30.11.2023

Zur heu­ti­gen ers­ten Lesung des soge­nann­ten Rück­füh­rungs­ver­bes­se­rungs­ge­set­zes im Bun­des­tag ruft PRO ASYL alle demo­kra­ti­schen Par­tei­en auf, die ste­ti­ge Dis­kurs­ver­schie­bung nach rechts außen zu been­den und sich gegen neue Rechts­ver­schär­fun­gen auf dem Rücken Geflüch­te­ter und ihrer Grund­rech­te zu entscheiden.

„Bereits jetzt wer­den bei Abschie­bun­gen Grund­rech­te mas­siv ver­letzt, Fami­li­en wer­den getrennt, Gewalt wird aus­ge­übt und Men­schen wer­den rechts­wid­rig in Abschie­be­haft gesteckt. Mit den im Gesetz geplan­ten Ver­schär­fun­gen befürch­ten wir, dass Grund­rechts­ver­let­zun­gen und  Gewalt zuneh­men – des­halb leh­nen wir das Gesetz ab“, sagt Tareq Alaows, flücht­lings­po­li­ti­scher Spre­cher von PRO ASYL.

Seit Mona­ten dre­hen sich die erhitz­ten Debat­ten um die Belas­tung von Kom­mu­nen und Behör­den, um ver­meint­lich Aus­rei­se­pflich­ti­ge, die nicht abge­scho­ben wer­den, um die soge­nann­te irre­gu­lä­re Migra­ti­on und um immer noch här­te­re Ideen und Geset­zes­vor­schlä­ge, die die Grund­rech­te von geflüch­te­ten Men­schen immens ein­schrän­ken sol­len.

Ver­fas­sungs­recht­li­che Beden­ken

PRO ASYL kri­ti­sier­te bereits das Gesetz­ge­bungs­ver­fah­ren selbst, in dem den Ver­bän­den weni­ger als 48 Stun­den zur Stel­lung­nah­me gege­ben wur­de. Zudem lehnt PRO ASYL das Gesetz wegen ver­fas­sungs­recht­li­cher Beden­ken an meh­re­ren Stel­len ab. Der Gesetz­ent­wurf sieht unter ande­rem eine Ver­län­ge­rung des Aus­rei­se­ge­wahr­sams auf 28 Tage und der Abschie­be­haft auf bis zu sechs Mona­te vor.

Zudem sol­len künf­tig mit der Abschie­bung beauf­trag­te Per­so­nen qua­si jedes Zim­mer – auch nachts – in einer Geflüch­te­ten­un­ter­kunft betre­ten dür­fen. Trau­ma­ti­sie­ren­de nächt­li­che und über­fall­ar­ti­ge Abschie­bun­gen wer­den so stark zuneh­men. Auch sol­len mas­sen­haft und ohne Ver­hält­nis­mä­ßig­keits­prü­fung Han­dys von Geflüch­te­ten aus­ge­le­sen wer­den kön­nen. Und auch beim Zugang zum Arbeits­markt für Geflüch­te­te bleibt das Gesetz weit hin­ter den Ver­spre­chen des Koali­ti­ons­ver­trags zurück.

Doch mit all die­sen Vor­ha­ben wer­den die tat­säch­li­chen Pro­ble­me – den Kom­mu­nen feh­len unter ande­rem Unter­künf­te, Kita­plät­ze und mehr finan­zi­el­le Unter­stüt­zung – nicht gelöst. Eine  radi­ka­le Sen­kung der Zuzugs­zah­len von Geflüch­te­ten ist  kei­ne Lösung, die nach­hal­tig funk­tio­niert.

Gesetz bringt kei­ne Ent­las­tung der Kom­mu­nen

„In der Dis­kus­si­on wird ein Zusam­men­hang zwi­schen über­las­te­ten Struk­tu­ren in den Kom­mu­nen und mehr Abschie­bun­gen kon­stru­iert, den es fak­tisch nicht gibt. Fakt ist, dass nur ein sehr klei­ner Teil der Geflüch­te­ten über­haupt abge­scho­ben wer­den darf, denn der aller­größ­te Teil von ihnen erhält einen Schutz­sta­tus in Deutsch­land. Des­halb wer­den mit  dem Gesetz die Pro­ble­me der Kom­mu­nen nicht gelöst. Mehr  Abschie­bun­gen schaf­fen kei­ne Kita- oder Schul­plät­ze, digi­ta­li­sie­ren kei­ne Behör­den und bau­en kei­ne bezahl­ba­ren Woh­nun­gen. Den­noch sprin­gen auch demo­kra­ti­sche Par­tei­en auf men­schen­ver­ach­ten­de Nar­ra­ti­ve auf und spie­len so den nicht-demo­kra­ti­schen Kräf­ten in die Hän­de“, sagt Tareq Alaows, flücht­lings­po­li­ti­scher Spre­cher von PRO ASYL.  

PRO ASYL hat mehr­mals Vor­schlä­ge gemacht, wie mit ein­fa­chen Regu­la­ri­en Kom­mu­nen und Unter­brin­gungs­struk­tu­ren ent­las­tet wer­den kön­nen, zum Bei­spiel die Auf­he­bung der Pflicht für Geflüch­te­te in Sam­mel­un­ter­künf­ten zu woh­nen, ver­bun­den mit der Erlaub­nis, wenn die Mög­lich­keit besteht pri­vat bei Ver­wand­ten oder Bekann­ten unter­zu­kom­men.

Vol­ler Arbeits­markt­zu­gang für Geflüch­te­te nötig

Nicht weit genug gehen die Vor­schlä­ge für den Arbeits­markt: Statt die Arbeits­ver­bo­te für Geflüch­te­te ganz abzu­schaf­fen, wird das kom­pli­zier­te Sys­tem der Arbeits­ver­bo­te und Arbeits­er­laub­nis­se auf­recht erhal­ten. Geplant sind nur klein­tei­li­ge Erleich­te­run­gen für bestimm­te Grup­pen, nach wie vor abhän­gig von Unter­brin­gungs­form, Auf­ent­halts­ti­tel und Her­kunfts­land.

Die­ses Sys­tem ist für Betrof­fe­ne völ­lig undurch­sich­tig und bin­det immense Kapa­zi­tä­ten bei den Aus­län­der- und Sozi­al­be­hör­den. Zudem bewirkt es zum Teil das Gegen­teil von Arbeits­markt­in­te­gra­ti­on: Häu­fig ver­lie­ren Geflüch­te­te ihnen ange­bo­te­ne Arbeits­stel­len nur des­we­gen, weil die Behör­den wegen der Über­las­tung zu spät dazu kom­men, die Arbeits­an­ge­bo­te zu prü­fen und die Anträ­ge auf Arbeits­auf­nah­me zu ent­schei­den.

PRO ASYL for­dert die Abschaf­fung aller Arbeits­ver­bo­te. Denn dies ver­schafft den Men­schen einen schnel­le­ren Aus­zug aus den Gemein­schaft­un­ter­künf­ten und finan­zi­el­le Unab­hän­gig­keit von Sozi­al­be­hör­den – und führt somit tat­säch­lich zu einer Ent­las­tung kom­mu­na­ler Unter­brin­gungs- und Behördenstrukturen. 

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