28.11.2013
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Foltern statt Retten? Ein Boot der griechischen Küstenwache. Foto: flickr/Tilemahos Efthimiadis

Am Montag hat ein Marinegericht in Griechenland zwei von drei angeklagte Mitglieder der griechischen Küstenwache in erster Instanz zu 3 und 6 Jahren Haftstrafen verurteilt. Den Beiden wird vorgeworfen einen Flüchtling im Boot der Küstenwache gefoltert zu haben.

Am 18. Juni 2007 lan­de­te eine Grup­pe von 48 Per­so­nen nach der Über­fahrt von der tür­ki­schen Küs­te auf einer klei­nen Insel vor Chi­os. Dort wur­den sie zunächst von Sol­da­ten fest­ge­nom­men und nach einer Erst­ver­sor­gung an die Küs­ten­wa­che über­ge­ben, die sie in ein Haft­la­ger nach Chi­os brin­gen soll­te. Beim Trans­port wur­den Flücht­lin­ge miss­han­delt und gefol­tert. Der Belas­tungs­zeu­ge wur­de unter ande­rem Opfer einer Schein­exe­ku­ti­on, Wür­gen bis fast zum Ersti­cken und soge­nann­tem „Water­boar­ding“, bei dem sein Kopf so oft und lan­ge unter Was­ser getaucht wur­de, dass er zu ertrin­ken fürchtete.

PRO ASYL hat­te den Vor­fall gemein­sam mit der Athe­ner Anwalts­grup­pe für die Rech­te von Flücht­lin­ge und Migran­tIn­nen recher­chiert, doku­men­tiert und im Bericht „The truth may be bit­ter“ (sie­he Sei­te 33) im Jahr 2007 ver­öf­fent­licht. Die Arbeit der bei­den Anwäl­te, die den Haupt­be­las­tungs­zeu­gen im Ver­fah­ren ver­tre­ten, wur­de durch Mit­tel aus dem PRO ASYL Rechts­hil­fe­fonds finan­ziert. Wei­ter­hin hat PRO ASYL Zeu­gen­be­fra­gun­gen – auch außer­halb Grie­chen­lands, zum Bei­spiel in Nor­we­gen – ermög­licht und teil­wei­se selbst durchgeführt.

Ein wich­ti­ges Signal

Ziel des Enga­ge­ments von PRO ASYL war es, die Opfer recht­lich zu unter­stüt­zen und vor allem zukünf­ti­ge Miss­hand­lun­gen und Ent­wür­di­gun­gen zu ver­hin­dern. Die Ver­ur­tei­lung zwei­er Täter ist in die­sem Zusam­men­hang ein wich­ti­ges Signal. Mit­glie­dern der grie­chi­schen Küs­ten­wa­che wird immer wie­der ille­ga­les und gewalt­tä­ti­ges Ver­hal­ten gegen­über Schutz­su­chen­den vor­ge­wor­fen. Erst am 7. Novem­ber 2013 ver­öf­fent­lich­te PRO ASYL einen umfas­sen­den Bericht zu sys­te­ma­ti­schen völ­ker­rechts­wid­ri­gen Rück­füh­rungs­ak­ti­on auf offe­ner See. Dabei wer­den immer wie­der Schutz­su­chen­de miss­han­delt und in lebens­ge­fähr­li­che Situa­tio­nen gebracht.

Die Täter konn­ten sich dabei bis­lang sicher füh­len und hat­ten kaum Kon­se­quen­zen zu fürch­ten. Das aktu­el­le Urteil setzt mit lang­jäh­ri­gen Haft­stra­fen ein Zei­chen, dass es kei­ne Straf­frei­heit für Ver­bre­chen gegen die Men­schen­rech­te von Schutz­su­chen­den gibt. Jetzt muss es auch zu einer umfas­sen­den Auf­klä­rung wei­te­rer völ­ker­rechts­wid­ri­ger Rück­schie­bun­gen von Grie­chen­land in die Tür­kei kom­men. Die gesam­te Befehls­ket­te der grie­chi­schen Küs­ten­wa­che muss in die­se Unter­su­chung ein­be­zo­gen wer­den, auch die Rol­le von Fron­tex ist in die­sem Zusam­men­hang zu klä­ren. Ab Janu­ar 2014 über­nimmt Grie­chen­land die EU-Rats­prä­si­dent­schaft und muss des­we­gen zeit­nah Klar­heit schaf­fen. Die Auf­klä­rung darf nicht erneut Jah­re lang auf sich war­ten lassen.

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