ausland, sie wurden von vielen europäischen Staaten mit Sympathie und Solidarität aufgenommen. Die Bundesrepublik Deutschland nahm bis Anfang 1957 rund 13.000 Ungarn-Flüchtlinge als politisch Verfolgte auf und stattete sie mit einem sicheren Aufenthaltsrecht und sozialen Rechten aus.
Dabei kämpfte Deutschland zu diesem Zeitpunkt noch mit den Kriegsfolgen und hatte zehn Millionen Vertriebene und Flüchtlinge wieder einzugliedern, pro Monat rechnete man damals mit 30.000 Neuzugängen an Sowjetzonen-Flüchtlingen und Vertriebenen. Hilfe erhielten die europäischen Staaten durch die klassischen Resettlementländer: Allein die USA nahmen den europäischen Staaten etwa 37.000 Ungarnflüchtlinge ab, Kanada 25.000 und Australien rund 20.000.
In den 1970er und 1980er Jahren waren es die „Boatpeople“ aus Indochina (vor allem Vietnam, aber zum Teil auch Kambodscha), die mit ihrer Flucht in kleinen Booten aufs offene Meer in dramatischer Weise auf ihre Notlage aufmerksam machten. Über 1,6 Millionen Vietnamesen versuchten, Repressalien und Hunger zu entkommen, geschätzte 250.000 Menschen fanden im Südchinesischen Meer den Tod.
Angestoßen durch die Rettungsaktionen des Schiffes „Cap Anamur“ erklärte sich die Bundesregierung 1979 zur Aufnahme von rund 26.000 vietnamesischen Flüchtlingen bereit. In der Öffentlichkeit wurde die Rettungsaktion begleitet von einer Welle der Hilfsbereitschaft, Bis Mitte der 1980er Jahre erhielten die indochinesischen Boatpeople in Deutschland einen sicheren Aufenthaltsstatus als Kontingentflüchtlinge und konnten sich zügig integrieren.
Anfang 1991 vereinbarten die Ministerpräsidenten der Bundesländer erleichterte Einreiseverfahren für Jüdinnen und Juden aus Osteuropa. Ausgangspunkt war die Situation der jüdischen Bevölkerung in der zerfallenen Sowjetunion. Bei der Aufnahme sollten Familienzusammenführungen und Härtefälle im Vordergrund stehen. Auch die Erhaltung der Lebensfähigkeit jüdischer Gemeinden in Deutschland spielte eine Rolle. Bis Ende 2006 wurden insgesamt rund 107.000 Jüdinnen und Juden aus Osteuropa in Deutschland aufgenommen, zunächst nach dem sogenannten Kontingentflüchtlingsgesetz (HumHAG), seit 2007 über § 23 II des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG).
Die jüdischen Kontingentflüchtlinge erhalten ein unbefristetes, ihre Familienangehörigen ein zunächst befristetes Aufenthaltsrecht. Rechtlich sind sie anerkannten Asylberechtigten weitgehend gleichgestellt, erhalten uneingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt und bei Bedarf Sozialleistungen nach dem Sozialgesetzbuch.
Die Zahl der Jüdinnen und Juden aus der ehemaligen Sowjetunion, die in die Bundesrepublik übersiedelten, bewegte sich bis 2004 jährlich meist zwischen 15.000 und 20.000 Personen. Seitdem die Länderinnenminister 2004 und 2005 die gesetzlichen Bedingungen für einen Zuzug erheblich verschärft haben, sank ihre Zahl rapide auf knapp 6.000 im Jahr 2005, weiter auf 1.100 im Jahr 2006. Seit einigen Jahren sind es nur noch wenige Hundert.
Bosnien-Herzegowina wurde ab 1991 zum Schauplatz des blutigsten Krieges in Europa nach 1945. Rund 700.000 Menschen flohen, 80% davon fanden vorübergehenden Aufenthalt in der Europäischen Union, davon rund 330.000 in der Bundesrepublik Deutschland.
Zwar führte die Bundesregierung direkt nach Kriegsausbruch die Visumspflicht auch für bosnische Kriegsflüchtlinge ein. Im Mai 1992 beschlossen die Länderinnenminister allerdings die Aufnahme von behandlungsbedürftigen Verwundeten und Kranken, später auch von Personen aus serbischen Internierungslagern.
