25.11.2013

PRO ASYL empört über schlep­pen­de Aus­rei­se­pro­ze­du­ren für gefähr­de­te Ortskräfte

Den Mord an einem afgha­ni­schen Dol­met­scher, der für die Bun­des­wehr in Kun­dus gear­bei­tet hat, haben die Tali­ban mit einer Bekräf­ti­gung ihres „Pro­gramms“ kom­men­tiert: Wer die „Inva­si­ons­trup­pe“ unter­stützt hat, muss sterben.

Trotz der Ankün­di­gung der Bun­des­re­gie­rung Ende Okto­ber, man wer­de mehr als 180 afgha­ni­schen Orts­kräf­ten die Ein­rei­se nach Deutsch­land erlau­ben, nimmt man dort den Ernst der Lage offen­bar nicht wirk­lich zur Kennt­nis. Der Getö­te­te soll auf der Lis­te derer gestan­den haben, die einen Auf­nah­me­be­scheid erhal­ten sollten.

Es ist empö­rend, dass vie­le Wochen nach den Ankün­di­gun­gen der Bun­des­re­gie­rung noch kaum ein afgha­ni­scher Dol­met­scher nach Deutsch­land aus­ge­reist ist. Der Mord in Kun­dus macht klar, dass die Aus­rei­se bedroh­ter afgha­ni­scher Orts­kräf­te das Tem­po einer Eva­ku­ie­rungs­ak­ti­on haben müss­te. Für die Zeit bis zur Aus­rei­se muss effek­ti­ver Schutz in Afgha­ni­stan geschaf­fen wer­den, zum Bei­spiel durch Schutz­räu­me für Gefährdete.

Es ist unfass­bar: Da ist die Bun­des­wehr auf der einen Sei­te in der Lage, im Zuge des Abzugs logis­ti­sche Groß­ope­ra­tio­nen zu orga­ni­sie­ren, bei denen zum Bei­spiel 148.000 Ver­sor­gungs­ar­ti­kel erfasst wer­den – gleich­zei­tig  sit­zen hun­der­te afgha­ni­scher Orts­kräf­te schutz­los in bereits geräum­ten Regio­nen Afgha­ni­stans. Die Ver­zö­ge­run­gen lie­gen aller­dings nicht allein in der Ver­ant­wor­tung des Bun­des. Ein Bun­des­land muss der Auf­nah­me zustim­men, bevor das  Bun­des­amt für Migra­ti­on und Flücht­ling den förm­li­chen Bescheid aus­fer­ti­gen kann. Die­se Pro­ze­dur samt Nach­fra­gen kann lan­ge dauern.

Wenn die Auf­nah­me wei­ter­hin so schlep­pend ver­läuft, müs­sen wei­te­re Orts­kräf­te um ihr Leben fürch­ten. Die gefähr­de­ten Per­so­nen und ihre Fami­li­en haben wenig davon, dass die Bun­des­re­gie­rung seit Okto­ber die Absicht hegt, nicht nur akut bedroh­te son­dern auch latent gefähr­de­te Per­so­nen auf­zu­neh­men. Der­lei fein­sin­ni­ge Unter­schei­dun­gen lie­gen nicht in der Logik der Taliban.

PRO ASYL for­dert die Bun­des­re­gie­rung auf, die Orts­kräf­te und ihre Fami­li­en, die die Auf­nah­me­zu­sa­ge erhal­ten haben, sofort aus­zu­flie­gen und wei­te­re Anträ­ge mit dem Hoch­druck zu bear­bei­ten, nach dem die bri­san­te Situa­ti­on ver­langt. Anstel­le der Ein­stu­fung Bedroh­ter nach omi­nö­sen Gefähr­dungs­ka­te­go­rien (kon­kret, latent, abs­trakt), muss ein ande­res Auf­nah­me­pro­gramm tre­ten: Auf­zu­neh­men ist, wer für die Bun­des­wehr und ande­re deut­sche Stel­len gear­bei­tet hat und sich dadurch gefähr­det sieht.

PRO ASYL sind Fäl­le bekannt, in denen bedroh­te Orts­kräf­te bereits mehr­fach ihren Wohn­sitz wech­seln muss­ten. Für sie und ihre Fami­li­en bedeu­tet dies einen rie­si­gen Auf­wand – mit frag­wür­di­gem Sicher­heits­ge­winn. Die Bun­des­re­gie­rung muss han­deln, damit nie­mand mehr in die­sem Wett­lauf um Sicher­heit sein Leben verliert.

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