03.04.2014
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Einlaufkinder bei einem Spiel von Dynamo Dresden gegen Energie Cottbus. Bild: AG Asylsuchende Sächsische Schweiz/Osterzgebirge.

Rechte Scharfmacher machen mobil gegen Flüchtlinge und Migrant_innen, "besorgte Bürger" protestieren gegen Unterkünfte für Asylsuchende. Aber vielerorts gibt es Menschen, die rassistische und rechtsextremistische Hetze bekämpfen und Flüchtlinge unterstützen. Lesen Sie Teil zwei unserer News-Serie über gelebte Willkommenskultur.

Seit eini­gen Jah­ren setzt sich die SGD für mehr Tole­ranz und gegen Ras­sis­mus ein. Seit 2012 koope­riert die anti­ras­sis­ti­sche Fan­in­itia­ti­ve 1953international der SG Dyna­mo Dres­den mit der AG Asyl­su­chen­de aus Pir­na. Zusam­men haben sie das Pro­jekt „Am Ball blei­ben – Dyna­mo-Fans laden Flücht­lin­ge ins Sta­di­on ein“ ins Leben gerufen.

Von Lau­ra Piotrowski**

Es ist Sonn­tag­mit­tag, Dyna­mo Dres­den spielt zu Hau­se gegen den Bran­den­bur­ger Riva­len Ener­gie Cott­bus. Am Haupt­bahn­hof soll es ein Tref­fen mit Mit­glie­dern der anti­ras­sis­ti­schen Fan­in­itia­ti­ve 1953international geben. Die­se erwar­ten eine gro­ße Grup­pe Flücht­lin­ge, die zur­zeit in Pir­na leben. Seit fast einem Jahr lädt die Fan­in­itia­ti­ve zusam­men mit der AG Asyl­su­chen­de Pir­na Flücht­lin­ge zum gemein­sa­men Sta­di­on­be­such ein.

Mit die­ser und ande­ren Aktio­nen soll ein Zei­chen gegen men­schen­ver­ach­ten­de Asyl­po­li­tik gesetzt wer­den, auch ist den Fußballaktivist/innen der Kon­takt zu den Flücht­lin­gen wich­tig. „Wir wol­len den Men­schen eine Freu­de mit dem Spiel­be­such machen. Aber wir möch­ten auch den Dresd­ne­rin­nen und Dresd­nern Wis­sen über das Leben von Flücht­lin­gen hier ver­mit­teln und Kon­tak­te her­stel­len“, erklärt Gerd* von 1953international.

Mot­to des Der­bys: Love Dyna­mo, hate Racism

Am Sta­di­on ange­kom­men macht sich Auf­re­gung breit. Zum zwei­ten Mal stellt 1953international gemein­sam mit der AG Asyl­su­chen­de nun die Ein­lauf­kin­der für ein Heim­spiel. Heu­te ist die Akti­on Teil der FARE-Wochen gegen Ras­sis­mus. Zwei Teams aus neun Flücht­lings­kin­dern und 13 Kin­dern mit Behin­de­rung wer­den gemein­sam mit den Mann­schaf­ten ein­lau­fen. Das Team der Schwarz-Gel­ben und alle Ein­lauf­kin­der tra­gen die glei­chen Tri­kots, auf der Brust prangt der Schrift­zug „Love Dyna­mo – Hate Racism. 1953international“.

Gestal­tet wur­den die Tri­kots in Zusam­men­ar­beit mit dem Ver­ein, der Haupt­spon­sor Veo­lia Umwelt­ser­vice Ost ver­zich­tet zuguns­ten der Akti­on auf sei­ne Prä­senz auf dem soge­nann­ten „Nicki“ (säch­si­sche Mund­art) der Mann­schaft. Die Fan­in­itia­ti­ve 1953international lädt gemein­sam mit der AG Asyl­su­chen­de Flücht­lin­ge ins Sta­di­on ein, stellt Ein­lauf­teams mit geflüch­te­ten Kin­dern und orga­ni­siert Feriencamps.

