10.04.2012
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Das griechische Flüchtlingshaftlager Ferres in der Evros-Region: Hinter den zugemauerten Fenstern werden Schutzsuchende unter menschenunwürdigen Bedingungen inhaftiert. Foto: Chrissa Wilkens

Die griechische Regierung stigmatisiert Flüchtlinge und MigrantInnen zur Gesundheitsgefahr – und will sie künftig unter diesem Vorwand inhaftieren.

Migran­ten und Flücht­lin­ge, denen unter­stellt wer­den kann, dass sie mit anste­cken­den Krank­hei­ten infi­ziert sein könn­ten, sol­len in Grie­chen­land künf­tig in Haft genom­men wer­den. Auf ent­spre­chen­de Plä­ne wies der Euro­päi­sche Flücht­lings­rat ECRE in sei­nem Weekly Bul­le­tin vom 6. April hin.

So sol­len etwa Men­schen inhaf­tiert wer­den, die aus Län­dern stam­men, in denen bestimm­te Krank­hei­ten viru­lent sei­en, Men­schen, die ver­däch­tigt wer­den, der Pro­sti­tu­ti­on nach­zu­ge­hen, dro­gen­ab­hän­gig zu sein oder schlicht unter hygie­nisch man­gel­haf­ten Bedin­gun­gen zu leben. 

 Die Plä­ne der Regie­rung denun­zie­ren Flücht­lin­ge und Migran­tIn­nen als Krank­heits­über­trä­ger und sol­len offen­bar für die bereits jetzt exzes­siv prak­ti­zier­te Inhaf­tie­rung von Flücht­lin­gen, Asyl­su­chen­den und Migran­tIn­nen eine belie­big aus­leg­ba­re Rechts­grund­la­ge schaffen.

Bereits Ende März hat­te Grie­chen­land den Bau von 30 wei­te­ren Haft­zen­tren ange­kün­digt, um 30.000 „irre­gu­lä­re Migran­ten“ inhaf­tie­ren zu kön­nen. Der grie­chi­schen Regie­rung zufol­ge ste­hen dafür  250 Mil­lio­nen Euro aus EU-Mit­teln zur Verfügung. 

Bei Flücht­lings- und Men­schen­rechts­or­ga­ni­sa­tio­nen stie­ßen die Vor­ha­ben auf Ent­set­zen. Amnes­ty Inter­na­tio­nal for­der­te die grie­chi­sche Regie­rung auf, die Plä­ne sofort zurück­zu­zie­hen. Der grie­chi­sche Flücht­lings­rat erin­ner­te dar­an, dass Grie­chen­land sei­ner Pflicht nicht nach­kom­me, für ange­mes­se­ne Auf­nah­me­be­din­gun­gen zu sor­gen und damit Flücht­lin­ge und Migran­tIn­nen zwin­ge, auf der Stra­ße zu leben. Jetzt pla­ne die Regie­rung die Men­schen für jene ihnen auf­ge­zwun­ge­ne Lebens­be­din­gun­gen zu bestrafen.

Grie­chen­lands Regie­rung ver­tei­dig­te ihr Vor­ha­ben damit, das dem Land sonst dro­he, aus der Schen­gen-Zone ver­wie­sen zu wer­den. Hin­ter­grund davon ist, dass der deut­sche Innen­mi­nis­ter Hans-Peter Fried­rich zusam­men mit ande­ren EU-Amts­kol­le­gen Grie­chen­land vor­ge­wor­fen hat­te, bei der Kon­trol­le der Außen­gren­zen zu ver­sa­gen und gefor­dert hat­te, im Schen­gen-Raum wie­der Grenz­kon­trol­len einzuführen.

Die Plä­ne der grie­chi­schen Regie­rung zei­gen, wohin der von Deutsch­land und ande­ren EU-Staa­ten aus­ge­hen­de poli­ti­sche Druck auf Grie­chen­land führt: Zur sys­te­ma­ti­schen Inhaf­tie­rung von Schutz­su­chen­den. Mit dem Flücht­lings­recht und men­schen­recht­li­chen Anfor­de­run­gen ist das nicht vereinbar.

Pro­tes­tie­ren Sie mit PRO ASYL gegen die Inhaf­tie­rung von Flücht­lin­gen – sen­den Sie eine Pro­test-E-Mail an Bun­des­in­nen­mi­nis­ter Fried­rich unter www.flucht-ist-kein-verbrechen.de

Über­le­ben im Tran­sit: Zur Situa­ti­on von Flücht­lin­gen in der Tür­kei, März 2012

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 Walls of Shame – Bericht zur Situa­ti­on von Flücht­lin­gen in Grie­chen­land (12.04.12)

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