26.01.2012
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Ein Euro für den Flüchtlingsschutz - den Rest für die Flüchtlingsabwehr.

Bei einem informellen Ratstreffen diskutierten die EU- Innenminister über „Solidarität“ im Asylwesen. Nach Auffassung von PRO ASYL war schon das Diskussionspapier dazu verfehlt.

Die däni­sche EU- Prä­si­dent­schaft ver­such­te beim heu­ti­gen Tref­fen der EU- Innen­mi­nis­ter in Kopen­ha­gen mit einem Dis­kus­si­ons­pa­pier Bewe­gung in die Fra­ge einer „genui­nen und prak­ti­schen Soli­da­ri­tät“ im Hin­blick auf die euro­päi­sche Flücht­lings­po­li­tik zu brin­gen. War schon die am 2. Dezem­ber 2011 vor­ge­leg­te Mit­tei­lung der EU- Kom­mis­si­on über eine „ver­stärk­te EU- inter­ne Soli­da­ri­tät im Asyl­be­reich“ kein gro­ßer Ent­wurf in Rich­tung mehr Soli­da­ri­tät, so ist die Tisch­vor­la­ge der Prä­si­dent­schaft eine glat­te The­ma­ver­feh­lung: Es geht um bes­se­re Koope­ra­ti­on und mehr Geld für die gemein­sa­me Flücht­lings­ab­wehr. Vor­schlä­ge, wie ein künf­ti­ges Auf­nah­me­sys­tem für Asyl­su­chen­de in Euro­pa fair und soli­da­risch gestal­tet wer­den könn­te, sucht man vergeblich.

Was die EU- Staa­ten als Bei­trag zur Soli­da­ri­tät ver­bu­chen, ver­deut­licht eine Auf­lis­tung der EU- Finanz­hil­fen für die Mit­glieds­staa­ten: Grie­chen­land erhält über 20 Mal so viel für die Flücht­lings­ab­wehr und Rück­füh­rung von Flücht­lin­gen und Migran­ten als für die men­schen­wür­di­ge Auf­nah­me von Schutz­su­chen­den. In 2012 soll das Land 3.601.857 Euro aus dem Euro­päi­schen Flücht­lings­fonds erhal­ten, der Mit­tel zur Flücht­lings­auf­nah­me bereit­stellt. Dem ste­hen 44.745.804 Euro aus dem Außen­gren­zen- Fonds und 37.357 612 Euro aus dem Rück­kehr­fonds gegen­über – also Mit­tel, die für die Flücht­lings- und Migra­ti­ons­ab­wehr bereitstehen.

Seit nun­mehr 13 Jah­ren baut die Euro­päi­sche Uni­on an einem gemein­sa­men Asyl­sys­tem – das Ergeb­nis ist bis jetzt nicht mehr als ein asyl­recht­li­cher Fli­cken­tep­pich. Die EU- Staa­ten eini­gen sich zwar schnell bei der Flücht­lings­ab­wehr, ver­hal­ten sich aber bei der Auf­nah­me von Schutz­su­chen­den wei­ter­hin als Kon­kur­ren­ten in einem Wett­lauf der natio­nal­staat­li­chen Schäbigkeiten.

Es muss end­lich Schluss sein damit, dass Staa­ten im Innern die maß­geb­li­che Ver­ant­wor­tung für den Flücht­lings­schutz an die Außen­grenz­staa­ten abschie­ben. Not­wen­dig ist ein huma­ni­tä­rer Ver­tei­lungs­me­cha­nis­mus, der die Bedürf­nis­se und fami­liä­ren Bin­dun­gen des Schutz­su­chen­den in den Mit­tel­punkt stellt. Euro­pa braucht ein gemein­sa­mes Asyl­recht, das Schutz­su­chen­den einen gefah­ren­frei­en Zugang eröff­net, fai­re Asyl­ver­fah­ren und men­schen­wür­di­ge Auf­nah­me­be­din­gen euro­pa­weit durch­setzt. Euro­pa braucht mehr Soli­da­ri­tät und mehr Mensch­lich­keit in der Flücht­lings­po­li­tik. Die Debat­te der EU- Innen­mi­nis­te­rin Kopen­ha­gen hat zu die­sen drän­gen­den Fra­gen kei­nen Bei­trag geleistet.

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