Außerdem konnten bosnische Flüchtlinge relativ unbürokratisch ein Visum erhalten, wenn ihre Unterbringung und Versorgung von in Deutschland lebenden Verwandten, Bekannten oder durch Wohlfahrtsverbände oder kirchliche Einrichtungen bezahlt wurde. Zahlreiche in Deutschland lebende jugoslawische Arbeitnehmerfamilien bildeten so die „Auffangstruktur“ für die bosnischen Vertriebenen.
Ein sicheres Aufenthaltsrecht und Integrationsangebote erhielten die Betroffenen aber nicht. Stattdessen bekamen sie nur Duldungen mit eingeschränktem Arbeitsmarktzugang. Nach den beruflichen Qualifikationen der Kriegsflüchtlinge wurde nicht gefragt geschweige denn, dass sie anerkannt wurden. Ein Wohnortwechsel wurde nach einiger Zeit – auch zu engen Verwandten oder wenn eine konkrete Arbeitsmöglichkeit vorlag – kaum mehr erlaubt. Die bosnischen Flüchtlinge mussten in Lagern leben und erhielten reduzierte Sozialleistungen und eine nur rudimentäre Gesundheitsversorgung. So wurden tausende Menschen jahrelang vorsätzlich desintegriert und diskriminiert und wuchsen dennoch in die deutsche Gesellschaft hinein.
Unmittelbar nach Abschluss des Dayton-Abkommens 1995 war die deutsche Bereitschaft, den Bosnier_innen weiterhin Schutz zu gewähren, erschöpft. Während andere europäische Staaten (Norwegen, Schweden, Dänemark, Holland) den Betroffenen schon wegen der Dauer des Krieges ein Aufenthaltsrecht in ihren Ländern zubilligten, wurde das Gros der bosnischen Flüchtlinge von Deutschland zur Rückkehr genötigt. Einige mediengerecht inszenierte Massenabschiebungen gekoppelt mit der Zusage geringer finanzieller Zuwendungen bei „freiwilliger Ausreise“ brachten die Betroffenen dazu aufzugeben.
Sie kehrten trotz Minen, mangelnden Wohnraums und fehlender Arbeitsperspektiven in ein Land zurück, das sie kaum wiedererkannten und in dem ihnen – den Bestimmungen des Daytoner Abkommens zum Trotz – eine Rückkehr zu ihrem Haus und Hof in der Regel verweigert wurde.
Von den wenigen, die in Deutschland blieben, lebten viele jahrelang weiter mit eingeschränkten Rechten und unter diskriminierenden sozialen Bedingungen wie einem faktischen Arbeitsverbot, gekürzten Sozialleistungen, Sachleistungsversorgung, Lagerunterbringung und dem Verbot, aus dem früher einmal gewählten Wohnort umzuziehen. Nur individuell und zögerlich wurden einige Bosnier_innen als „Härtefälle“ (Alte, Traumatisierte, Lagerinsassen) akzeptiert. Die Prüfungen, ob eine kriegsbedingte Traumatisierung vorlag, zogen sich vielfach jahrelang hin. Ab 2001 wurde unter dem Druck von inländischen Arbeitgebern einigen tausend beschäftigten bosnischen Flüchtlingen unter bestimmten Bedingungen ein Aufenthaltsrecht zugebilligt.
Hilfe kam schließlich durch die Vereinigten Staaten von Amerika. Rund 50.000 der in Deutschland lebenden Bosnier/innen fanden als Resettlement-Flüchtlinge in den USA dauerhaft Aufnahme. Sie hatten oft keine Bindungen in die USA und waren in Deutschland längst integriert, fühlten sich aber durch ausländerrechtliche Maßnahmen außer Landes gedrängt.
Während der NATO-Bombardierungen im Kosovo-Krieg 1999 beschloss die deutsche Bundesregierung die Aufnahme von rund 20.000 Kosovo-Flüchtlingen per Luftbrücke. In Deutschland bekamen die Evakuierten formal ein ordentliches Aufenthaltsrecht: eine Aufenthaltsbefugnis als Bürgerkriegsflüchtling nach § 32a des damaligen Ausländergesetzes – anders als die rund 150.000 Kosovo-Flüchtlinge, die auf eigene Faust nach Deutschland kamen und zumeist lediglich befristet geduldet wurden.
Mit einer dauerhaften Schutzgewährung und einem Integrationsangebot hatte allerdings auch die Evakuierungsaktion von Frauen und Kindern nichts zu tun. Ihre Aufenthaltsbefugnis war in sozialer wie aufenthaltsrechtlicher Hinsicht kaum mehr wert als eine Duldung.
