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Flüchtlingsaufnahme aus Syrien – Erste Einschätzungen von PRO ASYL
PRO ASYL begrüßt die Aufnahme von 5000 Syrien-Flüchtlingen in Deutschland. Doch gemessen an der Not der hunderttausenden Flüchtlinge in den Erstaufnahmestaaten kann dies nur ein erster Schritt sein.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat gestern in Berlin die Aufnahme von 5000 Flüchtlingen aus Syrien verkündet. Aufgenommen werden sollen vor allem Familien mit Kindern, Kinder ohne Eltern, Schutzbedürftige, die in Deutschland bereits Verwandte haben, sowie Christen, auf denen nach Auffassung von Friedrich ein „besonderer Verfolgungsdruck“ laste.
PRO ASYL begrüßt den Kurswechsel der Bundesregierung. Mit der Zusage hat Deutschland in der EU die Debatte um die Aufnahme syrischer Flüchtlinge eröffnet. Europa muss insgesamt weitaus größere Anstrengungen unternehmen, um die Nachbarstaaten Syriens zu unterstützen.
Die Aufnahme von 5000 Flüchtlingen in Deutschland leistet einen bescheidenen Beitrag zur dringend notwendigen Unterstützung der Erstaufnahmestaaten. Jordanien hat bislang laut UNHCR 366.000 Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen, der Libanon 370.000, die Türkei 260.000, der Irak 116.000 und Ägypten 43.000. Die geplante Aufnahmeaktion kann angesichts dieser Dimensionen nur ein erster Schritt sein.
PRO ASYL erinnert daran, dass während des Kosovo-Krieges allein in Deutschland 150.000 Menschen vorübergehend Zuflucht suchten und 20.000 im Rahmen einer Luftbrücke nach Deutschland ausgeflogen wurden. Das Beispiel zeigt, dass Deutschland durchaus in der Lage ist, eine größere Zahl von Flüchtlingen aus einer Krisenregion aufzunehmen.
In Deutschland lebende Syrer wollen Angehörigen helfen
Unabhängig vom geplanten Aufnahmekontingent fordert PRO ASYL die Bundesregierung auf, es in Deutschland lebenden Syrern endlich zu ermöglichen, ihre Angehörigen bei sich aufzunehmen. Rund 40.000 syrische Staatsbürger leben in der Bundesrepublik. Eine Vielzahl von ihnen hat Verwandte in Syrien, die sie bei sich aufnehmen wollen. Noch vor wenigen Wochen hatte Bundesinnenminister Friedrich formuliert: „Was wir nicht machen können, generell, ist zu sagen, jeder, der irgendeinen Verwandten in Deutschland hat, kann kommen. Soweit werden wir die Zuwanderungstatbestände nicht ausweiten“. Tatsächlich wurden Visaanträge von Syrern mit Angehörigen in Deutschland rigoros abgelehnt. Dagegen hatten zahlreiche Bundestagsabgeordnete protestiert – auch aus der Fraktion des Innenministers. Die Einführung eines Kontingents löst nicht das grundsätzliche Problem eines auf Abwehr ausgerichteten Visarechts.
Syrische Flüchtlinge aus Griechenland und Bulgarien aufnehmen
PRO ASYL erreichen dramatische Hilferufe von syrischen Staatsbürgern, die auf der Flucht nach Deutschland in Bulgarien und Griechenland gestrandet sind. Aufgrund der Dublin-II-Asylzuständigkeitsregelung gibt es für sie keine legale Möglichkeit der Weiterreise. In Griechenland existiert jedoch kein funktionierendes Asylsystem, Flüchtlinge werden unter menschenunwürdigen Bedingungen inhaftiert oder auf die Straße gesetzt, rassistische Attacken und Polizeigewalt sind alltäglich. Auch in Bulgarien drohen Flüchtlingen willkürliche Inhaftierung, Misshandlungen und Obdachlosigkeit.
PRO ASYL fordert, dass Deutschland von sich aus die Zuständigkeit für Flüchtlinge übernimmt, die in Bulgarien und Griechenland gestrandet sind und zu ihren Verwandten einreisen wollen.
Schutzsuchenden die lebensgefährliche Flucht über die Ägäis ersparen
Seit die Fluchtroute über die türkisch-griechische Landgrenze durch einen Frontex-Einsatz und den Bau eines Grenzzauns effektiv geschlossen werden, fliehen immer mehr Menschen von der Türkei über die Ägäis auf die griechische Insel Lesbos. Zuletzt wurde am 18. März in Deutschland bekannt, dass in der Woche davor erneut ein Boot mit Flüchtlingen in der Ägäis zwischen der Türkei und Griechenland unterging – auf Lesbos wurden Leichen von Männern, Frauen und Kindern angespült. In der Vergangenheit gab es bereits eine Vielzahl ähnlicher Todesfälle.
Hintergrundinformationen zur Situation syrischer Flüchtlinge
STOPP. Schau hin! – Bundesweiter Aktionstag für die Opfer der Syrienkrise (16.05.13)
Zwei Jahre Aufstand in Syrien (13.03.13)