19.10.2023

PRO ASYL und die Flücht­lings­rä­te der Län­der for­dern die Bun­des­län­der auf, sich am 20.10.2023 im Bun­des­rat gegen den Gesetz­ent­wurf zur Ein­stu­fung Geor­gi­ens und Mold­aus als “siche­re” Her­kunfts­län­der aus­zu­spre­chen und sich statt­des­sen einer ratio­na­len, fak­ten­ba­sier­ten und lösungs­ori­en­tier­ten Migra­ti­ons­po­li­tik zuzuwenden.

“Die Wah­len in Hes­sen und Bay­ern haben klar gezeigt: Je mehr SPD und Grü­ne sich rechts anbie­dern, des­to wei­ter ver­schiebt sich der gesam­te Dis­kurs nach rechts – und gewählt wird dann den­noch das rechts­ra­di­ka­le Ori­gi­nal. Wir brau­chen end­lich eine ratio­na­le und fak­ten­ba­sier­te Debat­te über Flucht und Migra­ti­on”, sagt Tareq Alaows, flücht­lings­po­li­ti­scher Spre­cher von PRO ASYL.

PRO ASYL und die Flücht­lings­rä­te leh­nen das Kon­zept der siche­ren Her­kunfts­län­der grund­sätz­lich ab. Im kon­kre­ten Fall von Mol­dau und Geor­gi­en gibt es zudem etli­che tat­säch­li­che Grün­de, die der Ein­stu­fung als “sicher” ent­ge­gen­ste­hen. Denn zu einer sol­chen Ein­stu­fung gel­ten kla­re gesetz­li­che Vor­ga­ben: Staa­ten dür­fen nur dann als “siche­re Her­kunfts­staa­ten” gel­ten, wenn „lan­des­weit und für alle Per­so­nen- und Bevöl­ke­rungs­grup­pen“ Sicher­heit vor Ver­fol­gung besteht. Dies ist weder in Geor­gi­en noch in Mol­dau gege­ben. PRO ASYL hat dazu eine aus­führ­li­che Stel­lung­nah­me verfasst.

In bei­den Län­dern gibt es abtrün­ni­ge Regio­nen, die von Russ­land und nicht von der jewei­li­gen Regie­rung kon­trol­liert wer­den: In Geor­gi­en die Regio­nen Abcha­si­en und Süd­os­se­ti­en und in der Repu­blik Mol­dau die Regi­on Trans­nis­tri­en. Außer­dem geht der Gesetz­ent­wurf nicht auf die Gefahr des zuneh­men­den rus­si­schen Ein­flus­ses auf Poli­tik und Gesell­schaft auch außer­halb der abtrün­ni­gen Gebie­te ein und auch nicht auf die geän­der­te geo­po­li­ti­sche Gefah­ren­la­ge seit dem rus­si­schen Angriffs­krieg auf die Ukraine.

Wei­ter­hin sind nach­weis­lich nicht alle Per­so­nen- und Bevöl­ke­rungs­grup­pen sicher. In Geor­gi­en gilt das spe­zi­ell für die Grup­pe der LGTBIQ*-Personen, in Mol­dau ins­be­son­de­re für die Grup­pe der Rom*nja. Bei­de Grup­pen sind von Dis­kri­mi­nie­rung, Aus­schlüs­sen und sogar von Angrif­fen betrof­fen. Auch Pres­se- und Medienvertreter*innen sowie Kunst- und Kul­tur­schaf­fen­de gera­ten in jüngs­ter Zeit zuneh­mend unter Druck. In Bel­gi­en wur­de im Juli die­ses Jah­res das Land Geor­gi­en nach nicht ein­mal drei Mona­ten wie­der von der Lis­te der siche­ren Her­kunfts­län­der genom­men, ins­be­son­de­re wegen der gefähr­li­chen Situa­ti­on für LGTBIQ*-Personen.

Der Gesetz­ent­wurf wird als Maß­nah­me zur Ent­las­tung von kom­mu­na­len Struk­tu­ren ver­mark­tet. Dabei han­delt es sich in Wahr­heit bei die­sen bei­den Län­dern nur um eine klei­ne Grup­pe Asyl­su­chen­der, denen durch die Ein­stu­fung als “siche­res Her­kunfts­land” ihr Recht auf eine indi­vi­du­el­le Über­prü­fung ihrer Asyl­an­trä­ge ver­wei­gert wird. Das wird nicht zu einer Ent­las­tung der Kom­mu­nen bei der Auf­nah­me und Unter­brin­gung von Geflüch­te­ten füh­ren. Was die Kom­mu­nen hin­ge­gen brau­chen, ist eine ratio­na­le und fak­ten­ba­sier­te Debat­te über ech­te Maß­nah­men, die ihnen hel­fen – zum Bei­spiel eine dau­er­haf­te und nach­hal­ti­ge Finan­zie­rung mit einer Pro-Kopf-Pau­scha­le je auf­ge­nom­me­ner Per­son, eine Digi­ta­li­sie­rungs­of­fen­si­ve und die Auf­he­bung der Arbeits­ver­bo­te, von denen Tau­sen­de Gedul­de­te betrof­fen sind.

PRO ASYL und die Lan­des­flücht­lings­rä­te for­dern Bund und Län­der auf, eine Migra­ti­ons­po­li­tik zu ver­fol­gen, die tat­säch­lich die Kom­mu­nen bei der Auf­nah­me sowie die Men­schen beim Ankom­men unter­stützt, statt wei­ter rech­te Stim­mungs­ma­che zu befördern.

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