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Abschiebung: Flüchtling kann sich nicht auf Notwehr berufen
Ein Flüchtling, der sich gewaltsam gegen seine Abschiebung wehrt, kann sich nicht auf Notwehr berufen, auch wenn seine Abschiebung unrechtmäßig sein sollte. Das hat der Bundesgerichtshof am 8. Juni 2015 in einem brisanten Urteil entschieden. Auch wenn ein Ausländer noch über eine Duldung verfügt und damit seine Abschiebung aktuell rechtswidrig ist, steht ihm ein Notwehrrecht nicht zu Seite. Damit bestätigte der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofes die Verurteilung eines Irakers wegen versuchten Todschlags. Er hatte einen Polizeibeamten mit einem Messer angegriffen, der allerdings mit Schutzkleidung unverletzt blieb. Obwohl die Abschiebung rechtswidrig gewesen sei, habe die Polizei davon ausgehen dürfen, dass die ihr vorliegenden amtlichen Bescheide korrekt sind. Es sei den vollziehenden Beamten nicht zumutbar, vor Ort noch die Rechtmäßigkeit solcher Bescheide zu prüfen. Der Iraker sei auch nicht rechtlos gewesen. Schließlich hätte sein Transport aus Stuttgart nach Frankfurt noch längere Zeit in Anspruch genommen, sodass eine Überprüfung des ausländerrechtlichen Status noch möglich gewesen wäre, so der vorsitzende Richter. Letzteres zumindest ist lebensfremd. Da der Betroffene über die beabsichtigte Abschiebung nicht informiert worden war, hatte er bei seiner Abholung um 4.30 Uhr morgens sicher niemanden informieren können. Dass sich die Polizei ihrerseits gehalten gesehen hätte, die Sachlage aufzuklären, darf zumindest bezweifelt werden.