Viele Flüchtlingshelfer waren entsetzt, als die offiziell als Bürgerkriegsflüchtlinge aufgenommenen Menschen in Lager eingewiesen wurden, sich nur innerhalb des Landkreises frei bewegen durften und gegenüber der Sozialhilfe stark abgesenkte Leistungen in Form von Sachleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhielten. Ausgestellt zunächst für drei Monate, war die Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis in den Bundesländern Auslegungssache.
Ein halbes bis ein Jahr später war für die meisten Bürgerkriegsflüchtlinge das Ende ihres geschützten Aufenthalts in Sicht: Die Aufenthaltsbefugnisse wurden nicht verlängert und die Betroffenen zur Ausreise aufgefordert. Die meisten „Bürgerkriegsflüchtlinge“ wurden zur Rückkehr in ein kriegszerstörtes und tief gespaltenes Land gedrängt, das von Frieden und Sicherheit weit entfernt war und es noch für viele Jahre bleiben sollte.
2003 begann die von den USA geführte Staatenkoalition mit dem Krieg gegen den Irak. Bis 2008 flohen über 2,5 Millionen Menschen aus dem Land, weitere 2,7 Millionen wurden innerhalb des Irak vertrieben.
Die Staaten sahen der dramatischen Fluchtbewegung lange nur zu. UNHCR-Chef Guterres sandte im Frühjahr 2007 einen dramatischen Appell aus: „Fast vier Millionen Iraker blicken heute auf uns. Ihre Not ist so offensichtlich wie der moralische Imperativ zu helfen.“
In Deutschland wurde monatelang über eine Aufnahme insbesondere der christlichen Flüchtlinge debattiert. Eine Aufnahme ohne entsprechendes Engagement auch anderer EU-Staaten lehnte die Regierung jedoch ab. Im November 2008 beschloss der Rat der EU-Innen- und Justizminister auf Initiative Deutschlands die Aufnahme von 10.000 irakischen Flüchtlingen in Europa. In diesem Rahmen nahm Deutschland dann 2.500 Iraker_innen, die nach Syrien oder Jordanien geflohen waren, auf.
Die Auswahl dieser 2.500 Personen aus zwei Millionen Flüchtlingen vor Ort überließ man primär UNHCR. Zentrales Kriterium war der besondere Schutzbedarf, was freilich auf einen Großteil der Flüchtlinge zutraf. Die Bundesregierung formulierte über die UNHCR-Kriterien hinaus eigene Ansprüche wie etwa „Integrationsfähigkeit“. In Deutschland erhielten die Ausgewählten eine dreijährige Aufenthaltserlaubnis mit weitgehenden sozialen Rechten, die anschließend im Regelfall verlängert wurde. (Deutsche Aufnahmeanordnung im Wortlaut).
In der Praxis war Integration grundsätzlich möglich. Probleme bereiteten jedoch die Zwangsverteilung über das gesamte Bundesgebiet, die nur bei ausreichend bezahlter, langfristiger Beschäftigung zu ändern war, sowie die mangelnde Infrastruktur (Arbeit, Beratung, Deutschkursangebot) in einigen Regionen Deutschlands.
Die EU-Staaten hielten sich kaum an die Abmachung. Einige Staaten nahmen irakische Flüchtlinge in ihre regulären Resettlementprogramme auf, aber nicht zusätzlich: Sie rechneten sie vielmehr auf die Zahl an, die die Staaten ohnehin jährlich aufnahm. Oft geschah dies in einer Größenordnung von unter oder wenigen Hundert.
Europa blieb so selbst hinter seiner minimalen Selbstverpflichtung weit zurück. Dabei wären 10.000 aufgenommene Flüchtlinge für die EU mit ihren fast 500 Millionen Einwohnern ohnehin eine sehr geringe Zahl gewesen – und für die Region nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. PRO ASYL wies in diesem Zusammenhang auf Grundlage der von UNHCR veröffentlichten Zahlen darauf hin, dass allein etwa 200.000 bis 250.000 Minderheitenangehörige auf der Flucht waren, die keine Perspektive auf Rückkehr hatten.
Im Frühjahr 2011 brach, beginnend mit dem Aufstand gegen das autoritäre Regime Assads, in Syrien ein Konflikt verschiedener Interessengruppen aus.
