19.06.2024

Zwei Tage, bevor die deut­schen Innenminister*innen über einen Abschie­be­stopp in den Iran dis­ku­tie­ren wol­len, hat Bay­ern erneut einen gut inte­grier­ten Mann in den Iran abge­scho­ben. PRO ASYL und der Baye­ri­sche Flücht­lings­rat bekräf­ti­gen ihre For­de­rung nach einem bun­des­wei­ten Abschie­be­stopp in den Iran, da den Men­schen dort Ver­fol­gung und Fol­ter bis hin zu Todes­ur­tei­len dro­hen. Zudem soll­te Deutsch­land nicht mit ira­ni­schen Behör­den zusammenarbeiten.

„Deutsch­land darf in den Fol­ter­staat Iran nicht abschie­ben. Dass deut­sche Behör­den mit dem Iran zusam­men­ar­bei­ten, um einen Mann abzu­schie­ben, der hier arbei­tet, Fami­lie hat und sich in der Gesell­schaft enga­giert, zeigt die Hal­tung in man­chen Bun­des­län­dern: Um jeden Preis wer­den Men­schen abge­scho­ben, auch wenn das die Zusam­men­ar­beit mit einem Ter­ror­re­gime bedeu­tet“, sagt Tareq Alaows, flücht­lings­po­li­ti­scher Spre­cher von PRO ASYL.

A. wur­de am Dienstag,18. Juni, früh­mor­gens von der Poli­zei abge­holt, um ihn in den Iran abzu­schie­ben. Das Flug­zeug star­te­te nur weni­ge Stun­den spä­ter, sodass dem 56-Jäh­ri­gen zu wenig Zeit blieb, um sei­nen recht­li­chen Bei­stand zu kon­tak­tie­ren und juris­ti­sche Mit­tel einzulegen.

Aus­län­der­be­hör­de ent­zieht Beschäftigungserlaubnis

A. kam 2019 nach Deutsch­land und ist hier bes­tens inte­griert: Unter ande­rem spielt und trai­niert er im ört­li­chen Fuß­ball­ver­ein und hilft ehren­amt­lich in einer Café-Begeg­nungs­stät­te. Zwei Jah­re lang arbei­te­te A. bei ver­schie­de­nen Logis­tik­un­ter­neh­men. Die Aus­län­der­be­hör­de ent­zog ihm im Febru­ar 2024 die Dul­dung mit­samt der Beschäf­ti­gungs­er­laub­nis. Trotz­dem schaff­te er es, ein Arbeits­an­ge­bot zu bekom­men, wo er zunächst bis Sep­tem­ber arbei­ten könn­te – aber auch dies durf­te er wegen des Arbeits­ver­bots nicht annehmen.

Sein Sohn, der eine Nie­der­las­sungs­er­laub­nis in Deutsch­land hat, macht eine Aus­bil­dung zur Pfle­ge­fach­kraft, die er am Ende die­ser Woche mit der Prü­fung abschlie­ßen will – am Ende einer Woche, in der sein Vater aus sei­nem Leben in Deutsch­land geris­sen und abge­scho­ben wurde.

Sofor­ti­ger Abschie­be­stopp ist nötig

„Dass die CSU auch gut inte­grier­te Men­schen in den Iran abschiebt, ist an Unmensch­lich­keit nicht zu über­bie­ten. Unter Beru­fung auf das Aus­lau­fen des natio­na­len Abschie­be­stopps nach Iran leug­net Bay­ern jeg­li­che Eigen­ver­ant­wor­tung und schiebt Men­schen in ein Land zurück, in denen ihnen Ver­fol­gung und hef­ti­ge Stra­fen dro­hen. Wir sind ent­setzt über die­se inhu­ma­ne Ent­schei­dung und for­dern einen sofor­ti­gen und umfas­sen­den Abschie­be­stopp nach Iran“, so Fran­zis­ka Schmid vom Baye­ri­schen Flüchtlingsrat.

Iran: Fast drei Vier­tel aller regis­trier­ten Hin­rich­tun­gen weltweit

Die Men­schen­rechts­la­ge im Iran hat sich seit dem Tod von Jina Mah­sa Ami­ni und den fol­gen­den Pro­tes­ten dra­ma­tisch ver­schlech­tert. Will­kür­li­che Ver­haf­tun­gen, grau­sa­me Fol­ter und Hin­rich­tun­gen sind an der Tages­ord­nung. Fast drei Vier­tel aller regis­trie­ren Hin­rich­tun­gen welt­weit wur­den 2023 im Iran durchgeführt.

All das scheint aber in den Ent­schei­dun­gen deut­scher Behör­den kei­ne Rol­le zu spie­len – wohl auch, weil der Lage­be­richt, auf dem die Ent­schei­dun­gen beru­hen, völ­lig ver­al­tet ist: Nach Infor­ma­tio­nen von PRO ASYL stammt er aus dem Novem­ber 2022.

PRO ASYL und ande­re Orga­ni­sa­tio­nen for­dern seit Mona­ten einen bun­des­wei­ten Abschie­be­stopp in den Iran, zuletzt zum Bei­spiel in einem offe­nen Brief mit HÁWAR.help und vie­len ande­ren Organisationen.

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