Kla­res Bekennt­nis zur Antirassismusarbeit

In Koope­ra­ti­on mit dem Ver­ein erschei­nen auch zwei Arti­kel im Sta­di­on­heft „Krei­sel“ zum Spiel, das ganz im Zei­chen des Kamp­fes gegen Ras­sis­mus ste­hen soll. Dyna­mo Geschäfts­füh­rer Chris­ti­an Mül­ler erklärt dar­in: „Die Anti­ras­sis­mus-Arbeit ist für uns als Ver­ein von gro­ßer Bedeu­tung.“ Außer­dem stellt sich im Sta­di­on­heft „Krei­sel“ auch die Fan­in­itia­ti­ve 1953international vor. Seit 2006 enga­gie­ren sich Fans der SGD in die­ser Initia­ti­ve, die eine offe­ne Kur­ve und kei­nen Ras­sis­mus im Sta­di­on wollen.

Kli­ma im Sta­di­on posi­tiv verändert

Der Slo­gan „Ras­sis­mus ist kein Fan­ge­sang“ prangt bei jedem Heim­spiel auf den Anzei­ge­ta­feln unter der Tor­zäh­lung. „Ich fin­de, dass sich das Kli­ma im Sta­di­on seit Beginn unse­res Enga­ge­ments sehr posi­tiv ver­än­dert hat. Beson­ders im K‑Block, wo die akti­ven Fans ste­hen, zeigt sich das. Ras­sis­ti­sche Sprech­chö­re und Rufe sind bei Heim­spie­len sel­ten gewor­den, vie­le Fans tra­gen unse­re Nickis“, erklärt Gerd vor dem Spiel. Auch vie­le Mit­glie­der der akti­ven Fan­sze­ne schätz­ten das Enga­ge­ment der Gruppe.

Zurück zum Spiel: In der 71. Spiel­mi­nu­te schießt dann Mick­a­el Poté end­lich das ers­te Tor des Spiels. Das Sta­di­on birst vor Freu­de, die Fans sprin­gen von den Plät­zen und jubeln ihrem Stür­mer aus Ben­in zu, der auch schon mit ras­sis­ti­schen Anfein­dun­gen zu kämp­fen hat­te. Beson­ders, weil er seit fast einem Jahr kein Tor mehr geschos­sen hat­te, aber immer wie­der in der Start­elf stand, gab es viel Mur­ren und auch ver­ein­zel­te ras­sis­ti­sche Schmä­hun­gen gegen ihn. Als er nun beim Spiel gegen Ener­gie Cott­bus zum Kopf­ball­tor hoch­springt und Dres­den damit in Füh­rung bringt, prangt der Schrift­zug „Love Dyna­mo – Hate Racism“ auf sei­ner Brust.

Nach 90 Minu­ten geht die Dresd­ner Mann­schaft schließ­lich mit einem Sieg vom Platz. Viel­leicht haben ihr die Ein­lauf­kin­der wie­der ein biss­chen Glück gebracht – auch bei der letz­ten Akti­on mit Flücht­lings­kin­dern beim Spiel gegen den SC Pader­born hat­te die Mann­schaft gesiegt. An die­sem Sonn­tag jeden­falls haben Fans und Ver­ein gemein­sam ein Zei­chen gegen ras­sis­ti­sche Aus­gren­zung gesetzt – und gewonnen.

*Name von der Redak­ti­on geändert.

**Den Bericht haben wir der von PRO ASYL und der Ama­deu-Anto­nio-Stif­tung gemein­sam her­aus­ge­ge­be­nen Bro­schü­re Refu­gees Wel­co­me – Gemein­sam Will­kom­mens­kul­tur gestal­ten ent­nom­men und hier leicht gekürzt wiedergegeben. 

Gemein­sam gegen Rassismus! 

PRO ASYL ruft dazu auf, ras­sis­ti­schen Vor­ur­tei­len ent­schie­den zu wider­spre­chen, Flücht­lin­ge will­kom­men zu hei­ßen und sich rech­ten Het­zern in den Weg zu stellen.

Bit­te infor­mie­ren Sie sich unter fol­gen­den Links:

 Gemein­sam gegen Ras­sis­mus! (20.03.14)

 Will­kom­mens­kul­tur sel­ber machen! (05.03.14)

 Neue Bro­schü­re klärt über rech­te Het­ze auf (04.03.14)

 Neue Bro­schü­re: Fak­ten und Argu­men­te gegen Vor­ur­tei­le (04.03.14)