Die demokratisch orientierte Opposition sah sich bald in einen unerbittlich geführten Krieg verwickelt, zwischen Assad auf der einen und islamistischen Terrorgruppen, vor allem dem selbst ernannten Islamischen Staat (IS), auf der anderen Seite. Von außen mischten die USA mit ihren westlichen Verbündeten auf Seiten der so genannten „gemäßigten Rebellen“, Russland auf Seiten Assads und die arabischen Staaten mit ihren je eigenen Interessen mit.
250.000 Todesopfer forderte der Krieg in den ersten Jahren, vor allem in der Zivilbevölkerung. Bis Ende 2012 stieg die Zahl der von UNHCR registrierten, in die Nachbarstaaten geflohenen Menschen auf eine halbe Million. Ein Jahr später hatten sich bereits 2,3 Millionen Menschen in die Nachbarstaaten geflüchtet.
Ende 2015 befinden sich 4,6 Millionen Flüchtlinge in der Region, vor allem in der Türkei (2,5 Mio), im Libanon (1 Mio) und in Jordanien (650.000), sowie im Irak und in Ägypten (hier aktuelle Zahlen des UNHCR). Innerhalb Syriens leben über sieben Millionen Menschen als intern Vertriebene.
Europa blieb von den Nöten der syrischen Bevölkerung lange Zeit unbehelligt. Die Asylantragszahlen von Syrer_innen bewegten sich mit wenigen tausend jährlich auf niedrigem Niveau, die Öffentlichkeit befasste sich erst im Laufe der zweiten Jahreshälfte 2012, als die Hilferufe der Anrainerstaaten lauter wurden, mit den humanitären Kriegsfolgen in der Region.
Im Mai 2013 schließlich beschloss die Bundesregierung für Deutschland die Aufnahme von 5.000 syrischen Flüchtlingen aus dem Libanon. Im Unterschied zum klassischen Resettlement sollten die Aufzunehmenden möglichst auf eigene Kosten selbstständig einreisen, außerdem spielte neben der Schutzbedürftigkeit die Bindungen zu Deutschland eine Rolle. Hier lebende Verwandte konnten Anträge stellen. UNHCR fiel die Aufgabe zu, die Anträge entgegenzunehmen und die Vorauswahl zu treffen. Die Anfragen waren immens und überstiegen bei Weitem die zur Verfügung gestellten Aufnahmeplätze.
Im Dezember gleichen Jahres verständigten sich die Innenminister von Bund und Ländern auf die Aufnahme weiterer 5.000 Menschen unter weiter gefassten Bedingungen, im Juli 2014 dann noch einmal auf weitere 10.000.
Parallel zu diesen „HAP“ (Humanitarian Admission Programme) genannten drei Bundes-Aufnahmeaktionen erließen alle Bundesländer bis auf Bayern Anordnungen, nach denen Angehörige in Deutschland lebender Syrer ein Einreisevisum erhalten konnten. Bedingung war unter anderem die vollständige Übernahme der Reise- und Lebenshaltungskosten durch die in Deutschland lebenden Verwandten. (Genaueres zu den Länderregelungen hier)
Viele Menschen, die die finanziellen oder andere Voraussetzungen der Länderprogramme nicht erfüllen konnten, versuchten es auch über das dritte Bundesprogramm, das geringere bürokratische Anforderungen enthielt. Gleichwohl blieben Anträge für rund 60.000 Menschen unberücksichtigt.
Über Bundesprogramme wurden so insgesamt 20.000 Flüchtlinge aus der syrischen Krisenregion aufgenommen, hinzu kamen bis Mitte 2015 rund 15.000 Einreiseerlaubnisse auf Grundlage persönlicher finanziellen Verpflichtungserklärungen im Rahmen der Länderprogramme, die ab Mitte 2015 zunehmend nicht mehr verlängert wurden. Hintergrund dessen waren vor allem finanzielle Streitigkeiten zwischen Bund und Ländern betreffend die Kostenübernahme für diejenigen, die über ein Landesprogramm gekommen waren, dann aber Asyl beantragten und auf Grundlage der Anerkennung Sozialleistungen des Bundes beanspruchen konnten.
Die aufgenommenen Syrer_innen erhielten in Deutschland Aufenthaltserlaubnisse für zwei Jahre. Im Fall der Länderprogramme nach § 23 I AufenthG , beim Bundesprogramm nach § 23 II in Verbindung mit § 24 AufenthG, also „zur vorübergehenden Aufnahme“. 2015 legte das Bundesinnenministerium den Ländern die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nahe.