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UNHCR kritisiert Dublin-II-Abschiebungen nach Ungarn
Die Organisation beobachtet weiterhin schwere Menschenrechtsverletzungen an Flüchtlingen in Ungarn und kritisiert Abschiebungen von dort nach Serbien.
Auch Deutschland schiebt Flüchtlinge nach Ungarn ab, aus dem UNHCR bereits im April eklatante Menschenrechtsverletzungen und systemische Mängel am Asylsystem berichtete. Zudem seien Flüchtlinge dort der Gefahr von Kettenabschiebungen ausgesetzt. Ein halbes Jahr später, im Oktober 2012, bekräftigt UNHCR nun die Kritik an den Mängeln im ungarischen Asylsystem. Zusätzlich beklagt die Flüchtlingshilfsorganisation, dass Serbien von Ungarn als sicheres Drittland angesehen wird.
Serbien erkennt keine Flüchtlinge an
Die Auffassung, Serbien sei ein sicheres Drittland, wird nicht von UNHCR geteilt. Nach Erkenntnissen von UNHCR erkennt Serbien keine Flüchtlinge an. Seit einer Verwaltungsgerichtsentscheidung 2011 dürfen serbische Behörden bei Abschiebungen in „sichere Drittländer“ die mögliche individuelle Gefährdung einer Person durch die Abschiebung nicht prüfen. Alle Nachbarländer Serbiens würden von der serbischen Regierung als „sicheres Drittland“ eingestuft.
Flüchtlinge in Ungarn tragen ein hohes Risiko, in Ländern wie Mazedonien oder Griechenland zu stranden, ohne Zugang zum Asylsystem, ohne Perspektive, bedroht von Obdachlosigkeit, Inhaftierung und besonders im Falle Griechenlands: von rassistischer Gewalt. Ungarn schiebe Flüchtlinge routinemäßig nach Serbien ab, ohne ihnen Zugang zu einem fairen Asylverfahren zu gewähren, kritisiert UNHCR. Kinder unter 14 Jahren sind inzwischen nach offiziellen Angaben in Ungarn vor der Abschiebung nach Serbien als „sicheres Drittland“ geschützt. Die Überprüfung dieser Angaben in der Praxis steht aber noch aus.
Systematische Inhaftierung, Misshandlungen, Medikamentenverabreichung
Dass rechtswidrige Inhaftierungen und weitere eklatante Menschenrechtsverletzungen gegen Flüchtlinge in Ungarn an der Tagesordnung sind, belegt auch ein gemeinsamer Bericht von bordermonitoring eu und PRO ASYL vom März 2012. Flüchtlinge werden in Ungarn systematisch in gefängnisartigen Lagern inhaftiert, Familien mit Kindern werden bis zu 30 Tagen festgehalten. Ehemals inhaftierte Flüchtlinge berichteten über Zwangsverabreichungen von Medikamenten und schweren körperlichen Misshandlungen. Aus der Haft entlassen, droht Flüchtlingen die Obdachlosigkeit und damit die erneute Inhaftierung.
Trotzdem überstellen die EU-Länder, auch Deutschland, Flüchtlinge im Rahmen des Dublin-II-Verfahrens zurück nach Ungarn. – Eine höchst problematische Praxis, denn in Ungarn werden weder ihre Asylanträge geprüft, noch gibt es einen Schutz vor der Ausweisung in Drittländer. Nach einer Entscheidung des EuGH vom 21.12. 2011 sind die EU-Länder dazu verpflichtet, Abschiebungen in Länder auszusetzen, in denen „systemische Mängel“ am Asylsystem vorgetragen werden.
PRO ASYL fordert, Abschiebungen nach Ungarn auszusetzen. Im August 2012 hatte das Verwaltungsgericht Stuttgart eine Abschiebung nach Ungarn gestoppt.
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